Der Streit um den mittlerweile legendären Zwergmenschen von der indonesischen Insel Flores geht in die nächste Runde: Amerikanische Wissenschaftler glauben, durch 3D-Bilder am Computer beweisen zu können, dass es sich bei den vor drei Jahren entdeckten Knochen tatsächlich um die Überreste einer bisher unbekannten Menschenart handelt. Die Existenz dieses auch „Hobbitmensch“ genannten und vor 12.000 Jahren ausgestorbenen Homo floresiensis wird von einigen Forschern immer wieder angezweifelt. Sie glauben, die Knochen stammten von einem gewöhnlichen Menschen, der an der Erbkrankheit Mikrozephalie litt.
Dean Falk und seine Kollegen verglichen in ihrer Studie mithilfe von am Computer kreierten 3D-Bildern die innere Struktur des Schädels von zehn heutigen Menschen und neun Patienten, die unter Mikrozephalie litten. Bei dieser Krankheit sind das Gehirn und häufig auch die Gliedmaßen extrem verkleinert. Anhand der Schädelstruktur lassen sich Rückschlüsse auf die Form, die Windungen und die Blutversorgung des Gehirns ziehen, das den Schädel einmal ausgefüllt hat. In ihrer Auswertung fanden Falk und ihre Kollegen grundsätzliche Unterschiede zwischen der Hirnstruktur eines gesunden Menschen und eines Mikrozephalie-Patienten.
Mit den auf diese Weise festgelegten Kriterien lasse sich die Hirnstruktur des Floresmenschen eher einem gesunden Menschen als einem Mikrozephalie-Patienten zuordnen, konnten die Forscher weiter zeigen. Das deute darauf hin, dass es sich beim Floresmenschen in der Tat um eine neue Menschenart handele.
Seit 2004 erstmals über die indonesischen „Hobbits“ berichtet worden war, tobt unter Wissenschaftlern der Streit um den tatsächlichen Ursprung der entdeckten Knochen. Immer wieder werden neue Erkenntnisse veröffentlicht, die entweder den Kritikern oder den Verfechtern der These vom Homo floresiensis neue Argumente liefern. Der Homo floresiensis wäre neben dem Neandertaler und dem heutigen Homo sapiens die dritte Menschenart, die bis vor wenigen 10.000 Jahren noch existierte.
Dean Falk (Universität von Florida, Tallahassee) et al.: PNAS, Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1073/pnas.0609185104 ddp/wissenschaft.de ? Ulrich Dewald