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Schlossgeschichten – Adel in Schlesien

Forschung

Schlossgeschichten – Adel in Schlesien

Glanzvolle Schlösser, fürstliche Tafeln und ausschweifende Feste; illustre Gesellschaften, prächtige Pferde und phantastische Reichtümer; Dienstmädchen, Skandale und Dekadenz – die Welt des oberschlesischen Adels ist vielfältig und schillernd, märchenhaft und streitbar. Gut eine Woche nach der von Freunden des Britischen Königshauses fieberhaft erwarteten Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton öffnet das Oberschlesische Landesmuseum in Ratingen am 8. Mai 2011 seine Pforten für die spektakuläre Sonderausstellung „Schlossgeschichten. Adel in Schlesien“. Zahlreiche Exponate werden neue und authentische Einblicke in die schlesische Adelslandschaft gewähren.

Um die tausend Schlösser und Herrenhäuser wurden in Schlesien erbaut. Oft hatten sie ihren Ursprung in mittelalterlichen Wehranlagen. Erstaunlicherweise wurde Oberschlesien als Adelslandschaft bislang wenig beachtet. Kaum ein Reiseführer erwähnt die eindrucksvollen Adelssitze, wichtige oberschlesische Protagonisten des Wirtschafts- und Geisteslebens werden eher anderen Zusammenhängen zugeordnet. Wer waren sie eigentlich – die Adligen? Was bedeutete die adlige Grund- und Gutsherrschaft, wie lebten Adlige auf dem Land? Wer nahm teil an den großen Jagden und Festen, und was hatte es damit auf sich? So stellt das Schlossmuseum Pless reiche Leihgaben zur Jagdtradition zur Verfügung. In Pless, heute Pszczyna, steht gegenwärtig das einzige Schloss in den polnischen Teilen Schlesiens, das als Museum mit originaler Ausstattung besichtigt werden kann.

Aus Pless kommen auch Gegenstände nach Ratingen, die man dort nicht zuerst erwartet. So ist für Naturfreunde das eindrucksvolle Präparat eines Wisentbullen aus Pless ein besonderer Höhepunkt. In den Wäldern des Schlosses Pless wurden die Wisente gezüchtet und ausschließlich vom Hochadel bejagt. Hans Heinrich XI. von Pless wurde als Obersthofjäger des Deutschen Kaisers bekannt und organisierte groß angelegte Kaiserjagden. Noch heute ist das nach ihm benannte Pless-Horn unter Jägern in Gebrauch. Trophäen zahlreicher großer und kleiner Wildarten, Tierpräparate, Waffen, Jagdhörner, Kunst und Kitsch aus dem Leben der Schlossbewohner zeugen von der Jagdleidenschaft der Fürsten.

Schlösser waren der Mittelpunkt des gesellschaftlichen und geselligen Lebens der Adligen. Unterschiedliche Interessen und Sammelleidenschaften führten zu beachtlichen Beständen an Kulturgut und Kunstwerken. Adlige wurden auch in der Literatur verewigt oder waren selbst schriftstellerisch tätig. Die Familie des bekannten Romantikers Joseph von Eichendorff war in Oberschlesien verwurzelt. Die generationsübergreifende Weitergabe begründete Traditionen. Eine große Zahl erstmals öffentlich gezeigter Urkunden, Graphiken, Gemälde und anderer Kunstwerke stehen für diese adligen Sammlungen. Viehzucht und Ackerbau prägten darüber hinaus das Leben der Schlossbewohner mit samt ihren Bediensteten im Jahreskreislauf. Das idealtypische Modell eines Adelssitzes mit Wirtschaftsgebäuden und Garten verdeutlicht den Umfang und die Vielgestaltigkeit der ländlichen Wirtschaft. Glücklicherweise war die Gewinnung und Verarbeitung von Zink, Eisenerz und vor allem von Kohle besonders einträglich. Einige Adelsgeschlechter kamen über familieneigene Hütten und Stahlwerke zu unglaublichem Reichtum. So gehörten Hütten- und Bergwerke zu Beginn der Industrialisierung fast ausschließlich Adeligen. Namen wie Ballestrem, Collonna, Henckel-Donnersmarck, Larisch-Mönnich, Schaffgotsch oder Tiele-Winckler sind untrennbar mit der Entwicklung der Industriereviere in den preußischen und österreichischen Teilen Oberschlesiens verbunden. Daneben überwogen in den Familien der Fürsten von Lichtenstein, von Lichnowsky, von Pless oder bei den Herzögen von Ratibor weiterhin traditionelle Aufgaben im Dienste der Landesherren.

Im 19. Jahrhundert erweiterte der industriebesitzende oberschlesische Adel seine Schlösser großflächig. In der Ausstellung machen historische Grafiken und heutige Ansichten mit den Bautypen, den Erscheinungsbildern und Funktionen vertraut. Wertvolle Exponate aus vielfach unbekannten Sammlungen stehen neben Modellen und Installationen.

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Die adlige Pracht ist nicht vorstellbar ohne die zahlreichen Bediensteten der Haus- und Landwirtschaft. Auf den Ländereien wird das Zusammenspiel zwischen Bevölkerung und adligen Patronatsherren deutlich. Die Ausstellung verweist auf unterschiedliche Funktionen des Adels, auf Sozialstrukturen und Standesrechte.

1918 wurden die adligen Privilegien formell abgeschafft, beispielsweise die traditionellen Führungspositionen beim Militär. Mit der Teilung Oberschlesiens 1922 lag der eigene Besitz vielfach in fremdem Staatsgebiet. Nur zwei Jahrzehnte später gab es eine weitere epochale Wende: Der Zweite Weltkrieg und die danach folgende Flucht und Vertreibung der Bewohner führten zu großen Verlusten. Viele Besitztümer wurden völlig zerstört. Ohne wirtschaftliche Grundlage stand ein Neubeginn im Westen an. Die Ausstellung zeigt die Spannung zwischen äußerer Anpassung und überliefertem Selbstverständnis in dieser Zeit. Was blieb von der spezifischen Lebensweise? Wie fand man zu bürgerlichen Berufen? Wie begreift man die alte und neue Heimat? In Videointerviews kommen Angehörige des schlesischen Adels zu Wort. Das Oberschlesische Landesmuseum lädt ein zu spannenden Streifzügen durch die schlesische Adelslandschaft mit Schlössern, Schlossleben und Adelswirtschaft.

Quelle: Dr. Susanne Peters-Schildgen
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