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Verlorenes Königreich des Frühmittelalters wiederentdeckt

Geschichte|Archäologie

Verlorenes Königreich des Frühmittelalters wiederentdeckt
Diese Pikten-Symbole zieren den Eingang zur Festung von Trustys Hill im Südwesten Schottland (Foto: DGNHAS / CDDV)

Der Sage nach existierte vor rund 2400 Jahren ein sagenhaftes Königreich im Süden Schottlands. Das Reich von Rheged und sein König Urien werden in gleich mehreren mittelalterlichen Epen besungen. Doch wo dieses Königreich tatsächlich lag, war bisher unbekannt. Jetzt haben Archäologen an der Küste Südwest-Schottlands Überreste eines alten Königssitzes entdeckt, der wahrscheinlich einst das Zentrum von Rheged war.

Die genaue Lage und Ausdehnung des keltischen Königreichs von Rheged wird in den mittelalterlichen Quellen nicht beschrieben – entsprechend schwierig ist die Suche nach Überresten dieses Reichs. Bisher gingen Historiker und Archäologen jedoch davon aus, das Rheged eher im Nordwesten Englands lag, etwa in der Gegend von Carlisle. Doch archäologische Belege dafür waren bisher Mangelware.

Pikten-Symbole als erstes Indiz

Eine Ausgrabung in Gatehouse of Fleet im Südwesten Schottlands hat nun jedoch entscheidende Hinweise und Funde geliefert. „Was uns hierher führte, waren piktische Symbole am Trustys Hill, die hier in eine Felswand geritzt waren“, erklärt Ronan Toolis von GUARD Archeology. „Sie sind für diese Region einzigartig und liegen viel weiter südlich als die bisher bekannten piktischen Ritzungen.“ Um der Sache nachzugehen, begannen die Forscher im Jahr 2012 eine groß angelegte Ausgrabung in Trustys Hill.

Seither hat diese Grabung einige spannende Funde zutage gefördert. So war der Gipfel des Hügels einst mit einer von Holzstämmen gekrönten Befestigungsmauer umgeben. Weitere befestigte Areale und Behausungen fanden sich am Hang des Hügels. Wie die Archäologen berichten, haben sie auf diesem Hügel sowohl Überreste von Metallwerkstätten als auch von Spinnereien, Lederwerkstätten und Küchen entdeckt. Sie alle stammen aus der Zeit um das Jahr 600 – und damit ungefähr aus der Zeit von Rheged.

Königliche Festung

„Der archäologische Kontext, den unsere Ausgrabungen enthüllt haben, spricht dafür, dass es hier einst eine königliche Burg gab, wahrscheinlich sogar einen Krönungsort“, berichtet Toolis. Wer sich dem Trustys Hill damals näherte, musste eine Felsschlucht passieren, die an einer Seite von den beiden Pikten-Symbolen an der Felswand gesäumt wurde. Beim Eintritt in die Feste wurde man von der über allem thronenden Halle des Königs begrüßt.

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„Die Schlucht bildete wahrscheinlich einen symbolischen Eingang, der auch bei den Riten für die königliche Inauguration eine wichtige Rolle spielte“, vermutet der Archäologe. Denn die Position der Symbole und die bearbeiteten Wände der Schlucht ähneln der Anlage von Dunadd, dem Königssitz eines benachbarten frühmittelalterlichen Reichs. Auch in der Nähe von Edinburgh Castle, einem weiteren frühen Königssitz, wurden ähnliche Pikten-Symbole gefunden.

Gold, Silber und Importwaren

Hinweise auf die hohe Bedeutung von Trustys Hill liefern neben den Symbolen und der komplexen Anlage des Forts auch Funde von kunstvoll bearbeiteten Metallobjekten aus Gold, Silber, Bronze und Eisen. Außerdem stießen die Forscher auf Gegenstände, die damals aus Kontinentaleuropa nach Schottland importiert wurden. Vor allem gallische Kaufleute müssen demnach entlang der englischen Küste nach Norden gesegelt sein. Sie könnten in Trustys Hill Kupfer und Blei aus den nahen Minen erworben und dafür Handelsgüter aus ihrer Heimat in Rheged verkauft haben, wie die Archäologen erklären.

Ausgrabungen im ehemaligen Küchenbereich der Festung belegen den früheren Wohlstand der Bewohner. „Die Menschen in Trustys Hill waren keine Bauern, sondern kontrollierten den Anbau von Nutzpflanzen, die Viehzucht und den Abbau natürlicher Ressourcen wie Holz und Bodenschätzen in der Region“, erklärt der Archäologe Christopher Bowles vom Scottish Borders Council. Vermutlich umfasste ihr Verwaltungsgebiet das gesamte Fleet-Tal und die Bereiche um die Flussmündung.

„Herz des verlorenen Königreichs“

All dies zusammen spricht nach Ansicht der Forscher dafür, dass das Zentrum Rhegeds nicht in Nordengland lag wie bisher angenommen, sondern in dieser Region im Südwesten Schottlands. „Die archäologischen Belege deuten darauf hin, dass Galloways einst das Herz des verlorenen Königreichs von Rheged gewesen ist“, konstatiert Toolis. In dieser Region sind inzwischen mehrere frühmittelalterliche Stätten bekannt. Nur in Trustys Hill jedoch wurden Belege für Krönungsriten und die Macht und den Wohlstand eines Königssitzes gefunden, wie die Wissenschaftler betonen.

„Die Funde von Trustys Hill liefern uns tiefere Einblicke in Macht, Politik, Wirtschaft und Kultur zu einer Zeit, in der die Fundamente für die Königreiche von Schottland, England und Wales gelegt wurden“, sagt Bowles. „Der Einfluss von Rheged, mit Trustys Hill als seinem Machtzentrum, Taliesin als seinem Poeten und Urien als seinem berühmtesten König haben die Geschichte und Literatur Schottlands und seine Nachbarn geprägt.“

Quelle: GUARD Archeology
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