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Mehr SpaSS fürs Hirn!

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Mehr SpaSS fürs Hirn!
Lernen macht Spaß – wenn es nicht gerade in der Schule stattfindet. So könnte man die deutsche Misere auf den Punkt bringen. Eine illustre Riege von Hirnforschern fordert nun, das hirngerechte Lernen in die Praxis umzusetzen.

Wenn der Tübinger Pädagoge Ulrich Herrmann klarmachen will, wie das Gehirn lernt, erzählt er von einem Experiment mit Babys: Acht Wochen waren sie alt, als Forscher über ihre Bettchen Mobiles hängten – jeden Tag für jeweils zehn Minuten. Gruppe A bekam ein normales Mobile, das sich mehr oder weniger zufällig bewegte. Gruppe B bekam ein Mobile mit Motor: Es drehte sich jede Minute für fünf Sekunden. Gruppe C erhielt ein Hightech-Mobile: Es wurde angesteuert von Drucksensoren, die in die Kissen eingenäht waren, sodass die Babys es mit Kopfbewegungen in Gang setzen konnten. Als nach drei Wochen die Gruppen verglichen wurden, zeigten sich bedeutsame Unterschiede: Den Babys aus Gruppe A und B waren ihre Mobiles langweilig geworden, sie beachteten sie kaum noch. Die C-Babys jedoch rollten eifrig ihre Köpfe, guckten aufmerksam nach den Mobiles, lächelten und – sie juchzten. Im Wissenschaftlerjargon: „Sie versuchten immer wieder, durch die Artikulation von Tönen ihrem Behagen und ihrer Freude Ausdruck zu verleihen.“

Aus diesem Experiment, erklärt Ulrich Herrmann, kann man eine Reihe von Schlüssen ziehen: „Neugier leitet das Kind beim Lernen. Sie ist umso größer, je mehr sich das Kind beim Lernen aktiv betätigen kann. Und sie entsteht von selbst, muss also nicht von den Eltern geweckt werden.“ Remo Largo, ehemaliger Leiter der Abteilung Wachstum und Entwicklung am Kinderspital Zürich und erfolgreicher Buchautor („Kinderjahre“), weist seit Langem auf diese Tatsachen hin. Doch erst die Erkenntnisse der modernen Hirnforschung, so Herrmann weiter, haben dazu geführt, dass wir aus diesem Klassiker von Baby-Experiment –Anfang der Siebzigerjahre hat es der Psychologe John S. Watson an der University of California in Berkeley durchgeführt – heute noch weitere Schlüsse ziehen können, die für das Lernen in Altersgruppen wichtig sind:

· Menschen lernen Regeln, hier die Regel von Ursache und Wirkung, ohne dass man sie ihnen erklärt – einfach weil ihr Gehirn so gebaut ist. Man kann das sehr gut beobachten, wenn ein Kind die Muttersprache lernt und dabei die Regeln der Grammatik ganz von selbst herausfindet und anwendet. „Gehirne sind Regel-Extraktionsmaschinen“, bringt es der Ulmer Psychiater und Lernforscher Manfred Spitzer auf den Punkt.

· Experimentieren und Regeln extrahieren macht offensichtlich Spaß. Und auch das ist eine Eigenschaft, die unser Gehirn von Natur aus mitbringt: Lern-Aktivitäten setzen eine Batterie von Botenstoffen frei, hirneigene Drogen, die erst in den letzten Jahrzehnten systematisch erforscht worden sind.

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Zu diesen Botenstoffen gehören Noradrenalin, das die allgemeine Aufmerksamkeit steuert, Dopamin (für Neugier und Belohnungserwartung), Serotonin (Beruhigung, Wohlbefinden) und Acetylcholin (gezielte Aufmerksamkeit, Konzentration). Opioide – opiumähnliche Substanzen – scheinen beteiligt zu sein, wenn unser Gehirn neue attraktive Sinnesreize wahrnimmt und verarbeitet. Sie stellen beim Lernen die Belohnung dar, auf die uns das Dopamin scharf gemacht hat. Das „zentrale Bewertungssystem unseres Gehirns“ nennt der Bremer Gehirnforscher Gerhard Roth das ausgefeilte Wechselspiel dieser „Neuromodulatoren“. Es findet für uns heraus, was gut und lustvoll war und wiederholt werden sollte (zum Beispiel Kopfrollen zwecks Mobile-Bewegung in der Wiege) oder was wehgetan hat und besser unterbleiben sollte (Griff an die heiße Herdplatte im Krabbelalter). Beides merken wir uns. So entsteht wertvolles Wissen.

Diese Gaben der Natur sind übrigens so universell, dass sie unabhängig vom Grad der Intelligenz bei jedem vorhanden sind. Intelligente Menschen lernen lediglich schneller als weniger intelligente, aber jedes gesunde Gehirn lernt, und zwar immer. „ Es kann gar nicht anders und tut nichts lieber“, sagt Manfred Spitzer. Und nichts deutet darauf hin, dass wir diese evolutionär gut eingespielten Lernfunktionen im Laufe des Lebens je ganz verlieren. Im Gegenteil: Im Idealfall lernen wir sie immer besser zu nutzen, erkennen immer neue Regeln, speichern haufenweise Wissen und werden immer schlauer.

Die schule als Alptraum

Wie kommt es dann, dass Lernen so oft keinen Spaß macht? Dass Schule für viele Schüler ein Alptraum ist und für die Lehrer auch? „Weil dort nicht hirngerecht gelernt wird“, sagt Ulrich Herrmann. Der 67-jährige, noch immer lehrend und schreibend aktive Professor setzt seine Hoffnungen auf die Neurowissenschaft. Denn seine eigene Zunft, die Reformpädagogik, hat es bisher nicht geschafft, lustvolles und erfolgreiches Lernen an den Schulen durchzusetzen. Dabei blickt gerade sie hierzulande auf eine lange Tradition zurück. Schon 1784 gründete Christian Gotthilf Salzmann die erste deutsche Reformschule, das Landerziehungsheim Schnepfenthal bei Gotha. Im Jahr 1800 sagte – ganz hirngerecht – der Philosoph Johann Gottfried Herder, der für das Schulwesen im Weimar der Goethezeit verantwortlich war: „ Seine Gedanken kann mir der Lehrer nicht eingeben, eintrichtern; meine Gedanken muss er durch Worte wecken, also dass sie meine, nicht seine Gedanken sind.“

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts sorgte eine neue Generation von Reformpädagogen für frischen Schwung. Ihr Erbe lebt heute fast nur noch an Privatschulen und teuren Internaten fort. Dort wird frei experimentiert und gebastelt, viel geturnt, musiziert und Theater gespielt. Dort wird lustvoll und kreativ gelernt, steht die individuelle Persönlichkeit des Schülers im Mittelpunkt. In den Regelschulen grassiert dagegen vielfach die Langeweile. „Da steht einer vorne und beantwortet Fragen, die keiner gestellt hat“ , sagt Herrmann bitter. Dabei hat die neurobiologische Forschung zum Zusammenhang zwischen Emotion und Lernen für aufregende Ergebnisse gesorgt, die sich hervorragend in die Praxis umsetzen ließen, wenn man denn wollte.

1. Emotion hilft beim Merken

Bereits seit den Neunzigerjahren ist bekannt, dass Menschen Bilder zu einer Geschichte besser behalten, wenn diese Geschichte aufregend ist. In einem Experiment wurden Motive, die medizinische Behandlungen zeigten, besser erinnert, wenn sie zusammen mit einer Geschichte über einen Autounfall gezeigt worden waren als wenn es nur um eine Klinikbesichtigung ging. Medikamente, die die emotionale Reaktion dämpfen, sogenannte Beta-Blocker, machen den Lern-Effekt dagegen prompt zunichte. Positive Emotionen sind dabei wirkungsvoller als negative oder gar keine. Das hat Susanne Erk, eine Medizinerin, die heute an der Universität Bonn forscht, 2003 in einem wegweisenden Experiment in Ulm gezeigt: Ihre Versuchspersonen schauten sich Fotos an, auf denen etwa ein schmusendes Paar, ein bedrohlicher Hai oder ein neutraler Gegenstand zusammen mit einem zu lernenden Wort (wie „Bücherei“) zu sehen war. Gleichzeitig wurden die Gehirne im Magnetresonanz-Scanner durchleuchtet. Ergebnis: Die unterschiedlichen Kontexte aktivierten beim Lernen ganz unterschiedliche Hirnregionen. Begriffe mit positivem Bild-Hintergrund (Blumenwiese, Liebespaar) waren hinterher noch am besten abrufbar. Sie hatten am stärksten Strukturen rund um den Hippocampus aktiviert, eine Region, die für das Faktenlernen wichtig ist.

2. Angst blockiert die Kreativität

Angst aktiviert im Gehirn den Mandelkern (Amygdala), eine Struktur, die schnelle Flucht- und Kampfreaktionen vorbereiten hilft (bild der wissenschaft 7/2007, „Der Angst auf den Fersen“). Doch der Psychologe Klaus Fiedler, der an der Universität Heidelberg lehrt, gezeigt hat, führt sie in Lernsituationen zu einem kognitiven Stil, bei dem kreative Assoziationen blockiert sind und das Gehirn nur noch Routine-Operationen abspult. „Man sitzt in der Mathe-Prüfung und möchte am liebsten davonlaufen“, erläutert Herrmann diesen Befund. Auf eine Lösung, bei der man ein wenig um die Ecke denken müsste, kommt man in einer solchen Lage nicht.

3. Dauerstress schädigt das Gehirn

Das Stresshormon Kortisol hat positive und negative Eigenschaften. In Gefahrensituationen mobilisiert es den Körper und stellt ihm als Betriebsstoff Traubenzucker (Glukose) bereit. Ein gewisses Maß von akutem Stress ist deshalb auch für erfolgreiches Lernen gut. „Lernen muss als positive Anstrengung empfunden werden“, sagt Gerhard Roth. Wird Kortisol jedoch zu stark und zu lange ausgeschüttet, hat es geradezu toxische Wirkungen auf die Nervenzellen und insbesondere auf das Gedächtnis.

Die Folgen zeigen sich im Alter, wie erst jüngst wieder die Auswertung zweier großer Studien mit über 1000 Teilnehmern ergab, die im Juni 2007 in der Zeitschrift „Neurology“ veröffentlicht wurde: Demnach nimmt die Gedächtnisleistung im Alter umso stärker ab, je schlechter die Befragten mit Stress umgehen können. Studienleiter Robert S. Wilson vom University Medical Center in Chicago hatte bereits in einer früheren Untersuchung nachgewiesen, das chronischer Stress das Risiko für die Alzheimer-Krankheit erhöht.

Das alles ist bekannt. Dennoch sind es oftmals gerade die Stätten des Lernens, die Dauerstress produzieren. Viele der 42 000 öffentlichen Schulen in Deutschland seien zu „Orten des Grauens“ verkommen, aus denen Schüler, aber auch Lehrer, am liebsten fliehen möchten, klagt der Freiburger Psychiater Joachim Bauer, der in einer Studie die Ursachen psychosomatischer Leiden bei Lehrern erforscht hat. „Angst, unentwegter Lärm, Hetze, überzogener Leistungsdruck, Demütigungen, Einengung und die Gefahr körperlicher Gewalt“ setzten das „vegetative Panikorchester“ des Körpers in Aktion. Und er warnt: „Angst und Stress sind Bildungskiller.“

dopamin-dusche für ratten

Der Freiburger Emotions-Spezialist Bauer ist nur einer aus einer ganzen Riege von Neurobiologen, Medizinern und Hirnforschern, die sich zurzeit aus ihren Laboratorien und Kliniken wagen, um sich in die Bildung einzumischen. „ Neurodidaktik“ hat man die Denkrichtung getauft, auch wenn nicht jeder ihrer Vertreter mit dem Begriff glücklich ist. Der Magdeburger Neurobiologe Henning Scheich gehört dazu. Aus seinen Versuchen mit Mäusen weiß er, dass sogar Nager „unter der Dopamin-Dusche“ ihres kleinen Hirns besser lernen und empfiehlt diese Dusche lernenden Menschen. Gerhard Roth aus Bremen wird nicht müde, den Zusammenhang von „Fühlen, Denken, Handeln“ (so ein Buchtitel) zu erklären und auf das Lernen anzuwenden.

Der bekannteste Vertreter der neuen Schule ist Manfred Spitzer. Er ist auch der Engagierteste und Konsequenteste. Im April 2004 hat er ein Forschungsinstitut ins Leben gerufen, das eine Lücke füllen soll: Es soll die Ergebnisse der Hirnforschung endlich in die Praxis umsetzen. Transferzentrum für Neurowissenschaften und Lernen (ZNL) heißt es und ist in einer ehemaligen Kaserne in Ulm untergebracht. Geschäftsführer Michael Fritz hat 17 Jahre als Grund- und Hauptschullehrer gearbeitet, kommt also direkt aus der Praxis und hat sich eine gewisse Distanz zur Wissenschaft bewahrt. „Neurodidaktik sollte man das nicht nennen, was wir hier machen“, sagt er. „Die Kunst des Lehrens und Lernens kann man nicht direkt aus dem Hirnscanner ableiten.“ Aber eine „Veränderung der Praxis“ hin zu einer „ besseren Schule“ – das traut er sich und seiner Mitstreiterin Katrin Hille durchaus zu.

Hille ist die Forschungsleiterin des ZNL, eine junge Psychologin mit Doktortitel, die mitreißend und leidenschaftlich argumentieren kann. „Empirie in die Pädagogik zu bringen, ist schwer“, sagt sie, „denn in ein Schule kann man die Bedingungen längst nicht so gut kontrollieren wie im Labor.“ Dennoch versucht sie genau das. „Wir haben zwei kleine Schüler verkabelt, um ihren Herzschlag zu messen“, berichtet sie. In einer kleinen „ explorativen Studie“, die an einer der 150 Partnerschulen des ZNL durchgeführt wird, werden im Fach Deutsch drei unterschiedliche Lernmethoden verglichen: Gruppenarbeit, selbstständiges Lernen mit dem Arbeitsblatt und Frontalunterricht. Hille verspricht sich objektive Daten über die emotionale Beteiligung der Sechstklässler: Wann sind sie aufmerksam bei der Sache? Wann gelangweilt? Wann gestresst? Dazu wird mit mobilen Messgeräten ihr EKG abgeleitet, ihr Puls und der Hautwiderstand als Maß für die Erregung gemessen. Videokameras zeichnen die ganze Szene auf. Mit ersten Ergebnissen rechnet die Psychologin im Herbst. Ein Detail fiel ihr jedoch sofort ins Auge: „Der Herzschlag ging immer dann hoch, wenn die Lehrerin den Schülern über die Schulter schaute.“

wie der könig persönlich

Doch nicht nur die Emotionen beim Lernen sind Gegenstand des Interesses in Ulm. Geforscht wird auch zu Sprachentwicklung und Lese-Rechtschreib-Schwäche, zu den Auswirkungen von Bewegung und Ernährung auf das Lernen sowie zu den Grundlagen des Gedächtnisses. Außerdem evaluieren die Wissenschaftler neue Lernkonzepte an den Schulen, etwa das „szenische Lernen“, bei dem sich Schüler beispielsweise eine geschichtliche Epoche wie den Absolutismus erarbeiten, indem sie im Klassenraum wie König Ludwig XIV. persönlich posieren. Das Geld für die lange Liste von Forschungsvorhaben kommt von den beiden Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen, dem Europäischen Sozialfonds und auch von Stiftungen. Der Sozialfonds möchte von den Ulmern zum Beispiel wissen, wie die Fortbildung älterer Arbeitnehmer aussehen sollte, denn deren Zahl wird fortwährend größer. Die Psychologin, die daran forscht, heißt Christina Maier. Für ihre Doktorarbeit legen sich Freiwillige aller Altersgruppen von 20 bis 75 in den Hirnscanner an der Psychiatrischen Klinik in Ulm.

An einem Nachmittag im Juli liegt ein Student in der Röhre. Die Wissenschaftlerin zeichnet seine Hirnaktivitäten auf, während er Fotos aus einer Gesichter-Datenbank betrachtet und sich die dazugehörigen Allerweltsnamen wie „Robert“ oder „Renate“ einzuprägen versucht. Die Zahl der Gesichter wird immer weiter erhöht und die Lernzeit verknappt, „bis das System zusammenbricht“ , sagt die Psychologin. Der Student schlägt sich tapfer. Doch wie werden die 50-Jährigen die Aufgabe bewältigen? Wie die 60-Jährigen? Und die Rentner? Ein vorläufiger Trend zeichnet sich bereits ab: „Die Jüngeren können die Aktivität ihres Hippocampus hochfahren, wie man mit einem Dimmer das Licht hochfährt“, erklärt Maier. „Bei den Älteren funktioniert der Hippocampus eher wie ein Kippschalter. Die Aktivität ist von vornherein hoch und lässt sich nicht weiter steigern.“

spasspädagogik hat erfolg

Doch die individuellen Unterschiede zwischen den älteren Teilnehmern sind enorm. Es gibt jung gebliebene Seniorengehirne und früh vergreiste. Ob diese Unterschiede in den Genen liegen, am Lebensstil oder an beidem, wird derzeit auch am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin intensiv erforscht. In Ulm tippt man auf das Kortisol. Blutuntersuchungen haben gezeigt, dass womöglich das Stresshormon schuld daran ist, wenn reife Hirne unflexibel werden. So lassen sich aus Christina Maiers Studie bereits zwei Folgerungen für das Lernen im Alter ziehen: Es muss maßgeschneidert erfolgen, angepasst an das individuelle Leistungsniveau. Und: Gerade Ältere sollten unter stressreduzierten Bedingungen lernen, also etwa auf erholsame Pausen achten.

„Spaßpädagogik“ würde Ulrich Herrmann dazu sagen. Der jung gebliebene Senior unter den deutschen Lernforschern scheut sich nicht vor dem lustigen, aber etwas verpönten Begriff. „Der Kern einer modernen und erfolgreichen Spaßpädagogik ist, dass sie Lust macht auf fortgesetztes Lernen. Hier steht der Lernende im Mittelpunkt und nicht der Stoff, der im Lehrplan steht.“ Schließlich sind wir im Kopf doch alle gepolt wie die Babys, die auf dem Kissen rollen, um ein Mobile tanzen zu sehen.

Judith Rauch

Ohne Titel

Der 1958 in Darmstadt geborene Arzt ist der bekannteste Lernforscher Deutschlands. Er hat ein Diplom in Psychologie und zwei Doktortitel: in Medizin und in Philosophie. Spitzer ist verheiratet, hat fünf Kinder und nennt als Hobbys die Sportfliegerei und das Musizieren mit selbstgebauten Instrumenten. Man fragt sich, wie er das alles schafft. Denn der Mann leitet im Hauptberuf eine psychiatrische Klinik in Ulm – „ die kleinste psychiatrische Uniklinik Deutschlands“, wie die Homepage vermeldet – und im Nebenberuf das von ihm gegründete Transferzentrum für Neurowissenschaft und Lernen (ZNL). Außerdem hält er als Professor Vorlesungen in Psychiatrie, schreibt wissenschaftliche Arbeiten sowie populäre Bücher über das Gehirn, die Musik und die Gefahren der Bildschirm-Medien. Dieser Gefahren ungeachtet moderiert er eine wöchentliche Fernsehsendung. Sie heißt „Geist & Gehirn“ und wird von BR-alpha ausgestrahlt.

Ohne Titel

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Auf engste Verflochten sind im Gehirn Strukturen, die mit Lernen und Gedächtnis zu tun haben, und Zentren, die Affekte und Gefühle vermitteln. Mitten durchs Hirn schlängelt sich der Hippocampus, der zentrale Organisator aller bewusstseinsfähigen Gedächtnisinhalte (Fakten, Episoden, Vertrautheit). Ihm ganz eng benachbart ist der Mandelkern (Amygdala), der bei Gefahr anspringt und automatische Flucht- und Kampfreaktionen triggert. Das Mesolimbische System dagegen ist die „Spaßbahn“ beim Lernen: Im unteren Tegmentum wird Dopamin, der Stoff der Belohnungserwartung, gebildet. Spezielle Nervenstränge transportieren das Dopamin sowohl in den Nucleus accumbens, der Opioide bilden kann, als auch direkt ins Frontalhirn, wo die Opioide als Belohnung ausgeschüttet werden. Vom Locus coeruleus aus steuern Nerven, die Noradrenalin freisetzen, die Aufmerksamkeit. Sie aktivieren Spaß- und Stressbahn gleichermaßen. An der Stressreaktion beteiligt sind die Hypothalamischen Kerne und die Hirnanhangdrüse (Hypophyse). Sie gibt einen Botenstoff ins Blut ab, der die Ausschüttung des Stresshormons Kortisol aus den Nebennieren bewirkt.

Ohne Titel

· Das Gehirn lernt von selbst, am liebsten durch Ausprobieren und Suchen nach Regeln.

· Ein hirneigenes Belohnungssystem sorgt dabei für gute Stimmung.

· Leichter Stress ist gut fürs Lernen, Dauerstress schädigt Nerven und Gedächtnis und macht das Gehirn unflexibel.

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