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Steinzeitliches Chemielabor

Geschichte|Archäologie

Steinzeitliches Chemielabor
Die Steinzeitmenschen vor 70.000 Jahren waren nicht nur geschickte Handwerker, sondern sie verstanden etwas von den chemischen Prozessen und der Arbeit mit Feuer beim Umgang mit Werkstoffen. Das schließen Wissenschaftler aus Südafrika aus eigenen Versuchen, die Herstellung von Klebstoffen nachzuahmen, mit denen steinzeitliche Jäger und Sammler Steinklingen an Holzschäften befestigten. Die Steinzeitmenschen müssten bereits zu ähnlichen abstrakten und vorausplanenden Denkleistungen in der Lage gewesen sein wie heutige Menschen, berichten die Forscher um Lyn Wadley von der Universität von Witwatersrand in Johannesburg.

Klebstoffreste an Steinwerkzeugen wurden bei Ausgrabungen immer wieder entdeckt: So entdeckten Forscher an 200.000 Jahre alten, in Italien geborgenen Werkzeugteilen die Spuren von Klebstoff, der aus Birkenrinde hergestellt worden war. Nicht ganz so alt, nämlich 70.000 Jahre, sind die Steinwerkzeuge, die Wadley und ihre Kollegen für ihre Studie nun untersuchten. Sie stammen aus der im Osten Südafrikas gelegenen Sibudu-Höhle. An den Werkzeugen entdeckten die Forscher Reste von Klebstoffen, die dazu dienten, den Stein an einem wohl aus Holz gefertigten Stiel festzuhalten. Zum Einsatz kamen dabei mehrere Klebstoffe auf Basis von Pflanzenharzen, die mit ockerfarbenem Eisenoxid oder mit weißen oder schwarzen Fetten versetzt wurden.

Die Wissenschaftler versuchten nun, diese steinzeitlichen Klebstoffe mit eigenen Experimenten nachzuempfinden. Die Forscher verwendeten dazu das Harz von Akazien, selbst gesammeltes Eisenoxid, Bienenwachs und andere Stoffe, die in der Nähe der Fundstädte zu finden waren und nutzten zum Trocknen und Härten ein offenes Feuer. Unter anderem die Konsistenz des Harzes erwies sich in den Tests als so unterschiedlich, dass die Forscher den Verarbeitungsablauf den Gegebenheiten immer wieder neu anpassen mussten.

Auch die steinzeitlichen Handwerker mussten sich beim Trocknen und Härten des Materials in die Prozesse hineindenken, die in den Komponenten ablaufen, schließen die Forscher aus den Tests. Die Herstellung von Klebstoffen aus mehreren Komponenten stellte daher an die Steinzeitmenschen bereits hohe Anforderungen an Vorausplanung und abstraktes Denken, erklären die Wissenschaftler.

Lyn Wadley (Universität von Witwatersrand, Johannesburg) et al.: PNAS, doi: 10.1073/pnas.0900957106 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald
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