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Welche Kultur erfand die gehörnten Helme?

Geschichte|Archäologie

Welche Kultur erfand die gehörnten Helme?
Hörnerhelm
Das Motiv des gehörnten Helms gab es schon lange vor den Wikingern. (Bild: Michael Burrell/ iStock)

Der gehörnte Helm gilt oft als typische Kopfbedeckung von Wikingern. Doch das Motiv des gehörnten Kriegers und auch erste Hörnerhelme sind rund tausend Jahre älter, wie nun auch eine Neudatierung solcher Helme aus dem dänischen Viksø bestätigt. Doch woher kommt diese Kulturtradition? Vergleiche von bronzezeitlichen Helmabbildungen und -funden aus anderen Gebieten Europas deuten auf überraschende Fernverbindungen hin.

Helme, die mit langen gebogenen Hörnern dekoriert sind, werden oft als Kopfschmuck der Wikinger dargestellt. Tatsächlich wurden zwei solcher Helme schon 1942 im dänischen Viksø nahe Kopenhagen gefunden. Die beiden im Torf vergrabenen Kopfbedeckungen bestanden aus Bronze und waren mit jeweils zwei langen Hörnern geschmückt. Schon damals legten die Machart dieser Hörnerhelme aber nahe, dass sie nicht aus der Zeit der Wikinger stammten, sondern weit älter sein müssten.

Hörner-Motiv in drei Kulturen

Wie alt die beiden Helme von Viksø genau sind, hat vor kurzem eine Neudatierung durch ein Archäologenteam um Helle Vandkilde von der Universität Aarhus enthüllt. Denn die Forscher entdeckten im Inneren eines der bronzenen Hörner Reste von Birkenpech und damit organisches Material, das sich einer Radiokarbondatierung unterziehen ließ. Die Analysen ergaben, dass die beiden Helme schon um 900 vor Christus im torfigen Boden vergraben wurden – lange vor dem Zeitalter der Wikinger. Dazu passt, dass auch zahlreiche Felszeichnungen und einige kleine Skulpturen aus der späten Bronzezeit bereits menschliche Figuren mit Hörnerhelmen zeigen. „Das Hörnermotiv stammt aus der Bronzezeit“, sagt Vandkilde.

Um herauszufinden, wo überall das Motiv des gehörnten Helms zu jener Zeit verbreitet war, haben Vandkilde und ihr Team Daten zu archäologischen Funden von Abbildungen, Figuren und Helmen aus ganz Europa zusammengetragen. „Die geographische Verbreitung dieses Motivs erstreckt sich auf drei Gebiete – eine südliche Zone in Sardinien und angrenzenden Teilen Korsikas, eine mittlere Zone im Südwesten der Iberischen Halbinsel und eine nördliche Zone im südlichen Skandinavien“, berichtet das Forschungsteam. „Das Motiv des gehörnten Kriegers kommt in allen drei Gebieten vor, aber kaum oder gar nicht im Rest Europas.“ Es gibt aber ältere Zeugnisse aus der Zeit um 1200 v. Chr. von gehörnten Figuren aus dem Nahen Osten und dem östlichen Mittelmeerraum.

Unabhängig entwickelt oder verknüpft?

Das wirft die Frage auf, ob sich die Tradition gehörnter Helme und Figuren in diesen teils weit auseinander liegenden Gebieten unabhängig voneinander entwickelt haben oder ob sie verknüpft sind. Um das zu klären, haben Vandkilde und ihre Kollegen eine Vergleichsanalyse durchgeführt, in der sie zeitliche Koinzidenz, Aussehen und Machart der Objekte oder Abbildungen verglichen und auch die begleitend dargestellten Waffen der Figuren untersuchten. Es zeigte sich: Zuerst taucht das Motiv um 1200 v. Chr. in Sardinien und Iberia auf, in Skandinavien hingegen erst rund 200 Jahre später. „Skandinavien war ein Nachzügler“, so das Team.

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Die inhaltlichen Vergleiche ergaben, dass die gehörnte Figur meist als Krieger mit Waffen dargestellt wurde. In allen drei Gebieten trug er neben anderen Gegenständen meist ein Schwert und Schild, zudem bildete der Hornträger fast immer die dominante, zentrale Figur der Abbildungen, wie die Archäologen berichten. Von den 31 verglichenen Merkmalen tauchen in der Regel rund ein Dutzend in zwei oder allen drei Gebieten auf.

Ausbreitung über Fernhandels-Netzwerk

Allen europäischen Darstellungen gehörnter Figuren gemeinsam ist zudem, dass die Träger der Hörnerhelme als dominante, teils mystisch-göttliche Persönlichkeiten dargestellt werden. „Die Hörner am Kopf waren mit Göttlichkeit, Führerschaft oder beidem verknüpft“, erklären Vandkilde und ihr Team. Diese auf nahöstliche Kulturen zurückgehende Lesart wurde offenbar von den Kulturen der späten Bronzezeit aufgegriffen – möglicherweise, weil die Herrschenden sich durch Rückbezug auf solche mystischen Kriegergottheiten legitimieren wollten.

Nach Ansicht der Archäologen sind die Hörnerhelme demnach keine Eigenentwicklung der Skandinavier. Stattdessen breitet sich dieses Motiv und seine Nutzung erst vom östlichen in den westlichen Mittelmeerraum aus, dann gelangte es von Sardinien und der Iberischen Halbinsel bis nach Skandinavien. „Die plausibelste Verbindung zwischen den drei Zonen ist der Austausch über den westlichen Seeweg“, erklären Vandkilde und ihre Kollegen. Möglicherweise breitete sich der Hörnerhelm gemeinsam mit dem von Phöniziern und anderen Seefahrern ausgeweiteten Metallhandel der Bronzezeit aus. Dazu würde passen, dass Skandinavien erst gegen 1000 v. Chr. Teil dieses Fernhandelsnetzwerk wurde, so die Forschenden.

Quelle: Prähistorische Zeitschrift, doi: 10.1515/pz-2021-2012

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