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U-Bahnbau enthüllt 8000 Jahre Stadtgeschichte

Geschichte|Archäologie

U-Bahnbau enthüllt 8000 Jahre Stadtgeschichte
Archäologen in London bei Ausgrabungen von Opfern der Pest von 1665 (Foto: Museum of London Docklands)

Unbemerkt von den meisten Einwohnern Londons, hat in den vergangenen zehn Jahren eine der umfangreichsten archäologischen Ausgrabungen direkt unter ihren Füßen stattgefunden. Sie begleitete den Bau einer neuen U-Bahnlinie und enthüllte Funde aus fast 8000 Jahren Geschichte, darunter römische Kleidungsreste, viktorianische Gebrauchsgegenstände, aber auch Skelette aus der Zeit der Pest. Diese und weitere Funde sind nun in einer Ausstellung des Museum of London Docklands zu sehen.

Mitten durch die Londoner Geschichte

Es ist auch so schon ein Megaprojekt: Mitten durch den Londoner Untergrund, von Heathrow im Westen bis in die Vororte Abbey Wood und Shenfield im Osten, wird seit 2009 eine neue U-Bahnlinie gebaut. Die Tunnel für die 118 Kilometer lange „Elizabeth Line“ liegen bis zu 40 Meter tief im Untergrund und durchschneiden zahlreiche historisch wertvolle Zonen. Deshalb wurden für das Projekt „Crossrail“ schon lange vor Beginn der Tunnelbauarbeiten Dutzende von Archäologen hinzugezogen, die gezielt im Vorfeld und während der Arbeiten Ausgrabungen entlang der geplanten Trasse durchführten.

„In London ist es ziemlich schwer, nicht in Gebiete mit archäologischer Bedeutung zu geraten“, erklärt Jackie Keily, Kuratorin der Ausstellung „Tunnel – The Archeology of Crossrail“. „Die Besiedlungsgeschichte dieses Ort reicht mehr als 10.000 Jahre zurück, und in den letzten 2000 Jahren war London ein urbanes Zentrum.“ Entsprechend reichhaltig waren die Funde, die die Archäologen in mehr als sechs Jahren der Ausgrabungen zutage förderten. Insgesamt fanden die verschiedenen Ausgrabungstrupps mehr als zehntausend historische Objekte aus tausenden von Jahren Londoner Geschichte.

Vergrabener Fluss und römisches Medaillon

Die U-Bahntunnel der neuen Linie liegen direkt unter der Ebene, in der Artefakte aus der Römerzeit konserviert sind. Bei Ausgrabungen in der Höhe der Liverpool Street stießen die Archäologen unter anderem auf hölzerne Befestigungen aus jener Zeit, geschmiedete Hufeisen, die erstaunlich gut konservierten Lederschuhe eines Römers und eine römische Holztür. „Wir wissen aus früheren Ausgrabungen, dass ganz in der Nähe ein heute begrabener Fluss verlief, der für die Römer eine wichtige Wasserquelle darstellte“, erklärt Keily. „Viele Werkstätten lagen an seinen Ufern.“

Ein besonderer Fund ist ein Medaillon des römischen Königs Philip I. aus dem Jahr 245. „Dies ist ein wirklich seltenes Medaillon – es ist erst das Zweite dieser Art, das überhaupt gefunden wurde“, sagt Keily. Das Medaillon wurde damals zu Ehren des Kaisers am Neujahrstag ausgegeben. „Dieses Medaillon hat jedoch eine bemerkenswerte Geschichte, weil es einmal durch das ganze Römische Reich gereist ist, bevor es nach London gelangte“, so die Kuratorin.

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Das Crossrail-Projekt und seine Funde (Quelle: Museum of London Docklands)

Pestopfer und eine alte Fabrik

Ebenfalls in der Nähe Liverpool-Street stießen die Crossrail-Archäologen auf die Überreste mehrerer Skelette. Sie stammen aus der Zeit ab 1569, als der Garten des damals dort liegenden Royal Bethlem Hospitals in einen Friedhof umgewandelt wurde. Viele der Toten waren Opfer der Pest, die ab 1665 in London wütete. Die Archäologen stießen aber bei Grabungen auch auf Überreste und Grabreste aus der römischen Zeit. „Diese Skelette geben uns einen Schatz an Informationen darüber, was für Menschen damals in London lebten und wie ihre Lebensumstände waren“, sagt Keily.

Aus deutlich späterer Zeit stammen Relikte einer viktorianischen Fabrik, in der seit dem Jahr 1838 Marmeladen und andere eingemachte Lebensmittel hergestellt wurden. „Wir haben viele Gefäße für Jam, Marmelade und ähnliches gefunden, sie sind erstaunlich gut erhalten“, sagt Keily.

Aus der Vielzahl der archäologischen Funde haben die Forscher 500 Objekte ausgewählt, die nun im Museum of London Docklands zu sehen sind. „Die Ausstellung bringt einige unserer ältesten und seltsamsten Fundstücke zusammen und hilft uns dabei, die Geschichten aus 8000 Jahren Londoner Geschichte ans Licht zu bringen“, sagt Jay Carver, Chefarchäologe des Crossrail-Projekts. Die Ausstellung ist kostenlos und seit dem 10. Februar täglich geöffnet.

Quelle: Museum of London Docklands
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