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Was den Glauben bröckeln lässt

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Was den Glauben bröckeln lässt
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Der Anblick der Skulptur "Der Denker" des Bildhauers Auguste Rodin kann offenbar kritischer gegenüber religiösen Überzeugungen machen. Bild: RodinSatyakamk / Wikipedia, gemeinfrei.
Einer Studie kanadischer Forscher zufolge verringert faktenorientiertes Denken den Glauben religiöser Menschen. Das zeigen umfangreiche psychologische Tests mit insgesamt 650 Probanden: Wenn sie sich intensiv auf die Lösung eines Problems konzentriert hatten, waren sie anschließend skeptischer gegenüber religiösen Überzeugungen. Sogar der bloße Anblick der Skulptur „Der Denker“ von Rodin konnte die Stärke des Glaubens schwächen, berichten Will Gervais und Ara Norenzayan von der Universität von British Columbia in Vancouver.

Zu Beginn der Studie überprüfen die Psychologen zunächst die Annahme, dass Analytiker im Durchschnitt weniger religiös sind als intuitiv denkende Menschen. Sie stellten diese grundsätzliche Denkweise der Probanden mit speziellen psychologischen Tests fest: Die Art und Weise, wie die Teilnehmer Testaufgaben lösten, gab dabei Aufschluss über den Grad ihrer faktenbezogenen oder eher gefühlsorientierten Denkweise. Zuvor hatten die Probanden Fragen zu ihren religiösen Überzeugungen beantwortet. Die Antworten reichten dabei von ?Der Glaube beherrscht mein Leben? bis ?Religionen sind in meinen Augen Unsinn?. Die Auswertungen der Forscher zeigten, dass gläubige Menschen eher zu intuitiven Denkweisen neigen, ein analytischer Verstand war dagegen typisch für die Atheisten oder Agnostiker.

Weitere Tests von Gervais und Norenzayan zeigten, dass sich die Ausprägung des beobachteten Zusammenhangs durch die Einstimmung auf eine analytische Denkweise verstärken lässt. Die Psychologen ließen ihre Probanden dazu verschiedene Aufgaben lösen, die Konzentration und Logik erfordern. Anschließend erfassten sie durch Befragungen den Grad des Glaubens oder Zweifels der Teilnehmer. Diese Ergebnisse verglichen sie nun mit Resultaten von Befragungen, nachdem Testpersonen Aufgaben gelöst hatten, die kein analytisches Denken erforderten. So zeigte sich, dass Menschen, deren Verstand sich im ?Analytik-Modus? befand, verstärkt zur Skepsis gegenüber religiösen Vorstellungen neigten. Das galt unabhängig davon, ob sich ein Proband grundsätzlich als religiös beschrieb oder nicht, berichten die Forscher.

Der bloße Gedanke an Analytik nagt bereits an der Glaubenskraft

Gervais und Norenzayan konnten sogar zeigen, dass offenbar der bloße Gedanke an Analytik zu den beobachteten Effekten führt: Allein der Anblick der Skulptur ?Der Denker? schwächte den Glauben der Testpersonen, eine griechische Statue eines Diskuswerfers hatte diesen Effekt dagegen nicht. Selbst Wortspiele können ungläubiger machen, zeigten Tests: Wenn die Probanden Sätze aus Wörtern wie ?denken? oder ?wissen? bilden sollten, spiegelte die anschließende Befragung einen schwächeren Glauben wider als bei neutralen Wörtern wie ?springen?.

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Die Forscher sind sich offenbar bewusst, dass sie mit ihren Studienergebnissen möglicherweise die Gemüter erhitzen könnten. Sie betonen deshalb: ?Unsere Studie trifft keinerlei Aussagen über den Wert und die Rationalität religiösen Glaubens.? Außerdem könne fehlende Religiosität viele weitere Gründe haben, es liege nicht am analytischen Denken allein, sagen Gervais und Norenzayan. So ist erwiesen, dass die Intensität der Religiosität als Charaktermerkmal mit der Autoritätsgläubigkeit einhergeht, also dem Grad freiwilliger Unterwerfung, und als soziales Produkt umso ausgeprägter ist, desto mehr Armut, Ungerechtigkeit und Unfreiheit in einer Gesellschaft vorherrschen.

Einen weiteren Artikel zum Thema finden sie hier:
WELTANGST SCHÜRT DIE GOTTESFURCHT

Will Gervais und Ara Norenzayan (Universität von British Columbia, Vancouver): Science, Bd. 336, S. 493, 2012 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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