Römische Kaiser lebten gefährlich: Während der mehr als 500-jährigen Geschichte des römischen Reiches wurden immerhin rund 20 Prozent seiner 82 Kaiser ermordet. Einen Faktor, der zu diesen Kaisermorden beigetragen haben könnte, haben nun kanadische Forscher identifiziert. Demnach förderten möglicherweise Phasen besonders ungünstigen Klimas Rebellionen in den römischen Truppen und schufen so die Motivation für Attentate auf den Herrscher.
Dass das Klima das Schicksal ganzer Zivilisationen und Reiche beeinflussen kann, ist nicht neu. Gerade Phasen fehlenden Regens und die damit verbundenen Missernten haben schon häufiger in der Geschichte soziale Unruhen, Migrationen und sogar Kriege ausgelöst. Beispiele dafür sind Umbruchsphasen im Alten Reich Ägyptens, der Niedergang der bronzezeitlichen Mittelmeer-Kulturen oder die Völkerwanderung in der Spätantike.
Mehr Attentate nach Dürrejahren
Doch nun stellen Cornelius Christian von der Brock University und sein Kollege Liam Elbourne von der St. Francis Xavier University in diesem Zusammenhang eine gewagte These auf: Sie halten es für wahrscheinlich, dass viele Kaisermorde im römischen Reich indirekt eine Folge ungünstiger Klimaperioden gewesen sind. Für ihre Studie hatten die kanadischen Forscher Klimadaten ausgewertet, die ihnen Rückschlüsse auf die Wetterverhältnisse entlang der römischen Grenzen lieferten. Diese Daten korrelierten sie dann mit den Zeitpunkten für Attentate auf römische Kaiser.
Und tatsächlich: Viele Kaisermorde ereigneten sich nach einer Periode mit ungewöhnlich wenig Niederschlägen in den nordöstlichen Provinzen Roms – dort wo besonders viele Soldaten stationiert waren. „Ein Diktator ist von der Unterstützung durch seine Truppen abhängig“, erklärt Christian. „Wenn diese Unterstützung erschüttert wird, kann dies seine Herrschaft gefährden.“ Genau dies könnte ihrer Ansicht nach durch Perioden mit ungünstigem Klima im römischen Reich ausgelöst worden sein.
Ursache oder doch nur zufällige Korrelation?
Konkret bedeutet dies: Wenn die römischen Truppen durch Trockenheit und Missernten nicht genügend Verpflegung bekamen und hungerten, dann könnte dies Meutereien und Aufstände gefördert haben. „Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Kaiser in Rom seine Unterstützung verliert und könnte auch ein Attentat wahrscheinlicher machen“, so der Forscher. Ein Beispiel für diesen Zusammenhang sei der im Jahr 69 ermordete Kaiser Vitellius. „Er war ein bei den Truppen beliebter Herrscher“, erklärt Christan. Aber nachdem er nichts gegen trockenheitsbedingte Verpflegungslücken seiner Soldaten unternommen hatte, kam es zu Aufständen und letztlich seiner Ermordung.
Aber handelt es sich bei diesen zeitlichen Zusammentreffen von Klimakapriolen und Attentaten tatsächlich um ursächliche Zusammenhänge oder doch nur um statistische Korrelationen? Die Meinung darüber ist unter Historikern geteilt – auch weil eine Vielzahl von Faktoren die Politik im römischen Reich beeinflusst hat. Das allerdings räumen auch Christian und sein Kollege ein: „Wir versuchen nicht zu behaupten, dass der Regen die einzige Erklärung für all diese Dinge ist“, betonen sie. „Es ist nur einer von vielen Faktoren, die solche Attentate fördern können.“
Quelle: Live Science, Fachartikel: Economics Letters, doi: 10.1016/j.econlet.2018.06.030