Hier wurde vor rund 670 Jahren durch das Gewicht von Eichenholz Wein gepresst: Archäologen haben in einem Dorf etwa 15 Kilometer östlich von Stuttgart Reste der offenbar ältesten bekannten Baumkelter-Anlage Baden-Württembergs entdeckt. Neben den Spuren dieser Konstruktion zeugen dort auch Überreste von Trauben-Trester aus dem 14. Jahrhundert von der mittelalterlichen Weinproduktion in Süddeutschland, berichtet das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD).
Der Blick richtet sich auf den noch heute zwischen Weinbergen gelegenen Ort Kleinheppach im Tal des Flusses Rems, der einige Kilometer weiter westlich in den Neckar mündet. Es war bereits bekannt, dass die Tradition des süddeutschen Weinbaus dort weit zurückreicht: Er ist in historischen Quellen für das 1284 bezeugt. Am Anfang der Fundgeschichte, die dies nun auch archäologisch belegt, stand der Abbruch einer Weinpressanlage in Kleinheppach, die aus dem 18. Jahrhundert stammte. Vor der Neubebauung sollte eine archäologische Untersuchung prüfen, ob dort Reste einer weit älteren Vorgängeranlage im Boden schlummern. Denn dafür gab es Hinweise: In Schriftquellen aus dem Jahr 1581 ist von einer „Alten Kelter“ in Kleinheppach die Rede, deren einstiger Standort jedoch bisher nicht bekannt war.
Wie die Untersuchungen der Archäologen des LAD zeigten, befand sich an der Grabungsstelle offenbar tatsächlich der traditionelle Ort der Kelter-Anlage des Weindorfes: Sie stießen auf die Spuren mehrerer Vorgängerbauten sowie die Spuren verschiedener funktionaler Elemente. Bei den ältesten handelte es sich um die Reste einer Holzkonstruktion, die unter glücklichen Umständen über die Jahrhunderte weg erhalten geblieben ist. Es zeichnete sich ab, dass einst zwei mächtige, rechteckig zugearbeitete Eichenbalken in einer Grube – einem sogenannten Dockenloch – aufgestellt und verkeilt worden waren. Den Archäologen zufolge ist davon auszugehen, dass sie einen Stamm trugen.
Schweres Holz quetschte Trauben
Damit zeichnet sich wiederum ab, dass es sich um die Reste einer Baumkelter-Anlage handelt. Demnach stellt die gefundene Holzkonstruktion wohl die ehemalige sogenannte Hinterdocke dieser Form einer Presse dar. Zusammen mit der Vorderdocke, einem weiteren Balkenpaar, fixierte sie einen schweren Baumstamm. Durch sein Gewicht wurde nach dem Prinzip des einarmigen Hebels Druck auf Pressgut aufgebracht. Solche Baumkelter-Anlagen wurden noch bis ins 20. Jahrhundert hinein zum Entsaften von Wein oder Obst eingesetzt.
Um zu klären, aus welcher Zeit die Reste der Konstruktion in Kleinheppach stammen, wurde das Holz, aus dem beide Balken der Hinterdocke gearbeitet waren, von Dendrologen des LAD untersucht. Es gelang ihnen, den letzten Jahresring zeitlich einzuordnen und damit die Fällung des Eichenbaums auf kurz nach 1344 zu datieren. Damit stellen die Eichenhölzer Teile der nun ältesten bekannten Baumkelter Baden-Württembergs dar, heißt es in der Mitteilung.
Trester-Reste mit Potenzial für die Archäologie
Wie das LAD weiter berichtet, erregten zudem ausgedehnte Flächen mit zahlreichen gleichförmigen Gruben neben dem Keltergebäude die Aufmerksamkeit der Archäologen. Sie liegen am Hangfuß des noch heute mit Reben bestandenen „Kleinheppacher Kopfes“. Wie sich zeigte, wurde dort offenbar Abfall der mittelalterlichen Baumkelter-Anlage deponiert: Die Archäologen entdeckten gut erhaltene Rest des Rückstands von Trauben, der beim Pressen entsteht – von sogenanntem Trester.
Eine Datierung mittels der Radiokarbonmethode bestätigte, dass das Material aus dem 14. Jahrhundert stammt. Dieser Trester ist damit der älteste bisher gefundene in Süddeutschland, schreibt das LAD. Das Material umfasst dabei zahlreiche Traubenkerne, Teile der Traubenstiele und -häute. Diese Überreste besitzen wiederum spannendes Potenzial für die weitere Erforschung der Geschichte der Weinkultur in Süddeutschland: Anhand verschiedener Analysen sollen nun unter anderem Sorte und Züchtungsgrad der Trauben erschlossen werden, schreibt das LAD abschließend.
Quelle: Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart