Sie baten 40 hellhäutige Reisende, einen Fragebogen zum Thema Vorurteile gegenüber Homosexuellen und Muslimen auszufüllen. Dabei sollten sich die Probanden auf einen von sechs in einer Reihe stehenden Stühlen setzen, von denen der erste bereits belegt war – entweder von einem dunkelhäutigen jungen Mann oder von einem gleichaltrigen Weißen. Eine Woche später wiederholten sie das Experiment mit weiteren 40 Freiwilligen auf dem mittlerweile wieder aufgeräumten Bahnhof. Der Müll verstärkte tatsächlich die Vorurteile der Probanden – das zeigten nicht nur die Fragebögen, sondern auch das Verhalten: Auf dem unaufgeräumten Bahnhof hielten sie mehr Abstand zu dem dunkelhäutigen Mann als zu dem weißen, im aufgeräumten Bahnhof gab es diesen Unterschied dagegen nicht.
Weitere Experimente zeigten, dass es wirklich die Unordnung und nicht etwa fehlende Hygiene und damit die Angst vor Krankheiten war, die die Vorurteile aktivierte. Ursache des Effekts war der plötzlich ansteigende Drang nach Ordnung und das Bedürfnis, seine Umgebung klar zu strukturieren, erklären die Forscher. Das sei auch aus evolutionspsychologischer Sicht logisch: Die einfachen Kategorien helfen, in einer unübersichtlichen und damit potenziell gefährlichen Situation möglichst schnell reagieren zu können. Die Vorurteile wirken dabei offenbar wie eine Art Ventil, mit dem der Druck abgelassen werden kann, der durch die Unordnung entsteht: Gaben die Forscher den Betroffenen nämlich die Möglichkeit, ihre Stereotypen zu aktivieren, sank deren Bedürfnis nach klaren Strukturen messbar ab. Die Botschaft, die Politiker aus diesen Ergebnissen ableiten sollten, sei demnach sehr klar, betonen die Wissenschaftler: Man müsse gefährdete Wohnviertel davor bewahren, im Chaos zu versinken, und ständig in Reparaturen und Renovierungen investieren – dann sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass Diskriminierungen abnehmen und Vorurteile abgebaut werden.