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Greencard ade!

Gesellschaft|Psychologie

Greencard ade!

SEIT 30. JUNI ist ein jahrelanges Politgerangel und Parteiengezänk zu Ende. Und mit der fast einstimmigen Billigung des neuen Zuwanderungsgesetzes durch den Deutschen Bundestag hat Detlef von Hellfeld, Besitzer der kleinen Berliner Softwarefirma NetWalk, seine Wette gewonnen.

„Ich wette, dass im neuen Zuwanderungsgesetz eine Floskel stehen wird, die den Besitzern einer „Greencard“ statt der bisherigen fünfjährigen Aufenthaltserlaubnis eine dauerhafte Niederlassungsberechtigung ermöglicht“, hatte der Unternehmer öffentlich spekuliert. Er behielt Recht. Und für knapp 17 000 Menschen, die mit der Greencard im deutschen Informationstechnik(IT)-Gewerbe Arbeit gefunden haben, bedeutete das Votum eine planbare Zukunft.

Von Hellfelds Büro ist die Heimat einer Internet-Website (www.trust7.com), auf der er sich speziell den Problemen und Bedürfnissen der Greencard-Besitzer widmet. „Das war ein Testlauf für die Zuwanderung von Hochqualifizierten auch in anderen Branchen“, sagt er. „Und da hat man von Seiten der Durchführung viele Fehler gemacht.“

Problem Nummer eins: mangelnde Vorsorge für Krisen. Die Beteiligten kamen seit vier Jahren aus aller Welt – angelockt durch das Angebot des Bundeskanzlers, Spezialisten der IT-Branche („High Potentials“) eine Arbeitserlaubnis zu erteilen. Mindestverdienst: 51 000 Euro jährlich. Pro Woche strömten 150 IT-Spezialisten ins Land. Doch mit der Terror-Attacke vom 11. September 2001 kam der Einbruch. Plötzlich war das Thema Arbeitslosigkeit für Greencard-Inhaber kein Fremdwort mehr. „Aber für Flautenzeiten hatte man keine Vorsorge getroffen“, stellt von Hellfeld fest. „Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Der Mohr kann gehen“, kommentierte das Handelsblatt. Mindestens 7 Prozent der Kartenbesitzer, so die offizielle Schätzung der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Bonn, haben ihren Arbeitsplatz wieder verloren. Auf 15 Prozent schätzt von Hellfeld aus Angaben von Betroffenen die Dunkelziffer. Erst seit August 2003 versucht die ZAV arbeitslose Greencard-Inhaber zu vermitteln. In der Kartei stehen bisher 591.

Problem Nummer zwei: mangelnde Integration. „Am höchsten sind die sprachlichen Hürden“, sagt Julia Wattrinet-Pinnock, die bei der ZAV für die Greencardler zuständig ist. Von Hellfeld moniert: „Es gab keine Integrationsmaßnahmen, außer die Firma kümmerte sich darum.“ Nach Feierabend waren die Angeworbenen in einer fremden Kultur sich selbst überlassen. „Should I stay or should I go?“, fragten sich viele verzweifelt auf von Hellfelds Website. Im neuen Gesetz sind endlich Integrationskurse zu finden.

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Zumindest das dritte Problem ist vom Tisch: Bis zum glücklichen Votum im Bundestag stand nämlich für viele Greencardler das Datum des Rückflugs fest. Fünf Jahre durften sie dableiben, keinen Tag länger. „Aber wer stellt schon einen Leiter für ein Softwareprojekt ein, der mittendrin das Land verlassen muss?“, zweifelt von Hellfeld.

Mit dem Inkrafttreten des neuen Gesetzes – Januar 2005 – darf nun jeder Greencard-Inhaber samt Familie in Deutschland Niederlassung beantragen. Wenn er nicht straffällig geworden ist, für seinen Lebensunterhalt sorgen kann und seine Sozialbeiträge zahlt, darf er bleiben. Für den Staat lohnt sich das. Über 50 000 Euro, schätzen Wirtschaftswissenschaftler, verdient der Staat im Durchschnitt an einem Greencard-Inhaber. In seinem Umfeld entstehen zusätzlich 2,5 neue Arbeitsplätze.

Dementsprechend erfreut haben andere Branchen auf das Gesetz reagiert. Wenn auch nicht mehr unter dem Namen Greencard, gibt es das Arbeitsangebot für High Potentials jetzt in allen Bereichen. Auf von Hellfelds Website haben schon über 20 000 Computerexperten angefragt, ein Viertel erfüllt die Voraussetzungen. Hellfeld: „Mit anderen Branchen zusammen lässt sich diese Zahl locker verfünffachen.“ Tobias Beck■

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