Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Visuelle Revolten im LWL-Landesmuseum

Museum: Japanmuseum SieboldHuis (Leiden)

Visuelle Revolten im LWL-Landesmuseum

In der dreiteiligen Ausstellungsserie „Visuelle Revolten“ über die Plakatszene um 1968 zeigt das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster ab dem 20. Januar jeweils weit über 100Plakate, Flugblätter und Cover von Zeitschriften, etwa „pardon“ und „Konkret“, die sich mit lokalen und globalen Aspekten von 1968 beschäftigen.

Warnungen vor „geistigen Bombenlegern“ und „Konsumterror“ oder Slogans wie „Wir wollen billiger wohnen, baut weniger Kanonen“: Solche zugespitzten und im Wortsinn „plakativen“ Botschaften zeichnen die Plakate der späten 1960er Jahre aus, von denen sich viele Hundert in der Sammlung des LWL-Landesmuseums befinden. Sie spiegeln den Zeitgeist um 1968 wider und drehen sich vor allem um die sogenannten „Studenten-Unruhen“ und deren kulturelles Umfeld.

Einige der in der Plakatsammlung konservierten Exponate weisen Gebrauchsspuren auf, die die Spannung und Hektik jener Jahre verdeutlichen, etwa, wenn Plakate schichtenweise übereinander geklebt wurden. Solche Zeitzeugnisse entstanden oft über Nacht für den politischen Tageskampf und wurden meist nicht gezielt gesammelt, sondern sind durch Zufall und frühe Sammelleidenschaft erhalten geblieben.

„Eine Besonderheit in der Sammlung des LWL-Landesmuseums sind Arbeiten der beiden wichtigsten Plakatentwerfer der Zeit, Klaus Staeck und Ernst Volland. Diese Plakate zeigen die leidenschaftliche Dynamik des Aufbruchs dieser Zeit wie keine andere Kunstgattung“, sagte Museumsdirektor Dr. Hermann Arnhold. Jeweils etwa 50 Arbeiten von Volland und Staeck zu fast allen Themen befinden sich im LWL-Landesmuseum. Zudem sind viele der Plakate Vollands vom Künstler datiert und signiert.

Die erste Ausstellung „Münster – Mehr als ein Nebenschauplatz“ (20. Januar bis 1. Mai 2011) bildet den Einstieg in die ’68er-Bewegung, die in Münster in engem Zusammenhang mit einer der schon damals größten Hochschulen der Bundesrepublik, der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU), steht. Plakate aus der „Studentenrevolte“ werden in die aufflammenden, lange aufgestauten gesellschaftlichen Diskussionen eingebettet: Die Studierenden prangerten Missstände an, z. B. bei Themen wie Bildungsnotstand in Schule und Hochschule, Polizei-Gewalt, Notstandsgesetzen und dem Kampf gegen alte und neue Nazis. „Ihre Ziele waren eine breite gesellschaftliche Öffnung, gemäß der Forderung von Willy Brandt, mehr Demokratie zu wagen“, so Kurator Dr. Jürgen Krause.

Anzeige

Ausgehend von Münster wirft der zweite Teil „Globale Protestkulturen“ (19. Mai bis 21. August 2011) den Blick über die Landesgrenzen hinaus. Neue Protestformen entwickelten die schwarze Bürgerrechts-Bewegung und die Studentenrevolte in den USA (z. B. Berkeley): Sie besetzten Universitäten bei „Go-Ins“ und „Teach-Ins“ oder riefen zum „Marsch auf Washington“ auf. Deutsche Studierende nutzten die amerikanischen Bewegungen als Vorbild und planten den „Marsch auf Bonn“. Im Pariser Mai ’68 entstanden häufig spontan Plakate, etwa im stilprägenden „Atelier Populaire“ und dem Satire-Organ „Enragé“.

Wichtige Schauplätze für die Solidarität der „Neuen Linken“ mit der „Dritten Welt“ waren Vietnam, Lateinamerika, die Befreiungsbewegungen gegen US-gestützte Diktatoren und der Nahost-Konflikt, in dem die Parteinahme für die palästinensische PLO im Vordergrund stand. Bemerkenswert ist dabei die erstmals (fast schon) globale Vernetzung der Protest-Bewegungen.

Die dritte Sequenz widmet sich unter dem Titel „Langzeitwirkung ‚‘68‘ – Der visuelle Umbruch“ (15. Dezember 2011 bis 11. März 2012) dem langen Schatten von „‘68“, vor allem dem tiefen Einschnitt in den Seh- und Konsummentalitäten der Plakat-Adressaten seit „‘68“: Wenigstens ansatzweise soll der um zwei Jahrzehnte verschleppte kulturelle Bruch nach dem Ende der NS-Diktatur sichtbar werden.

Als Bahnbrecher avantgardistischen Grafik-Designs verdienen hierbei die Plakate der Jazz-Szene der frühen Bundesrepublik einen besonderen Ehrenplatz. In den späten 1960er Jahre setzte sich die US-amerikanisch dominierte POP-Art in der westlichen Welt durch. Spannend sind die Wechselwirkungen zwischen weltweiter Pop- und Protestkultur vom New York Andy Warhols über das Düsseldorf von Joseph Beuys bis zur Vermarktung Westberliner Wohnkommunen um die Kommunarden Teufel, Langhans und Kunzelmann.

Auch Unternehmen benutzen jetzt den angriffslustigen, frech-ironischen Stil der außerparlamentarischen Oppositionellen aus der „Neuen Linken“. So warb die Bundesbahn mit ungewohnt flapsigen Sprüchen wie „Unsere Loks gewöhnen sich das Rauchen ab“.

Münster – Mehr als Nebenschauplatz: 20.1.-1.5.2011 Globale Protestkulturen: 19.5.-21.8.2011 Langzeitwirkung „‘68“ – Der visuelle Umbruch: 15.12.2011-11.3.2012

Quelle: LWL
Anzeige
DAMALS | Aktuelles Heft
Bildband DAMALS Galerie
Der Podcast zur Geschichte

Geschichten von Alexander dem Großen bis ins 21. Jahrhundert. 2x im Monat reden zwei Historiker über ein Thema aus der Geschichte. In Kooperation mit DAMALS - Das Magazin für Geschichte.
Hören Sie hier die aktuelle Episode:
 
Anzeige
Aktueller Buchtipp
Wissenschaftslexikon

Fran|sen|fin|ger  〈m. 3; Zool.〉 wüstenbewohnende Eidechse, Fransensäume an den Zehen verhindern das Einsinken im lockeren Sand: Acanthodactylus

Ke|ra|tin  〈n. 11; Biochem.〉 Eiweißkörper in Haut, Haar u. Nägeln; Sy Hornstoff … mehr

Re|kom|bi|na|ti|on  〈f. 20〉 1 〈Chem.; Phys.〉 Wiedervereinigung abgespaltener Elektronen mit den ihnen zugehörigen Ionen 2 〈Genetik〉 Umlagerung, neue Kombination von Erbgut im Rahmen der Zellteilungsvorgänge (Meiose) … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige