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Von Pontius Pilatus erbaut!

Geschichte|Archäologie

Von Pontius Pilatus erbaut!
Modell Jerusalems in der Zeit des zweiten Tempels. (Bild: flik47/iStock)

Ein antikes Bauprojekt – verknüpft mit biblischer Prominenz: Der Auftraggeber einer prächtigen Straße Jerusalems war offenbar der römische Statthalter Pontius Pilatus, berichten Archäologen. Dies belegen zahlreiche Münzen, die sie unter den Pflastersteinen der teils freigelegten Straße entdeckt haben. Sie verband einst den in der Bibel erwähnten Teich von Siloah mit dem Tempelberg. Möglicherweise wollte Pilatus durch das Bauprojekt seine Stellung als Präfekt der Provinz Judäa festigen, sagen die Wissenschaftler.

Erstmals entdeckt wurden die Überreste der Straße bereits 1894 – seither haben Archäologen immer mehr Teile der eindrucksvollen antiken Struktur der Stadt Jerusalem ausgegraben. Wie das Team der Universität Tel Aviv und der Israelischen Altertümerbehörde berichtet, handelte sich um einen wichtigen Pilgerweg der heiligen Stadt, denn die Straße führte zum religiösen Zentrum der gläubigen Juden: zum Tempelberg. Sie verlief dabei vom südlichsten Tor der Stadt am Teich von Siloah vorbei – bei dem es sich ebenfalls um einen wichtigen spirituellen Ort handelte. Auch im Christentum hat der Teich von Siloah eine Bedeutung: Dem Johannesevangelium zufolge sagte Jesus zu einem Blinden: „Geh zum Teich Siloah und wasche dich! Da ging er hin und wusch sich und kam sehend wieder.“

Eine bedeutende Straße der heiligen Stadt

Die Bedeutung der Straße zeigt sich den Wissenschaftlern zufolge neben ihrer Route auch anhand ihrer Dimensionen sowie durch die Bauqualität: Sie war insgesamt 600 Meter lang, ungefähr acht Meter breit und mit massiven Steinplatten gepflastert. Die Forscher schätzen, dass für den Bau rund 10.000 Tonnen Kalkstein verwendet wurden. Zudem verdeutlichen Verzierungen an mit Stufen versehenen Abschnitten, dass es sich um ein aufwändiges und prestigeträchtiges Bauprojekt gehandelt hat. Doch wer hat es in Auftrag gegeben? Basierend auf den archäologischen und historischen Daten wurde die Entstehung der Straße bisher grob auf die Zeit des Herodes geschätzt. Wie die Wissenschaftler berichten, ist nun allerdings eine deutlich klarere zeitliche Einordnung möglich.

Sie basiert auf Funden von Münzen: Im Rahmen der Ausgrabungen der letzten Jahre haben die Wissenschaftler über 100 entdeckt, die unter Pflastersteinen eingeschlossen waren. Die jüngsten Münzen stammen aus der Zeit zwischen 17 und 31 n. Chr. Daraus geht hervor, dass die Arbeiten zu der Zeit begannen und abgeschlossen wurden, als Pontius Pilatus Statthalter war, erklären die Archäologen. Denn Historiker gehen davon aus, dass er von 26 bis 37 n. Chr. die römische Provinz Judäa im Namen des Kaisers Tiberius regierte.

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Münzen verweisen auf Pilatus

„Datierungen durch Münzen sind sehr genau“, sagt Co-Autor Donald T. Ariel. „Wenn aus der Prägung einer Münze unter der Straße das Jahr 30 n. Chr. hervorgeht, muss sie nach diesem Jahr gebaut worden sein. Da allerdings Münzen, die etwa zehn Jahre später geprägt wurden, statistisch gesehen die häufigsten gefundenen Münzen in Jerusalem sind, zeichnet sich ab: Die Straße wurde vor ihrem Erscheinen gebaut – mit anderen Worten: Nur die Zeit von Pilatus kommt infrage“, erklärt der Münzexperte.

Doch welche Ziele könnte Pilatus mit dem Bauprojekt verfolgt haben? „Möglicherweise wollte er die eher romfeindliche Stimmung der Bewohner Jerusalems günstig beeinflussen, oder das Aussehen der Stadt sollte dem römischen Stil angepasst werden. Vielleicht wollte Pilatus aber auch durch größere Bauprojekte seinen eigenen Ruhm vergrößern“, sagt Co-Autor Nahshon Szanton. „Möglicherweise war es eine Kombination dieser drei Motive“.

Klar ist: Judäa blieb ein Unruheherd im römischen Reich – dies führte im Jahr 70 n. Chr. zu einem brutalen Hammerschlag Roms: Nach einem Aufstand wurde Jerusalem und der jüdische Tempel völlig zerstört. Dies scheint sich auch in den Funden widerzuspiegeln, schreiben die Wissenschaftler: Die Pflastersteine der Straße liegen unter Trümmerschichten begraben, die Waffen sowie verkohlte Strukturen und Bruchstücke von Gebäuden enthalten.

Quelle: Taylor & Francis Group, Fachartikel: Tel Aviv: The Journal of the Institute of Archaeology of Tel Aviv University, doi: 10.1080/03344355.2019.1650491

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