Archäologen der Freien Universität Berlin haben die mehrjährigen Ausgrabungen an einer Kreisgrabenanlage aus der Jungsteinzeit in der Nähe von Quedlinburg beendet. Zu den spannendsten Ergebnissen zählen die exakte Ausrichtung auf markante Punkte in der Umgebung sowie die baulichen Maßnahmen, die die Anlage gegen Erosion schützen sollten. Der Durchmesser der Anlage betrug 98 Meter, sie bestand aus drei ringförmigen, ursprünglich rund 2,5 Meter tiefen und drei Meter breiten Gräben mit V-förmigem Querschnitt sowie Innenpalisaden.
Die Anlage bei Quedlinburg, die in die Jungsteinzeit (um 4800-4700 v. Chr.) datiert werden kann, ist die erste ihrer Art, für die eine Orientierung aller Tore auf markante Anhöhen und Berge in der Umgebung nachweisbar ist. Es ist aber auch ein Bezug auf die Auf- und Untergangspunkte besonders heller Sterne wahrscheinlich. Während im bekannten und wiederaufgebauten „Sonnenobservatorium” von Goseck (Burgenlandkreis) wohl Sonnenauf- oder -untergänge angepeilt wurden, ist die Anlage bei Quedlinburg auf den Auf- und Untergang des Sirius (im Sternbild Großer Hund), des hellsten Fixsternes am Nachthimmel, ausgerichtet. Das ergaben astronomische Rekonstruktionen.
Komplexes astronomisches Wissen
Die Ausrichtung, die anhand eines hochaufgelösten Computermodells der umgebenden Topographie nachvollzogen werden konnte, setzt eine besonders komplexe und sorgfältige Beobachtung über mehrere Jahre voraus, ehe man überhaupt mit dem Bau beginnen konnte. „Einzelne Mitglieder der jungsteinzeitlichen Gesellschaft verfügten über komplexes Wissen”, so Wolfram Schier, Professor für Prähistorische Archäologie an der Freien Universität Berlin, der die Grabungen leitete. „Sie scheinen über genug Autorität oder Überzeugungskraft verfügt zu haben, um andere zu einer beträchtlichen gemeinschaftlichen Arbeitsleistung für eine monumentale Anlage ohne erkennbaren ökonomischen Nutzen zu motivieren.”
Der äußere Graben weist zusätzlich zwei Unterbrechungen auf. Eine dieser Grabenlücken ist genau auf den 40 Kilometer entfernten Brocken ausgerichtet, an dessen Flanke man zur Entstehungszeit zu den Tag- und Nachtgleichen die Sonne untergehen sah.
In Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt untersuchte das Institut für Prähistorische Archäologie der Freien Universität Berlin seit 2010 nördlich der Stadt Quedlinburg im Nordharzvorland die Kreisgrabenanlage.