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„Ich bin Tier, wenn ich mich im Schlamm wälze“

Der Schriftsteller T. C. Boyle über Autos, die Schönen Künste und das Animalische in uns.

„Ich bin Tier, wenn ich mich im Schlamm wälze“
Herr Boyle, wann werden Sie zum Tier? Besonders animalisch bin ich, wenn ich mich nackt im Schlamm wälze und Läuse aus meinen Haaren pule. Aber ich bin auch ein Tier, wenn ich esse, schlafe, meinen Darm entleere oder durch die Sierra Nevada strolche und herumhure. In Ihrer neuen Erzählung über das Wolfskind Victor von Aveyron gehen Sie der Grenze nach, an der sich entscheidet, wer Mensch und wer Tier ist. Was zeichnet denn den Menschen

In Ihrer neuen Erzählung über das Wolfskind Victor von Aveyron gehen Sie der Grenze nach, an der sich entscheidet, wer Mensch und wer Tier ist. Was zeichnet denn den Menschen gegenüber dem Tier aus?

Natürlich sind wir Tiere, wenngleich wir Institutionen wie Kirche oder politische Organe geschaffen haben, um dies zu leugnen. Was die anderen Tiere neben uns betrifft: Sie verfügen über weit mehr Sinnesfähigkeiten, sodass sie die Welt ganz anders wahrnehmen als wir.

Auch in Ihrem Erzählband „Zähne und Klauen“ spielt das Thema Mensch gegen Tier, Verstand gegen Triebe, eine zentrale Rolle. Was fasziniert Sie daran so?

Mich reizt daran, dass wir Menschen ständig versuchen, unser Wesen, also das Tier in uns, zu leugnen, um in der Gesellschaft leben zu können. Und trotzdem, wie ich in meinen Erzählungen zeige, scheitern wir oft daran, nicht wahr?

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Wie etwa in einer Ihrer Erzählungen, wo die Hundeforscherin heulend mit einer Meute von Kläffern durch die Kleingärten streunt. Und wann sind wir am wenigsten Tier?

Was mich betrifft: Ich bin am wenigsten Tier, wenn ich am Lagerfeuer sitze und ein Buch lese. Doch mehr noch sind die Schönen Künste der ultimative Verzicht auf das Tier in uns.

Und was können wir von den anderen Tieren lernen?

Bescheidener zu leben. Kein Tier geht so verschwenderisch mit Ressourcen um wie wir.

Ich habe gelesen, dass Sie fünf Autos haben? Warum gleich so viele?

Wir sind eine fünfköpfige Familie. Aber Ihre Frage ist berechtigt: Wir brauchen die Autos eigentlich nicht. Wir wohnen in einem Dorf, wo wir fast alles zu Fuß erreichen können.

Interview: Tania Greiner

Zum Buch

Für die Jäger war es kein leichtes Unterfangen. Mehr als zwei Jahre lang entwischte das nackte, in der Erde scharrende Geschöpf seinen Verfolgern. In den Wäldern Südfrankreichs hatten sich die Jäger im Jahr 1797 auf die Suche nach einem dämonhaften Wesen gemacht, halb Mensch, halb Tier: Victor von Aveyron, neben Kaspar Hauser das bekannteste Wolfskind. Seiner Geschichte hat T. C. Boyle nun seine neueste Erzählung gewidmet und macht sich darin auf die Suche nach dem Menschlichen im Wilden und der Wildnis im Menschen.

T. C. Boyle: Das wilde Kind. Erscheint am 8. Februar im Carl Hanser Verlag. 112 S., 12,90 Euro.

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Serie: Hervorragend – Junge Menschen und ihr Engagement
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per|en|nie|rend  auch:  pe|ren|nie|rend  〈Adj.; Bot.〉 wiederkommend, ausdauernd, überwinternd, mehrjährig blühend (Pflanze) … mehr

Man|tel|pa|vi|an  〈[–vi–] m. 1; Zool.〉 Art der Paviane, deren Männchen eine graue Mantelmähne um die Schulter haben: Papio hamadryas

lym|pho|gen  〈Adj.; Med.〉 lymphatischen Ursprungs

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