Sie sollen die Übertragung der Coronaviren verhindern – doch wie wirken sich die Gesichtsmasken auf unsere soziale Wahrnehmung aus? Ein Psychologe ist nun der Frage nachgegangen, inwieweit unsere Fähigkeit leidet, Emotionen bei unseren Mitmenschen richtig zu erkennen. Die Studienergebnisse verdeutlichten: Wenn wir nur noch den Augenbereich anderer sehen können, fällt uns das Lesen in der Mimik ausgesprochen schwer.
Teilweise vermummte Gestalten prägen nun unseren Alltag: Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes gilt als eine wichtige Schutzmaßnahme im Rahmen der Covid-19-Pandemie. „Obwohl nun auch immer mehr Europäer solche Masken akzeptieren, haben viele das Gefühl, dass die soziale Interaktion durch das Tragen einer Maske beeinträchtigt wird. Das stellt ein großes Hemmnis für das konsequente Tragen der Masken dar“, sagt Claus-Christian Carbon von der Otto-Friedrich-Universität Bamberg.
Um den Effekt der Masken zu verdeutlichen, hat der Wahrnehmungspsychologe nun systematisch überprüft, wie sie die Lesbarkeit von Emotionen beeinflussen. An der Studie nahmen 41 Freiwillige zwischen 18 und 87 Jahren teil. Im Rahmen der Tests sollten sie die emotionalen Ausdrücke von zwölf verschiedenen Gesichtern bewerten. Jedes Gesicht wurde dabei per Zufall mit sechs verschiedenen emotionalen Ausdrücken dargestellt: glücklich, neutral, wütend, angewidert, ängstlich und traurig. Dabei waren die Gesichter entweder vollständig sichtbar oder von einem Mund-Nasen-Schutz bedeckt, wie ihn momentan viele Menschen gegen die Ansteckung durch das Coronavirus tragen. Insgesamt beurteilte jeder Studienteilnehmer 144 Gesichtsabbildungen.
Emotionen kaum noch erkennbar
Die Auswertungen verdeutlichten: „Wenn die Gesichter von Masken bedeckt waren, wurde das emotionale Lesen der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer stark beeinträchtigt“, fasst Carbon das Ergebnis zusammen. „Die Teilnehmenden erkannten Emotionen weniger genau und vertrauten ihrer eigenen Einschätzung seltener“, sagt der Wissenschaftler. „Bemerkenswert ist auch, dass es zu charakteristischen Fehlinterpretationen von einzelnen Emotionen kam.“ Beispielsweise schätzten die Versuchspersonen einen deutlich angewiderten Gesichtsausdruck mit Maske häufig als wütend ein. Einige Emotionen, wie Glück, Trauer und Wut, bewerteten sie hingegen als neutral. „Der emotionale Zustand wurde also gar nicht mehr erfasst“, so der Wahrnehmungspsychologe.
Mit diesem Nachteil der Schutzmaßnahme müssen wir uns angesichts der Lage wohl erst einmal abfinden. Doch Carbon zufolge könnten wir die Unfähigkeit, Emotionen zu lesen, immerhin etwas ausgleichen, indem wir die anderen Kommunikationskanäle verstärkt nutzen: „Zum Beispiel können wir vermehrt Körpersprache, Gesten und mündliche Kommunikation einsetzen, um weiterhin effektiv sozial zu interagieren“, so der Wahrnehmungspsychologe.
Quelle: Otto-Friedrich-Universität Bamberg