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Riesenadler: Rabiat und doch Geier-ähnlich

Geheimnisvoller Greifvogel

Riesenadler: Rabiat und doch Geier-ähnlich
Künstlerische Darstellung des im 15. Jahrhundert ausgestorbenen Haastadlers. (Bild: Katrina Kenny)

Mit einer Spannweite von drei Metern kreiste der Haastadler noch bis ins 15. Jahrhundert über Neuseeland: Wie ernährte sich dieser größte Adler aller Zeiten, auf den die Ureinwohner noch trafen? Offenbar war er in spezieller Weise an große Beutetiere wie die bis zu 200 Kilogramm schweren Moa-Laufvögel angepasst, berichten Forscher. Merkmale seines Schädels und der Krallen weisen den Haastadler zwar als einen tödlichen Beutegreifer aus. Doch weitere Merkmale des Kopfes passen eher zu aasfressenden Geiern. Vermutlich ernährte sich der Riese bevorzugt von den inneren Organen seiner Opfer, erklären die Forscher.

Neben Funden von Fossilien zeugen auch Felszeichnungen sowie mündliche Überlieferungen der Maoris von den einstigen Riesen am Himmel Neuseelands. Man geht davon aus, dass die Besiedlung der Inselwelt durch den Menschen dem Haastadler (Hieraaetus moorei) das Ende brachte: Schon bald nach ihrer Ankunft starb er im frühen 15. Jahrhundert aus. Vermutlich geschah dies wohl vor allem indirekt durch die Ausrottung seiner Nahrungsgrundlage – der großen Laufvögel der Insel. Lange blieb allerdings unklar, ob der Adler die ausgestorbenen Moas selbst tötete oder ob er eher ein Aasfresser gewesen ist. Frühere Untersuchungsergebnisse sprachen allerdings bereits für einen Jäger und auch in den Überlieferungen der Maoris wird der Haastadler als ein rabiater Raubvogel dargestellt: Angeblich soll er sogar Menschen erbeutet haben.

Wie ernährte sich der legendäre Riese?

Um mehr über die Ernährungsweise des geheimnisvollen Vogels herauszufinden, hat ein internationales Forscherteam um Anneke van Heteren von der Zoologischen Staatssammlung München sich nun erneut mit seinen Merkmalen beschäftigt. Wie die Wissenschaftler erklären, spiegelt sich die Lebensweise von Greifvögeln wie Adlern oder Geiern in Merkmalen ihrer Schädel, der Schnäbel und der Krallen wider. Für ihre Studie erfassten die Wissenschaftler deshalb die Form und die biomechanischen Eigenschaften dieser Körperteile bei Fossilien von Haastadlern. Anschließend verglichen sie die Merkmale mit denen von fünf heute lebenden Raubvögeln und aasfressenden Geierarten. Sie entwickelten zudem Computersimulationen, die Hinweise auf die Bedeutung der jeweiligen Merkmale beim Töten und Fressen liefern.

Wie sie berichten, zeichnete sich ab: Der Schädel des Haastadlers war eher Geier-ähnlich geformt, Schnabel und Krallen glichen hingegen eher denen von Adlern. Aus den Detailergebnissen ging dabei hervor, dass der Biss des Neuseeländers im Vergleich zu dem der anderen Adlerarten wohl besonders kraftvoll gewesen ist. Die Krallen von Hieraaetus moorei waren abgesehen von der Größe ebenfalls besonders beeindruckend gestaltet: Aus ihrer simulierten Formveränderung beim Zupacken ging hervor, dass sie extrem hohen Belastungen standhalten konnten. Dies bestätigt damit, dass Hieraaetus moorei im Gegensatz zu den anderen Adlerarten an das Erlegen sehr großer Beutetiere wie den Moas angepasst war.

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Mischung aus Adler- und Geier-Merkmalen

Gefressen hat der Riesenadler seine vermutlich bis zu 200 Kilogramm schweren Opfer dann allerdings offenbar wie ein Geier. Dies geht aus den typischen Merkmalen der Verformbarkeit des Schädels hervor, die ein Eintauchen des Kopfes in ein totes Tier erleichtern, erklären die Forscher. Die Merkmale des Haastadler-Schädels ähneln dabei am meisten denen des Andenkondors. Dieser Geier ist wiederum dafür bekannt, dass er hauptsächlich die Eingeweide von Kadavern verschlingt.

„Die biometrischen Analysen der Krallen und des Schädels verdeutlichen, dass der Haastadler Beute erlegte, die größer war als er selbst. Von so großen Tieren ernähren sich in der Regel aber sonst nur Aasgeier. Adler töten und fressen hingegen eher kleine Beutetiere“, resümiert van Heteren. Daraus ergibt sich ihr zufolge die Mischung aus Adler- und Geier-ähnlichen Merkmalen beim Haastadler: „Wir vermuten, dass er seinen Kopf wie ein Geier tief in die Eingeweide seiner Beute steckte, um diese zu fressen“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Wie die Forscher abschließend berichten, gibt es auch Hinweise auf ein weiteres Merkmal, das zu dieser Ernährungsweise passt: Eine Maori-Felsenzeichnung auf der Südinsel Neuseelands legt nahe, dass der Haastadler wie ein glatzköpfiger Aasgeier ausgesehen hat.

Quelle: Staatliche Naturwissenschaftliche Sammlungen Bayerns, Fachartikel: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, doi: 10.1098/rspb.2021.1913

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