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Uralte Weidewirtschaft in den Schweizer Alpen

Geschichte|Archäologie

Uralte Weidewirtschaft in den Schweizer Alpen
Diese Ringe aus der frühen Bronzezeit wurden aus geflochtenen Zweigen hergestellt. Sie dienten wohl frühen Viehhirten beim Errichten von mobilen Zäunen. (Bild: Badri Redha)

Erstaunlich früh – schon vor 7000 Jahren hüteten offenbar Hirten Schafe im hochgelegenen Berner Oberland. Das schließen Schweizer Forscher aus archäologischen Funden vom Schnidejoch-Pass sowie aus Untersuchungsergebnissen von Sedimentbohrkernen des Iffigensees.

Vieh, das auf alpinen Almen grast: Dieses Bild hat fast so etwas wie Symbolcharakter für die Schweiz. Der Ursprung dieser Tradition verschwimmt allerdings im Nebel der frühen menschlichen Siedlungsgeschichte. Wann genau das erste Nutztier des Menschen seinen Fuß auf eine Bergwiese gesetzt hat, wird sicherlich ein Geheimnis bleiben – doch nun zeichnet sich zumindest ab, dass diese Entwicklung bereits erstaunlich früh einsetzte: „Wir haben starke Indizien, die dafür sprechen, dass die Menschen viel früher mit ihrem Vieh im Gebirge unterwegs waren, als man bisher angenommen hat“, sagt Albert Hafner von der Abteilung für prähistorische Archäologie der Universität Bern.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Christoph Schwörer vom Institut für Pflanzenwissenschaften der Universität Bern hat er im Rahmen einer Studie archäologisches Wissen mit Erkenntnissen aus der Paläoökologie kombiniert. „Die Kombination der beiden Herangehensweisen hat es uns erlaubt, bessere Daten zu erheben und diese auch mit einem neuen Blickwinkel zu interpretieren. Im Alleingang wäre weder die Archäologie noch die Paläoökologie zu diesen neuen Erkenntnissen gekommen“, sagt Hafner.

Funde, Sedimentanalysen und eine jahrtausendealte Tradition

Die Funde, auf denen die Schlussfolgerungen teilweise basieren, stammen vom Schnidejoch-Pass, der auf einer Höhe von 2756 Metern über dem Meeresspiegel liegt. Seit 2003 hat dort ein abschmelzendes Eisfeld mehrere hundert archäologische Objekte freigegeben. Die ältesten stammen aus der Zeit um 5000 v. Chr.. Darunter sind Überreste von aus Holz gefertigten Behältern, die vermutlich zum Transport oder zur Zubereitung von Nahrung dienten. Die damaligen Hirten nahmen darin wahrscheinlich Vorräte für die Zeit mit, die sie mit ihren Tieren auf der Berner Seite des Passes verbrachten. Hinweise auf frühe Alpwirtschaft liefern zudem aus Zweigen geflochtene Ringe, mit denen wohl die Pfähle von mobilen Zäunen zusammengehalten wurden. Die Ringe stammen aus der frühen Bronzezeit (ab 2100 v. Chr.).

Interessanterweise scheinen diese Ringe ein ausgesprochenes Erfolgspatent gewesen zu sein: Auf einer historischen Aufnahme von Teuffenthal bei Thun sind Bauern zu sehen, die mit aus Zweigen geflochtenen Ringen einen mobilen Zaun errichten. Sie verwenden demnach wohl noch das gleiche Konzept wie schon die Hirten vor 4000 Jahren. „Es handelt sich dabei offensichtlich um eine äußerst einfache und zweckmäßige Technik, die sich in traditionellen Gemeinschaften lange halten konnte“, sagt Hafner.

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Wanderweidewirtschaft in einer Warmphase

Möglich war die frühe Wanderweidewirtschaft in den Alpen nur, da während des sogenannten holozänen Wärmemaximums die Gletscher stark zurückgegangen waren, sagen die Forscher. Das Schnidejoch war deshalb während mehreren Jahrhunderten eisfrei. Konkret muss man sich die dortige frühe Alpwirtschaft zwischen Wallis und Berner Oberland so vorstellen: Die Gegend um das heutige Sitten war bereits vor 7000 Jahren von Menschen besiedelt, die Ackerbau betrieben sowie Schafe und Ziegen hielten. Die steilen und trockenen Hängen des Unterwallis gaben allerdings nur wenig Futter her, weshalb die Hirten einen zweitägigen Fußmarsch bis in Berner Oberland auf sich nahmen, wo sie unterhalb des Schnidejoch-Passes gute Weidemöglichkeiten fanden, erklären die Forscher.

Wie sie berichten, belegt auch die Rekonstruktion der Vegetationsgeschichte die sehr frühe Weidewirtschaft im Gebiet des Schnidejochs. Christoph Schwörer analysierte dazu Pollen aus Sedimentablagerungen des nahegelegenen Iffigensee. Die Zusammensetzung des Blütenstaubs lässt Rückschlüsse zu, welche Pflanzenarten in der Vergangenheit dort verbreitet waren. Der Forscher konnte auf diese Weise Brennnesseln in der Zeit um 5000 v. Chr. nachweisen. Diese nährstoffliebenden Pflanzen wachsen häufig dort, wo Viehdung sie versorgt. Zudem fanden sich in den Sedimenten dieser Zeit Sporen spezieller Pilze, die besonders gut auf Mist gedeihen. Auch ihr Verschwinden bestätigt die Theorie der Forscher: In den Seesedimenten vom Iffigensee fehlen jegliche Hinweise auf die Walliser Hirten und ihre Schafe, nachdem die Gletscher knapp 1000 Jahre nach den ältesten Schnidejoch-Funden wieder vorrückt waren.

Quelle: Universität Bern
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