Weitere Tests von Gervais und Norenzayan zeigten, dass sich die Ausprägung des beobachteten Zusammenhangs durch die Einstimmung auf eine analytische Denkweise verstärken lässt. Die Psychologen ließen ihre Probanden dazu verschiedene Aufgaben lösen, die Konzentration und Logik erfordern. Anschließend erfassten sie durch Befragungen den Grad des Glaubens oder Zweifels der Teilnehmer. Diese Ergebnisse verglichen sie nun mit Resultaten von Befragungen, nachdem Testpersonen Aufgaben gelöst hatten, die kein analytisches Denken erforderten. So zeigte sich, dass Menschen, deren Verstand sich im ?Analytik-Modus? befand, verstärkt zur Skepsis gegenüber religiösen Vorstellungen neigten. Das galt unabhängig davon, ob sich ein Proband grundsätzlich als religiös beschrieb oder nicht, berichten die Forscher.
Der bloße Gedanke an Analytik nagt bereits an der Glaubenskraft
Gervais und Norenzayan konnten sogar zeigen, dass offenbar der bloße Gedanke an Analytik zu den beobachteten Effekten führt: Allein der Anblick der Skulptur ?Der Denker? schwächte den Glauben der Testpersonen, eine griechische Statue eines Diskuswerfers hatte diesen Effekt dagegen nicht. Selbst Wortspiele können ungläubiger machen, zeigten Tests: Wenn die Probanden Sätze aus Wörtern wie ?denken? oder ?wissen? bilden sollten, spiegelte die anschließende Befragung einen schwächeren Glauben wider als bei neutralen Wörtern wie ?springen?.
Die Forscher sind sich offenbar bewusst, dass sie mit ihren Studienergebnissen möglicherweise die Gemüter erhitzen könnten. Sie betonen deshalb: ?Unsere Studie trifft keinerlei Aussagen über den Wert und die Rationalität religiösen Glaubens.? Außerdem könne fehlende Religiosität viele weitere Gründe haben, es liege nicht am analytischen Denken allein, sagen Gervais und Norenzayan. So ist erwiesen, dass die Intensität der Religiosität als Charaktermerkmal mit der Autoritätsgläubigkeit einhergeht, also dem Grad freiwilliger Unterwerfung, und als soziales Produkt umso ausgeprägter ist, desto mehr Armut, Ungerechtigkeit und Unfreiheit in einer Gesellschaft vorherrschen.
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