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Zyperns Rolle im Seehandel neu bewertet

Bronzezeit

Zyperns Rolle im Seehandel neu bewertet
Bleistücke
Die vier Bleistücke aus dem Schiffswrack. © Ehud Galili

Das kleine Zypern könnte im bronzezeitlichen Seehandel des Mittelmeerraums eine deutlich aktivere Rolle gespielt haben als bisher angenommen. Indizien dafür liefern unter anderem vier Bleistücke aus einem 3200 Jahre alten Schiffswrack. Analysen belegen, dass das Blei aus Sardinien stammte, die Inschriften jedoch aus Zypern. Archäologen schließen daraus, dass Zypern damals durchaus einen aktiven Anteil am Seehandel mit Metallen hatte.

In der Bronzezeit erlebten viele Hochkulturen im Mittelmeerraum eine Blüte – von Ägyptern über Minoer und Mykener bis zu den Reichen Mesopotamiens. Im Zuge dieser Entwicklung entstand ein reger Seehandel in dieser Region. Schiffe brachten Rohstoffe in die Zentren der Metall- und Keramikverarbeitung und transportierten die dort hergestellten Waren zu ihren Abnehmern. Die verschiedenen Reiche und Kulturen unterhielten dabei enge wirtschaftliche und diplomatische Beziehungen.

Funde aus dem Schiffswrack

Anders als die größeren Akteure im bronzezeitlichen Seehandel galt das kleine Zypern jedoch als eher untergeordneter und passiver Teil dieses Handelsnetzes. Auf der Insel wurde zwar Kupfer gefördert – einer der Grundbestandteile der damals wichtigen Bronze, man nahm aber an, dass dieser Rohstoff dann von anderen übernommen, transportiert und weitergehandelt wurde. Doch jetzt gibt es erste Hinweise darauf, dass Zypern möglicherweise doch eine aktivere Rolle im Seehandel spielte und nicht nur ein Rohstoffproduzent war.

Entscheidende Indizien dafür lieferten vier Bleistücke, die Archäologen bereits in den 1980er Jahren in einem vor Cäsarea in Israel entdeckten Bronzezeit-Schiffswrack gefunden hatten. Ein Team um Naama Yahalom-Mack von der Hebräischen Universität in Jerusalem hat diese rund 3200 Jahre alten Bleistücke kürzlich erstmals näher untersucht. Dafür unterzogen sie zunächst das Blei einer Isotopenanalyse, um dessen Herkunft zu klären. Diese ergab, dass dieses ebenfalls für die Bronzeherstellung verwendete Metall in einer Mine auf Sardinien gefördert worden sein muss.

Größeres Handelsnetz als gedacht

Das Entscheidende und Überraschende jedoch waren eingeritzte Schriftzeichen auf den vier Bleistücken. Denn nähere Untersuchungen und Vergleiche mit den Zeichen verschiedener bronzezeitlicher Schriften ergaben, dass diese Markierungen zur kypro-minoischen Schrift gehörten – einer auch als Linear C bezeichneten, bis heute nicht entzifferten Schrift, die vom 15. bis 12. Jahrhundert vor Christus auf Zypern genutzt wurde. Das aber bedeutet: Die Bleistücke müssen von Sardinien aus nach Zypern gelangt sein oder waren für Werkstätten auf Zypern bestimmt und wurden daher schon vor dem Seetransport entsprechend markiert, wie die Wissenschaftler erklären.

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Das sei unerwartet, erklären die Archäologen. Denn Sardinien liegt nicht nur 2500 Kilometer von Zypern entfernt im westlichen Mittelmeer, „es lag auch abseits der zypriotischen Handelswege, die Ägypten, die Levante, Anatolien und die Ägäis umfassten“, erklärt Yahalom-Mack. Sie und ihr Team schließen daraus, dass Zypern demnach nicht nur bloßer Lieferant von Kupfer gewesen sein kann, sondern dass es deutlich aktiver am Metallhandel jener Zeit teilnahm. „Wir vermuten, dass sie zusammen mit dem Blei auch Zinn importierten – ein für die Bronzeherstellung begehrten Metall“, so die Forscherin.

Nach Ansicht des Forschungsteams sprechen die Funde dafür, dass Zypern damals ein umfassenderes Handelsnetzwerk besaß als bisher angenommen. Möglicherweise profitierten die zypriotischen Händler davon, dass viele der Hochkulturen im Mittelmeerraum um 1200 v.Chr. eine Phase des Niedergangs oder zumindest der Schwächung ihrer Wirtschaft und ihres Einflusses erlebten. Die kleine, aber agile Seemacht Zypern könnte dies ausgenutzt haben, um einige dadurch entstandene Lücken im Seehandelsnetz zu füllen.

Quelle: Hebrew University of Jerusalem; Fachartikel: Journal of Archaeological Science: Reports, doi: 10.1016/j.jasrep.2021.103321

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