Vormenschen der Gattungen Paranthropus und Homo verwendeten vor ein bis zwei Millionen Jahren Werkzeuge aus Tierknochen, um Pflanzenknollen auszugraben und nach eiweißreichen Termiten zu stochern. Auch zum Herauslösen des Fruchtfleischs der Marula-Frucht seien die Knochen geeignet gewesen, hat ein französisch-afrikanisches Forscherteam herausgefunden. Über ihre Ergebnisse berichten Francesco d?Errico von der Universität von Bordeaux in Talence und Lucinda Backwell von der Universität von Witwatersrand in Johannesburg.
Die Knochen waren Anfang des 20. Jahrhunderts in den Ausgrabungsstätten Sterkfontein, Swartkrans und Drimolen nahe Johannesburg gefunden worden. Die neuen Studienergebnisse stützen die seit Jahrzehnten heiß diskutierte These, bei den Funden handele es sich um von Vormenschen hergestellte Werkzeuge. Licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen hatten bis dahin nicht restlos klären können, ob die Abnutzungserscheinungen der Knochen nicht doch als Nagespuren von Raubtieren und als Verwitterungsschäden zu interpretieren sind.
Mit Hilfe eines Interferometers untersuchten die Forscher die Oberfläche von Knochen aus Swartkrans und Drimolen. Sie fanden gleichmäßige, parallel ausgerichtete feine Rillen, die sie als eindeutigen Hinweis auf die Verwendung als Werkzeug werten. Zusätzlich stellten die Wissenschaftler ihre eigenen Werkzeuge her und verwendeten sie auf die Weise, wie es von den Vormenschen vermutet wurde: Sie gruben Pflanzenknollen aus dem Boden und fischten in Termitenbauten nach den eiweißreichen und daher für die Vormenschen sehr wertvollen Insekten. Zudem versuchten sie, an das sehr festsitzende Fruchtfleisch von Marula-Früchten zu gelangen. Anschließend untersuchten sie auch bei diesen selbst produzierten Werkzeugend die Gebrauchsspuren.
Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss, dass alle Knochen als Werkzeuge verwendet wurden ? einige allerdings für unterschiedliche Tätigkeiten: Die Gebrauchsspuren einiger Knochenwerkzeuge aus Drimolen seien gänzlich anders als die vom Knollenausgraben. Sie ähnelten hingegen sehr stark den Spuren, die beim Termitenfischen entstehen. Auch den Spuren, die beim Herauslösen des Fruchtfleischs aus der Marula-Frucht zustandekommen, seien sie nicht unähnlich.
Francesco d?Erricoim (Universität von Bordeaux, Talence) und Lucinda Backwell (Universität von Witwatersrand, Johannesburg): Journal of Archaeological Science Online-Veröffentlichung, doi:10.1016/j.jas.2009.04.005 ddp/wissenschaft.de ? Mascha Schacht