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Streiks, Zwangsarbeit, Weltwirtschaftskrise

Die Auseinandersetzung mit den Hethitern

Streiks, Zwangsarbeit, Weltwirtschaftskrise

Im Zeitalter der Digitalfotografie gibt es eine wahre Bilderflut. Das war vor 100 Jahren anders. So wurden zwar um 1900 von populären Motiven wie dem Hohensyburger Kaiserdenkmal zahlreiche Ansichtskarten gedruckt. Zechenkarten hingegen sind sehr selten und dementsprechend auf dem Sammlermarkt heiß umkämpft.

Umso wertvoller sind die jüngsten Neuzugänge in der Sammlung des LWL-Industriemuseums. 30 seltene Zechenpostkarten konnte der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) jetzt aus dem Erbe eines verstorbenen Sammlers erwerben. 20 dieser Karten wurden kurzfristig in die Sonderausstellung “Von Alma bis Zollverein. Ruhrbergbau im Spiegel der Ansichtskarte” integriert, die noch bis 25. Oktober im Rahmen der Reihe “Galerie Industriearbeit” im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern zu sehen ist.

Die Bildquellen zeigen zumeist längst abgerissene Bergwerke, darunter auch Motive von hohem sozialgeschichtlichen Wert. So ist auf einer Zechenkarte aus Dorsten die “Rückkehr der Kriegsgefangenen ins Lager” abgebildet. Es handelt sich um Zwangsarbeiter, die während des Ersten Weltkriegs auf Zeche Fürst Leopold eingesetzt wurden. “Es ist das erste Mal in meiner 25-jährigen Sammeltätigkeit, dass mir eine solche Darstellung unterkam”, freut sich Dr. Thomas Parent, stellvertretender Direktor des LWL-Industriemuseums, über den wertvollen Neuerwerb.

Zwei frühe Sammelbilder aus Essen-Katernberg ergänzen die Zeche Zollverein I/II – ursprünglich eine symmetrische Anlage mit zwei Malakofftürmen – mit Darstellungen von Amtshaus und Kirche, Bahnhof und Kaiser-Wilhelm-Turm. Reizvoll sind Sammelbilder, die Bergwerke mit Burgen aus vorindustrieller Zeit kontrastieren: Zeche Altendorf mit der Ruine Altendorf in Essen-Burgaltendorf, Zeche Neu-Iserlohn mit Schloss Dellwig in Dortmund-Lütgendortmund.

Eine Farbkarte der Zeche Julia in Herne dokumentiert nicht nur die Jugendstil-Fassaden der Ta-gesanlagen, sondern auch den “Baderaum für die Arbeiter” und den “Umkleideraum”. Vor dem Zechentor von Victor in Castrop-Rauxel haben sich 1905 streikende Bergleute versammelt. In der Gruppe sind auch Bergarbeiterfrauen zu sehen, die sich mit ihren Männern solidarisieren. Auf dieser Ansichtskarte, die laut Poststempel erst sechs Jahre später verschickt wurde, ist der originale Erläuterungstext, der gezielt auf den Bergarbeiterstreik hinwies, nachträglich wegretouchiert worden. Parent: “Offenbar erschien er 1911 nicht mehr zeitgemäß, sondern verkaufsschädigend.”

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In Hamm-Hövel zeigt eine Ansichtskarte von 1908 einen Leichenzug und ein Massengrab, nachdem eine Schlagwetterexplosion auf Zeche Radbod mehr als 350 Todesopfer gefordert hatte. Ein weiteres Sammelbild kombiniert die Tagesanlagen von Radbod mit den Skulpturen des Denkmals, das noch heute an dieses Unglück erinnert. Zu sehen sind ein kniender Bergmann und eine trauernde Witwe mit weinender Tochter. Mit Poststempel vom 7.1.1933 wurde eine Neujahrskarte des Bergwerks Sachsen in Hamm-Heessen verschickt. Der aufgedruckte Erläuterungstext spielt auf die Weltwirtschaftskrise an: “Bedroht vom Stilllegungstode. Deutsche helft uns! Ihr helft Euch selbst.”

Ruhrgebiets-Geschichte wird auch in zwei neu angekauften Ansichtskarten widergespiegelt, die keine Kohlenzechen abbilden. Ein Sammelbild aus Dortmund-Dorstfeld zeigt “Zieglers Wintergarten” mit Restauration und Bierkeller. In dieser Gastwirtschaft wurde 1889 der Alte Verband gegründet, die Keimzelle der Bergarbeitergewerkschaft. Bei einer Straßenansicht aus Dortmund-Bövinghausen, deren Briefmarke mit Porträt Friedrich Eberts am 11.9.1931 abgestempelt wurde, ist der ursprüngliche Straßenname durch Retouche unleserlich gemacht worden. “Er lautete Kronprinzenstraße und war nach der Ablösung der monarchischen Herrschaft in Deutschland durch die Weimarer Demokratie nicht mehr zeitgemäß”, erläutert Historiker Parent. Aufgestempelt wurde nun nachträglich der neue Name: “Bövinghauserstr.”

Quelle: LWL
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