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Streit um Amerikas erste Hochkultur

Geschichte|Archäologie

Streit um Amerikas erste Hochkultur
Vor fast 5000 Jahren schufen Bewohner der peruanischen Pazifikküste – ohne äußere Einflüsse oder Vorbilder – die früheste Stadtgesellschaft Amerikas. Die Caral-Kultur entstand zeitgleich mit den Ur-Zivilisationen Mesopotamiens, Ägyptens, Chinas und Indiens. Eine Reportage aus dem peruanischen Supe-Tal.

Ruth Shadys Augen leuchten: „Ein Glückstreffer! Wir konnten es anfangs nicht fassen.“ Auf einer weißen Unterlage sind gezwirbelte, ockerfarbene Baumwollsträhnen aufgesteckt, die an ein Makramee erinnern. Vorsichtig schiebt die peruanische Archäologin von der San Marcos Universität in Lima das Exponat, das im Juni 2005 entdeckt wurde, unter eine Neonlampe: „Diese Knotenschrift lag mit anderen Opfergaben in der Galerie-Pyramide in Caral. Sie gehört in die Zeit der Vor-Keramik, ist also etwa 5000 Jahre alt – ähnlich wie die Keilschriften Mesopotamiens.“ Bislang gingen die Experten davon aus, dass die gebündelten Schnüre – Quipus genannt – erst um 1400 nach Christus von den Inkas zur numerischen Buchhaltung entwickelt wurden.

Sensationelle Meldungen aus dem Norte Chico – dem kleinen Norden, wie die Peruaner umgangssprachlich sagen – haben in den letzten Monaten für Furore gesorgt. Neue Indizien untermauern die Annahme, dass hier zwischen 2900 und 1800 vor Christus die älteste Stadtgesellschaft Amerikas blühte. Bisher hatte das Staatswesen der Olmeken in Mexiko, das fast 1000 Jahre später entstand, diese Vorreiterrolle innegehabt. Jetzt aber steht fest: Zeitgleich mit den Ur-Zivilisationen Mesopotamiens, Ägyptens, Chinas und Indiens gab es auch in Amerika eine urbane Zivilisation.

Dass der etwa 70 Kilometer lange und rund 50 Kilometer breite Küstenstreifen im nördlichen Zentralperu eine besondere Geschichte hinter sich hat, ahnten die Archäologen schon länger. Seit fast einem Jahrhundert durchforsten sie das Gebiet – eine kontrastreiche Landschaft aus Dunst, vereinzelten Oasen-Siedlungen und grauschwarzem Sand –, durch das sich die legendäre Panamericana schlängelt. Doch keiner vermutete, dass in der unwirtlichen Einöde eine verschüttete Stadtkultur lag. Erst als die peruanische Archäologin Ruth Shady 1994 begann, archäologische Prospektionen im Supe-Tal durchzuführen, kam die vergessene Kultur ans Tageslicht. Michael E. Moseley, Anthropologe an der University of Florida, meint: „Shady revolutioniert unser Verständnis von den Ursprüngen der südamerikanischen Zivilisation. Es wird eine Weile dauern, bis die Wissenschaftsgemeinde diese Neuigkeit verdaut hat.“

In elf Jahren Geduldsarbeit gruben Shady und ihr Team aus gigantischen Erdauswürfen, die sich wie niedergetretene Maulwurfshügel auf einem Hochplateau aufreihen, das größte und älteste urbane Zentrum der Neuen Welt aus. Die behutsame Freilegung von Caral – der „Stadt des heiligen Feuers“ –, 350 Meter über dem Meer, 182 Kilometer nördlich von Lima und 26 Kilometer vom Pazifik entfernt, ist für die 60-jährige Peruanerin zur Lebensaufgabe geworden. Die Altertumswissenschaftlerin definiert den Kulturraum, der vom politisch-religiösen Zentrum Caral ausging und das Supe-Tal sowie den ganzen Norte Chico umspannte, als „Caral-Supe-Zivilisation“. US-amerikanische Forscher sprechen von der „Norte-Chico-Kultur“.

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Sonntag-Vormittag in Caral: Baustellenlärm hallt von den kahlen Anden-Ausläufern in das Hochplateau. Ruth Shady führt eine Gruppe internationaler Archäologen durch die antike Stadt, wo sieben Tage die Woche lautstark gescharrt, gehackt und gepickelt wird. 2003 erhielt die „Doctora“ für das Projekt vom peruanischen Kulturinstitut mehrere Hunderttausend Dollar – bescheidene Finanzmittel für eine 66 Hektar große Grabungsfläche. Die 11 Archäologen des Teams werden von 45 lokalen Facharbeitern unterstützt, die in die Tricks und Tücken der archaischen Mörteltechnik, der Befestigung von Mauerwerk und der topographischen Aufzeichnung eingeweiht wurden. Die Ausgrabung der 5000 Jahre alten Bauwerke erfordert einen Scharfsinn, der über die übliche Puzzle- und Dechiffrier-Arbeit der klassischen Archäologie weit hinausgeht. Die Feldforscher bürsten Sandschichten millimeterweise ab, dokumentieren offene Schotterfüllungen und suchen darin nach regelmäßigen Schichtungen. „Wir legen erhaltene Strukturen frei und befestigen sie anschließend. Der ganze Eingriff wird fotografisch festgehalten – vom Ausheben bis zum Haltbarmachen“, erklärt Shady den Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte.

Mittlerweile haben die Archäologen in Caral unter anderem einen Zentralplatz, einen Feueraltar, eine Werkstatt, ein Amphitheater sowie mehrere Wohnkomplexe entdeckt. Insgesamt wurden 32 monumentale, symmetrisch angelegte Gebäude freigeschaufelt, darunter 6 Pyramidentempel. Die Stadt war in zwei Bezirke unterteilt – die wahrscheinlich die soziale Ordnung des ganzen Landes widerspiegeln: In der Unterstadt lebten Händler, Handwerker und Facharbeiter für den Plantagenanbau. Dort war unter anderem auch das Amphitheater untergebracht. In der Oberstadt wohnten die Priester und politischen Anführer, umgeben von imposanten Pyramidentempeln. Die 19 Meter hohe „Größere Pyramide“ (Pirámide Mayor) entstand um 2600 vor Christus – etwa zeitgleich mit der berühmten Cheops-Pyramide in Ägypten. Archäologin Shady freilich meidet den Begriff ,Pyramide‘: „Das waren öffentliche monumentale Gebäude, wo rituelle Opferzeremonien abgehalten, das begehrte Handelsgut Salz zerrieben und bestimmte Produkte verkauft oder getauscht wurden.“ In ihrer 1100-jährigen Geschichte wurden die pyramidialen Gesteinshalden fünfmal umgebaut: Mal wurden die Treppenaufgänge geometrisch versetzt, mal neue Konstruktionstechniken zur Tempel-Erweiterung ausprobiert. „In jeder Bauphase scheinen sich Farbe, Ausrichtung und Stil des gesamten Ensembles verändert zu haben“, sagt Shady.

Um die luxuriösen Villen der Oberstadt zu errichten, ließen die altperuanischen Bauherrn die Erde planieren. Anschließend wurden die Räume mit Ecksteinen und Tonverputz verziert. Diese architektonischen Kostbarkeiten kommen in den einfachen Wohnkomplexen der Unterstadt nicht vor. Insgesamt beherbergte Caral schätzungsweise 3000 Einwohner.

Wie aber sind Caral und die gleichnamige Kultur entstanden?

Entdeckerin Shady stellt sich die Entwicklung der Caral-Supe-Zivilisation folgendermaßen vor: Die ersten Einwanderer erreichten die heutigen Andenländer über die Pazifikküste um 13 000 vor Christus. Ab 8000 vor Christus pflegten Gruppen von Jägern und Sammlern in der Küstenregion einen regen kulturellen Austausch. Im Laufe der Zeit schlossen sie sich zusammen und siedelten sich in vereinzelten Dörfern – so genannten Pachacas – an. Neben dem typischen Sammeln und Jagen dürften die Vorsteher der Gemeinden begonnen haben, Landwirtschaft zu betreiben. Die Überschüsse wurden feilgeboten: Proteinreiche Anchovis und leckere Muscheln von der Küste wurden gegen Fischernetze aus Baumwolle und Schilfbündel aus den Tälern getauscht. Im Spannungsfeld zwischen maritimen Ressourcen aus dem Pazifik einerseits und Kulturpflanzen aus dem Mikroklima der Flussläufe andererseits begann auf einem höher gelegenen Plateau das politische und kulturelle Zentrum Caral zu blühen.

Die Arbeit der antiken Architekten von Caral wurde im gesamten Norte Chico nachgeahmt, wenn auch in etwas kleinerem Maßstab. Insgesamt entstanden im Tal des Río Supe und in den benachbarten Tälern der Flüsse Huaura, Pativilca und Fortaleza 42 Tempel- und Stadtanlagen mit runden abgesenkten Plazas, großflächigen Wohnvierteln und monumentalen Stufentempeln. 20 bis 50 Kilogramm schwere Pakete aus zusammengeschnürten Kieselsteinen – so genannte Shicras – dienten als Füllmaterial für die Wände und Fundamente.

Für Carlos A. Leyva, einen Musik-Ethnologen des Caral-Supe-Projekts, der antike Flöten und Hörner maßstabgetreu nachgebaut hat und darauf melancholische Tonfolgen spielt, ist die Sachlage klar: „Wir haben 18 Siedlungen am Río Supe mit fast identischen Charakteristika registriert. 24 weitere Tempelstädte befinden sich in der restlichen Norte-Chico-Region. Die Produkte Carals – vor allem Fischernetze aus Baumwolle – breiteten sich auf einem gut 400 Kilometer langen Küstenstreifen zwischen den Flüssen Chillón und Santa aus – also weit über den Norte Chico hinaus. Belegt sind zudem Handelsbeziehungen ins Amazonasgebiet und das heutige Ecuador. Für mich spricht diese Beweislage eindeutig dafür, dass es sich um ein Staatengebilde handelte.“ Auch Betty J. Meggers vom National Museum of Natural History in Washington ist überzeugt: „Hier begann eine städtische Kultur – allerdings ohne die typischen Ingredienzien westlicher Zivilisationen: intensive Landwirtschaft und Kriegswesen.“ Ruth Shady pflichtet bei: „Insgesamt war Caral atypisch, weil es weitgehend ohne klassische Kulturpflanzen wie Getreide und ohne Keramik ausgekommen ist. Als Tassen und Töpfe dienten getrocknete Kürbishüllen.“

Doch viele Fragen bleiben offen: In welchem zeitlichen Bezug stehen Küsten- und Inlandssiedlungen zueinander? Wie viele Menschen lebten im gesamten Gebiet? In den nächsten Monaten wird Shady die Ausgrabungen in den umliegenden Monumentalsiedlungen intensivieren: Was in der 30 Kilometer entfernten Küstenstadt Áspero dabei ans Licht kommt, könnte endlich den Zusammenhang zwischen Fisch- und Landwirtschaft erhellen.

Neben dem Forschungsvorhaben von Shady gibt es zudem das Norte-Chico-Projekt unter der Leitung des amerikanischen Ehepaars Creamer von der Northern Illinois University und Jonathan Haas vom Field Museum in Chicago, das sich auf Siedlungen am Rande der Caral-Kultur konzentriert. Eigentlich wäre es eine blendende Ergänzung zu Shadys Vorhaben – hätten sich die beiden Parteien nicht zerstritten. Der erbitterte Zwist entbrannte 2004 um die Darstellungen der Caral-Supe-Forschung in der amerikanischen Öffentlichkeit: „Creamer und Haas haben eine komplexe Gesellschaft an der Küste Perus entdeckt, darunter auch Caral, die älteste Stadt der Neuen Welt“ – so schmückte Gutachterin Mary Margaret Overbey von der American Anthropological Society im April 2003 das Archäologen-Duo vor dem amerikanischen Kongress mit fremden Federn. In Fachartikeln von Nature, Science und der Washington Post wurde die Arbeit von Ruth Shady zwar erwähnt – aber lediglich in Fußnoten. Auch die zahlreichen Finanzspritzen von US-Stiftungen waren den Amerikanern vorbehalten.

Das Verdienst von Creamer und Haas ist jedoch nicht die Entdeckung von Caral, sondern die präzise Datierung einiger Fundstücke aus dem Norte Chico. Und sie haben es geschafft, den neuesten Forschungsstand schmackhaft auf Englisch darzustellen. „ Ein flagranter Beweis für intellektuelle Piraterie“, empörte sich die peruanische Presse und forderte Grabungsverbot für die „ Gringos“. Auch Betty J. Meggers vom National Museum of Natural History spricht von „unethischem Verhalten“. Der Anthropologe John W. Rick von der Stanford University sieht den Vorfall gelassener: „US-amerikanische Medien sprechen lieber mit Landsleuten – auf Englisch. Ist das nicht normal?“ Álvaro Ruiz, einer der zwölf Archäologen des Norte-Chico-Projekts versucht zu beschwichtigen: „Ich verstehe die Aufregung nicht. Die Erforschung von Caral-Supe steckt in den Kinderschuhen! 90 Prozent der Stadt- und Tempelanlagen in der Region sind bislang nur oberflächlich registriert. Profunde Ausgrabungen an Schlüsselorten könnten das archäologische Puzzle neu mischen.“

Anfangs hatte sich das amerikanische Archäologen-Team darauf beschränkt, in den Hügelstrukturen der Täler Pativilca und Fortaleza datierbares organisches Material zu orten. Zu den Fundstücken gehört eine Kürbisschale aus dem Jahre 2250 vor Christus, auf der eine symbolträchtige magische Figur mit einem Zepter dargestellt ist – der in Südamerika verbreitete „Gott des Stabes“. Seit Januar 2005 werden außerdem die architektonischen Grundmuster im Tal Huaura systematisch untersucht, wo vermutlich die Grenzen der Caral-Kultur liegen. Forschungen im Fortaleza-Tal sollen in diesem Jahr folgen. Und auch für weitere Grabungen im Pativilca-Tal hat das peruanische Kulturinstitut seine Zusage erteilt.

„Wir fokussieren nicht auf Monumentalbauten, sondern auf Wohngebiete – hier liegen wertvolle Informationen über Ernährung und Alltag verborgen“, schwärmt Álvaro Ruiz, während Winifried Creamer Pläne für die Zukunft schmiedet: „Sobald wir alle sichtbaren Ruinen präzise mit dem Global Positioning System erfasst und verarbeitet haben, wollen wir mit punktuellen Grabungen klären, wie viele Menschen ständig in den Monumentalstädten gelebt haben.“

Luis R. Huamán von der Universität Cayetano Heredia in Lima unterstützt das Norte-Chico-Projekt der Amerikaner mit paläontologischen Blütenstaub-Analysen, aus denen sich Pflanzenwachstum und Klimaschwankungen ableiten lassen: „Schon jetzt gibt es Überraschungen. Möglicherweise haben die Küstenbewohner vor 5000 Jahren Mais als Kulturpflanze angebaut.“

Doch auch die Ausbeute des rivalisierenden Ausgrabungstrupps um Ruth Shady kann sich sehen lassen. Zahlreiche Funde – die geringe Luftfeuchtigkeit und der alles umhüllende Sandstaub haben den Zersetzungsprozess verlangsamt – stapeln sich in einem großen Lager gleich neben dem Archäologen-Camp. Verkohlte Essensreste sind auf Tischen ausgelegt oder in beschrifteten Boxen verstaut: Fischgräten, Schnecken, Muscheln, Bohnen, Kürbisse, Chili, Kartoffeln, Maniok, Avocados und Maiskörner. Das Material kürzlich entdeckter Kaureste mit verewigten Zahnabdrücken könnten Coca-Blätter gewesen sein – die chemische Analyse der „ Paläo-Kaugummis“ steht noch aus. Tierisches Eiweiß nahmen die Einwohner Carals selten zu sich. „Während sich die heutigen Bauern aus dem Supe-Tal den Magen mit Importreis und Brathuhn vollschlagen, bestand die Hauptmahlzeit ihrer Vorfahren wohl aus gerösteten Süßkartoffeln mit Anchovis – einer südamerikanischen Sardinenart“, erklärt Doctora Shady. In den letzten vier Jahren haben sich die Glücksfunde gehäuft. Zum Vorschein kamen eine ganze Kollektion von Blasinstrumenten aus Kondor- und Lama-Knochen sowie von verarbeiteten Halbedelsteinen, dazu fünf Kinder- und zwei Erwachsenenskelette sowie drei abgetrennte Schädel, außerdem Sitzhocker aus Walfischwirbeln und ein skalpierter Haarschopf.

Im Juli 2005 wurde im peruanischen Nationalmuseum in Lima eine archäologische Sammlung des Caral-Projekts eröffnet. Ein interdisziplinäres Team unter der Leitung des peruanischen Mediziners Guido Lombardi hat dafür die breiten Gesichtszüge eines 20-jährigen Altamerikaners nachgebildet. Mit dessen Gesundheit dürfte es allerdings nicht zum Besten gestanden haben, wie die Rekonstruktion des Skelettes beweist: Eine vom Schleppen schwerer Lasten zerschundene Wirbelsäule, chronische Anämie und ein abgewetztes Zahngebiss zeugen von den brutalen Lebensumständen der breiten Arbeiterschicht, der der junge Mann vermutlich angehörte.

„Die wichtigsten Fundstücke werden in Lima analysiert“, erklärt Edith Mendieta, die über das Indizien-Inventar in Caral wacht. Dazu gehören 5000 Jahre alte Baumwollbüschel, die Shady in Lima unter Verschluss hält. Die Kostbarkeiten fühlen sich so flauschig an, als kämen sie aus dem Wäschetrockner. Aus den roten, dunkelbraunen, ockerfarbenen und beigen Samenhaaren wurden vor allem Schnüre, Gewänder und Fischernetze hergestellt. Zudem diente die Ur-Baumwolle als wichtige Tauschwährung.

Warum aber blieben all die vielen Kostbarkeiten und Tempelstätten im Norte Chico so lange unentdeckt? „Die Campesinos – die Bewohner der umliegenden Dörfer – haben Ehrfurcht vor Caral und die Stätte deshalb nicht betreten. Sie glauben, dass die Geister ihrer Vorfahren, die sich dort herumtreiben, jede respektlose Annäherung bestrafen. Für die Huaqueros, die Grabräuber, war das Gebiet uninteressant, weil es weder Schmuck oder Keramik noch Friedhöfe gibt“, schmunzelt Shady. Mittlerweile ist die „Stadt des heiligen Feuers“ in manchen Reiseführern und auf einigen wenigen Landkarten verzeichnet. Die Besucherzahl hat sich im letzten Jahr verdoppelt – bleibt aber bescheiden: Etwa 50 Touristen aus aller Welt schlendern täglich neugierig zwischen den Pyramiden-Plattformen umher und schauen den Archäologen bei der Arbeit über die Schulter.

Um 1800 vor Christus war die kulturelle Blüte in der Norte-Chico-Region allmählich zu Ende. Anders als in späteren Stadtkulturen Amerikas – etwa im sagenumwobenen Teotihuacan in Mexiko, das um 750 nach Christus geplündert und zerstört wurde – gleicht der Niedergang Carals einem geregelten Rückzug. Betty J. Meggers vom National Museum of Natural History sieht darin ein Geschenk an die moderne Archäologie: „Wir wissen nicht, warum die Alt-Amerikaner das Supe-Tal verlassen haben – ob sich das Klima verändert oder ob ein rasanter Bevölkerungsschwund eingesetzt hat. Sicher ist, dass sie wichtige Gebäude und wertvolle Gegenstände mit Schilf und Erde verkapselten. Es war ein geplanter, würdiger Abschied.“ ■

C. Gregor Barié hat in den letzten zehn Jahren in vielen Ländern Südamerikas gelebt. 2000 machte er einen Zwischenstopp als Volontär bei bild der wissenschaft.

C. Gregor Barié

Ohne Titel

• Die Mitglieder der Caral-Supe-Kultur in Peru laufen den Olmeken in Mexiko den Rang ab.

• Bisher galt die mexikanische Kultur, die um 2000 vor Christus blühte, als älteste Stadtgemeinschaft Amerikas.

• Doch jetzt steht fest: Bereits 1000 Jahre früher gab es in Peru eine urbane Zivilisation mit der Hauptstadt Caral, der „ Stadt des heiligen Feuers“.

COMMUNITY Internet:

Informationen zum Caral-Supe-Projekt (vorwiegend auf Spanisch):

www.caralperu.gob.pe

Darstellung des Norte-Chico-Projekts (auf Englisch):

www.fieldmuseum.org/research_collections/anthropology/anthro_sites/PANC/default.htm

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