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Trockene Haut konservierte Ötzi

Geschichte|Archäologie

Trockene Haut konservierte Ötzi
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Nach dem Tode Ötzis vor 5300 Jahren wurde der Haut der Gletschermumie sehr schnell Wasser entzogen. Dadurch verdichtete sich die Hautstruktur und schützte den Leichnam gegen Zersetzungsprozess durch Strahlung, Temeraturwechsel, Insekten und Pilze.
Ein Grund für den guten Erhaltungszustand der 5300 Jahre alten Gletschermumie Ötzi ist das Gefriertrocken der Kollagenfasern in der Haut. Das hat ein deutsch-italienisches Forscherteam herausgefunden, indem es drei Hautproben des Mannes aus dem Eis auf Materialeigenschaften und molekulare Zusammensetzung untersucht hat. Die Fasern aus dem Strukturprotein Kollagen verleihen der Haut Zugfestigkeit und Flexibilität. Bei Ötzi stellte sich heraus, dass dieses Bindegewebematerial etwas steifer ist als üblich, weil ein schneller Wasserentzug stattfand: Die Mumie aus Similaun muss sehr schnell von Eis bedeckt worden sein.

Haut bewahrt sogar bei mumifizierten Körpern das darunter liegende Gewebe vor zersetzenden Einflüssen durch Temperaturschwankungen, Ultraviolett-Strahlung oder Insekten, Bakterien und Pilzen. Hauptverantwortlich für die Festigkeit ist das faserartige Protein Kollagen, das in Fossilien des Tyrannosaurus Rex ebenso nachgewiesen worden ist wie in ägyptischen Mumien. Kollagen kommt in verschiedenen Körpergeweben wie Knochen, der Haut, in Sehnen und im Knorpel vor. Aus drei Ketten des Proteins bilden sich Fibrillen, die wiederum dicht gewickelt als Kollagenfasern eine hohe Zugfestigkeit besitzen: Sie könnten Gewichte bis zum Zehntausendfachen ihres Eigengewichts tragen. Warum das mumifizierte Kollagen des im Jahre 1991 in 3200 Meter Höhe gefundenen Ötzi so stabil ist, war bisher nicht bekannt.

Um dem Phänomen auf die Spur zu kommen, untersuchten die Wissenschaftler um Marek Janko von der Ludwig-Maximilians-Universität München und des Institute for Mummies and the Iceman (EURAC) in Bozen dünne Schnitte von Hautproben des in Bozen konservierten Ötzis mit zwei modernen Messmethoden: Das Rasterkraftmikroskop verriet dabei die Materialeigenschaften und mit der Raman-Spektroskopie ließ sich die molekulare Zusammensetzung charakterisieren. „Bei der Untersuchung des mechanischen Verhaltens der Fibrillen zeigte sich, dass sie im Vergleich zu frischen Proben eine leicht höhere Steifigkeit besitzen, also sich nur mit erhöhtem Kraftaufwand verbiegen lassen. Diese veränderte Steifigkeit kann zwar bedingt sein durch Veränderungen im Erbgut oder die kurzzeitige UV-Bestrahlung der Fibrillen. Doch am Wahrscheinlichsten ist der Wasserentzug, die Dehydrierung“, berichtet Janko. Es liegt nahe, dass durch den Verlust des Wassers in den Zwischenräumen der Fibrillen diese noch dichter zusammengepackt wurden und sich dadurch zusätzliche Quervernetzungen bildeten.

Festgestellt wurde zudem, dass die Kollagenfibrillen des Gletschermanns durch das Gefriertrocknen über Tausende von Jahren unverändert blieben. „Die dehydrierte Haut hat ihre Schutzfunktion erhalten und das bedeckte Gewebe vor Zersetzung durch Mikroorganismen und andere biologische Einflüsse bewahrt“, erläutert Janko. Die Wissenschaftler bewerten ihre Untersuchungsergebnisse auch als Erfolg für die angewandte Methodik, mumifizierte Körper mit dem Rasterkraftmikroskop und der Raman-Spektroskopie zu untersuchen.

Marek Janko (Ludwig-Maximilians-Universität München) et al.: Proceedings of the Royal Society: Biological Sciences, doi: 10.1098/rspb.2010.0377 ddp/wissenschaft.de ? Rochus Rademacher
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