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Urzeitliche Höhlenkunst auf Borneo

Geschichte|Archäologie

Urzeitliche Höhlenkunst auf Borneo
Felsbild
Diese Tierdarstellung ist 40.000 Jahre alt (Foto: Luc-Henri Fage)

Bisher waren vor allem Frankreich und Spanien für ihre prähistorischen Höhlenmalereien bekannt. Nun jedoch haben Forscher auf der südostasiatischen Insel Borneo Felskunst entdeckt, die ebenfalls mehr als 40.000 Jahre alt sein könnte. Unter den Funden sind zahlreiche Handabdrücke und ein in rotem Pigment ausgeführtes Tierbild, das sogar die älteste figürliche Darstellung überhaupt sein könnte. Nach Ansicht der Archäologen belegen diese Malereien, dass der Homo sapiens fast zeitgleich in zwei weit von einander entfernten Regionen der Erde die Kunst der Felsmalerei entwickelt hat.

Farbenprächtige Pferde und Bisons, geheimnisvolle Symbole und jede Menge Handabdrücke: Schon vor mehr als 30.000 Jahren verzierten Menschen in Europa die Felswände von Höhlen mit ihren Malereien. Einige dieser Felszeichnungen könnte sogar schon mehr als 40.000 Jahre alt sein. Lange waren Wissenschaftler deshalb der Ansicht, dass sich diese Form des kreativen Ausdrucks zuerst in Europa entwickelt hat – erschaffen von den ersten Vertretern des Homo sapiens, die unseren Kontinent besiedelten. Doch im Jahr 2014 entdeckten Archäologen auf der Insel Sulawesi in mehreren Höhlen Handabdrücke und mit rötlichen Pigmenten hergestellte Tierzeichnungen, die ähnlich alt waren: Diese Höhlenmalereien stammten ebenfalls aus der Zeit vor rund 40.000 Jahren.

Älteste Tierzeichnung der Welt

Jetzt belegen Funde auf der Insel Borneo, dass dies kein Einzelfall ist. Maxime Aubert von der Griffith University in Australien und seine Kollegen hatten für ihre Studie Felskunst in einem ausgedehnten Karstgebiet in Ost-Kalimantan auf Borneo untersucht und datiert. Schon länger ist bekannt, dass auch dort Höhlenmalereien existieren. „Insgesamt 52 Orte mit Felskunst in acht verschiedenen Gebieten dieser gebirgigen Karstregion wurden bisher dokumentiert“, berichten die Forscher. „Die Malereien finden sich oft in entlegenen, in großen Höhen liegenden Höhlen, die sonst kaum Hinweise auf eine menschliche Besiedlung zeigen.“ Weil diese Fundstätten so schwer zugänglich sind, waren die meisten Malereien bisher nicht datiert. Aubert und sein Team haben dies nun nachgeholt. Sie haben die Kalkkruste auf 13 verschiedenen Motiven in sechs Höhlen mithilfe der Uran-Thorium-Methode datiert. Dabei dient der Zerfall des Urans als Indikator für das Alter.

Die Datierungen ergaben: Auch die Höhlenmalereien von Borneo reichen bis in die Zeit vor rund 40.000 Jahren zurück. „Das älteste Felsbild, das wir datiert haben, ist die große Darstellung eines nicht identifizierten Tieres, möglicherweise einer Art Wildrind, wie sie noch heute in den Dschungeln von Borneo vorkommen“, sagt Aubert. „Diese Felszeichnung ist mindestens 40.000 Jahre alt und damit eine der ältesten bekannten figürlichen Darstellungen überhaupt.“ Ein Handabdruck in einer anderen Höhle ergab in der Datierung sogar ein Maximalalter von 51.800 Jahren. Diese und ähnliche Zeichnungen wurden mit einem rötlichen Pigment angefertigt – nach Angaben der Forscher ist dieser Stil typisch für die ältesten Höhlenmalereien auf Borneo.

(Video: Griffith University)

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Kamen die Künstler mit der zweiten Welle?

Damit scheint klar: Vor rund 40.000 Jahren haben nicht nur die europäischen Vertreter des Homo sapiens die Höhlenkunst hervorgebracht. „Es sieht nun so aus, als ob es zur gleichen Zeit zwei frühe Zentren der Höhlenkunst gab – eine in Europa und eine am anderen Ende der Welt in Indonesien“, sagt Co-Autor Adam Brumm von der Griffith University. Dies wecke auch die Frage, wer die erste Felskunst auf Borneo und Sumatra erschuf. Sumatra und Borneo waren zur Entstehungszeit der Höhlenkunst noch keine Inseln, sondern mit dem asiatischen Festland verbunden. Sie bildeten damit wichtige „Trittsteine“ für die frühen Menschen, die von Asien nach Australien zogen. Archäologische Funde deuten darauf hin, dass die ersten Vertreter des Homo sapiens schon vor rund 60.000 bis 60.0000 Jahren nach Südostasien kamen. „Diese Population scheint aber noch keine Höhlenkunst produziert zu haben – oder wenn sie es taten, hat man bisher zumindest nichts davon gefunden“, sagen die Forscher.

Auf diese erste Einwanderungswelle folgte jedoch eine zweite vor rund 52.000 bis 40.000 Jahren. „Diese aus Ostasien einwandernde Population schuf offenbar die ältesten Felsmalereien auf Borneo“, so die Wissenschaftler. Warum unsere Vorfahren fast zeitgleich an zwei gegenüberliegenden Enden der Erde mit der Höhlenmalerei begannen und offenbar nirgendwo sonst bleibt allerdings rätselhaft.

Quelle: Maxime Aubert (Griffith University, Gold Coast) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-018-0679-9

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