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Zweiter Jakobsweg für Westfalen eröffnet

Geschichte|Archäologie

Zweiter Jakobsweg für Westfalen eröffnet

Am Mittwoch ist in Soest der zweite durchgehende Weg der Jakobspilger nach historischem Vorbild feierlich eröffnet worden. Nach der Strecke von Osnabrück nach Wuppertal hat die Altertumskommission für Westfalen im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) den alten Hellweg von Höxter über Paderborn, Soest und Dortmund nach Bochum zunächst wissenschaftlich erforscht und dann als rund 200 Kilometer langen Pilgerweg ausgeschildert.

Die Trasse von Höxter nach Bochum (vom Startpunkt Kloster Corvey über Höxter, Brakel, Bad Driburg, Paderborn, Salzkotten, Geseke, Erwitte, Soest, Werl, Unna, Dortmund) wird mit der charakteristischen Jakobsmuschel (europaweit gelb auf blauem Grund) ausgeschildert, erläuterte Projektleiterin Ulrike Spichal. In Bochum wird der Landschaftsverband Rheinland (LVR) die Pilgerroute über Essen, Düsseldorf und Neuss nach Aachen weiterführen.

Der neue Pilgerweg ist weitgehend an historisch belegte Wegführungen angelehnt: „Wir haben Reste von Hohlwegen gefunden, die sich durch die schweren Fuhrwerke ins Gelände eingegraben hatten und können uns auf einzelne Ausgrabungsergebnisse der Hellwegtrasse stützen, so zum Beispiel im Bereich Paderborn-Balhorn und Dortmund“, erklärt Projektleiterin Ulrike Spichal. Auch die Wachtürme an den Landwehrdurchlässen zum Beispiel in Paderborn und Erwitte (Lohner Warte) sind Zeugnisse der alten Wegetrasse.

Dass auch tatsächlich Pilger den Hellweg benutzten, zeigen zahlreiche Funde von verlorenen Pilgerzeichen, nicht nur Jakobsmuscheln, sondern auch Zeichen anderer Wallfahrtsorte, die zum Teil auf dem Weg nach Santiago lagen. In der Probsteikirche zu Werl fanden sich gleich drei Pilgergräber, die durch die Jakobsmuschel erkennbar waren.

Auch Hinweise auf Unterkünfte für mittelalterliche Pilger fanden sich in einigen Hellwegstädten: In dem noch heute bestehenden Pilgrim-Haus in Soest zum Beispiel, das direkt am Jakobitor mit gleichnamiger Kapelle lag, fanden Pilger bereits seit 1309 Unterkunft. Auch in Dortmund, dem Kreuzungspunkt des Hellweges mit der Nord-Süd-Strecke, befand sich seit dem 14. Jahrhundert ein Gasthaus, das sich der Unterbringung armer Pilger angenommen hat.

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Überregional bedeutende Kultstätten konnten die Wegewahl mittelalterlicher Pilger durchaus beeinflussen. So werden zum Beispiel die Reliquien des heiligen Vitus in Corvey sowie die des heiligen Liborius in Paderborn durchaus auch Jakobspilger angezogen haben. Ankunft in Santiago und Rückkehr nach Hause waren bei den damaligen Verhältnissen durchaus nicht gewährleistet, so dass es wichtig war, auf dem Weg immer wieder für einen guten Verlauf des weiteren Weges zu beten.

Zwei weitere Strecken in Westfalen – von Minden über Herford und Bielefeld nach Lippstadt (2011/12) und von Warendorf über Münster und Coesfeld an den Niederrhein (2013/14) – sind die nächsten Projekte der Altertumskommission für Westfalen, so ihr Vorsitzender Prof. Dr. Torsten Capelle. Das Projekt wolle die mittelalterlichen Wege und die Spuren der Jakobspilger in Westfalen möglichst genau rekonstruieren: „Es gab für die Pilger in Westfalen und anderswo keine eigenen Wege, im Gegenteil: Sie suchten aus Angst vor Überfällen stark frequentierte, bekannte Trassen.“

Über Jakobspilger, die aus Westfalen stammen, sei insgesamt nur wenig bekannt, so die Forscherin Ulrike Spichal. Bekanntester westfälischer Pilger ist Bischof Anno aus Minden, der sich in den Jahren 1174 und 1175 auf den Weg nach Santiago de Compostela machte, das damals als Pilgerort gleichrangig neben Rom und Jerusalem stand.

Durch eine Pilgerreise konnten Verbrecher auch ihrer Strafe entgehen, wenn ein Gericht sie dazu verurteilte. „Bettler, Räuber und Steuerhinterzieher im Pilgergewand haben zusammen mit den Strafpilgern die Pilgerfahrt im Laufe der Zeit in Verruf gebracht. Jakobsbrüder wurden vielerorts mit Gesindel gleichgestellt. In Herford, einer wichtigen Sammelstation für Pilger in Westfalen, soll die Jakobikirche 1530 wegen der Jakobspilger, die den Status für ihre Zwecke ausgenutzt haben, geschlossen worden sein“, erläuterte Spichal. Für mittellose Menschen war jedoch eine Pilgerreise oft die einzige Möglichkeit, die Heimat zu verlassen. Wohlhabende konnten das Pilgern auch delegieren und einen Berufspilger mieten.

Quelle: LWL
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