Die Statistik macht Frauen den beruflichen Aufstieg schwer: Dass sie trotz vergleichbarer Qualifikation eher seltener in Top-Führungspositionen oder an der Spitze einer Organisation zu finden sind, geht laut britischen Forschern auf einen rein statistischen Auslese-Effekt zurück. Denn wenn eine kleine Gruppe von Frauen in Wettbewerb mit einem größeren Pool an Männern tritt, so wird es mit großer Wahrscheinlichkeit unter den vielen Männern einzelne geben, die besser sind als die besten Frauen. Die geringe Repräsentanz von Frauen in Schlüsselpositionen hat also eher weniger mit ihren Qualifikationen und intellektuellen Potenzialen zu tun, so das Fazit der Forscher. Der Studie zugrunde lag übrigens ein ungewöhnliches Modellsystem: die Daten der besten deutschen Schachspieler- und spielerinnen.
Die Forscher untersuchten ihre Hypothese, dass allein die große Anzahl von Männern im Wettbewerb mit einer kleineren Gruppe Frauen ausreiche, um die Männer in die Spitzenpositionen zu spielen. Bei der Suche nach einem Modellsystem fiel die Wahl auf den
Deutschen Schachbund, da er zu den großen nationalen Schachverbänden zählt und im Jahr Spiele aus über 3.000 Turnieren bewertet. Fernand Gobet und seine Kollegen werteten daher die Rangliste des Deutschen Schachbunds von April 2007 aus. Sie berechneten zunächst die Verteilung der Spielstärke aller Spielerinnen und Spieler, die von der sogenannten
Elo-Punktezahl von etwa 600 bis 2.500 reichte. Der Mittelwert lag bei rund 1.500, das Verhältnis von Männern zu Frauen bei 16 zu eins. Unter den besten hundert deutschen Spielern findet sich mit Elisabeth Pähtz nur eine Frau.
Dann verglichen die Forscher die Top-100-Liste der Männer mit den Top 100 der Frauen. Im Schnitt lagen die Männer mit 353 Elo-Punkte vor den Frauen. Als die Forscher dann aber berechneten, welchen Vorteil in der Elo-Punktezahl die Männer erreichen, wenn ihre zahlenmäßige Überlegenheit statistisch berücksichtigt wird, so kamen sie zu einem überraschenden Wert von 341 Elo-Punkten ? etwas weniger als der reale Wert. Die Forscher schließen daraus, dass allein schon die Teilnahmerzahlen von Männern und Frauen beim Schach 96 Prozent der Erklärung dafür liefern, dass die Männer so gut abschneiden. „Da bleibt nicht viel für biologische oder kulturelle Erklärungen“, kommentieren die Forscher. Dieser statistische Effekt erkläre auch, wieso Frauen in anderen Bereichen wie etwa den Naturwissenschaften oder den Ingenieurdisziplinen in der Führungsetage unterrepräsentiert sind.
Fernand Gobet (Brunel University, Uxbridge) et al.: Proceedings of the Royal Society B, Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1098/rspb.2008.1576 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer