Die Forscher um Hauke Egermann von der Technische Universität Berlin haben ihre Studie mit der Unterstützung von Pygmäen durchgeführt, die noch nie zuvor Kontakt mit westlicher Musik und Kultur gehabt haben. Ebenso war den kanadischen Probanden der Studie die Musik der Pygmäen gänzlich unbekannt. „Wir wollten herausfinden, wie die Musik der Pygmäen und die westliche Musik auf beide Gruppen wirkt, um eventuell eine Antwort zu finden auf die Frage, ob die durch die Musik hervorgerufenen Gefühle angeboren sind, also universell, oder angelernt und somit kulturspezifisch“, erklärt Egermann.
Der Effekt ungewohnter Klänge
Bei den Experimenten lauschten die kanadischen Teilnehmer Musikstücken der Pygmäen, denen diese Menschen folgende Charakteristika zuordnen: Schlaflied, Musik, um den Zorn zu besänftigen, Musik zur Unterhaltung, Musik gegen die Angst, Musik zur Beerdigung, Musik gegen die Traurigkeit und so weiter. Hier ein Beispiel: Die Pygmäen-Probanden bekamen im Gegenzug einige klassische Stücke mit unterschiedlichem Temperament zu hören sowie auch moderne westliche Melodien: Musik aus dem Film „Starwars“, Soundtrack des Films „Psycho“, Soundtrack des Films „Schindler’s Liste“. Um die Wirkung zu erfassen, wurden bei den Probanden die physiologischen Parameter Hautleitwert sowie Herz- und Atemrate gemessen. Darin spiegelt sich der Grad der körperlichen Erregung wider. Außerdem sollte jede Versuchsperson beurteilen, welche subjektive emotionale Wirkung die Musik hervorruft. Zum Verglich bekamen beide Gruppen auch ihre jeweils eigne Musik vorgespielt.
Ergebnis: Ob ein Musikstück subjektiv als fröhlich oder traurig, feierlich oder romantisch empfunden wird, ist absolut individuell. „Nach unserem Experiment muss die landläufige Behauptung, Musik sei eine universelle Sprache der Gefühle, in dieser Grundsätzlichkeit revidiert werden“, so Hauke Egermann. Anders ist dies offenbar beim Aspekt, wie anregend Musik empfunden wird. Insbesondere die Musikausschnitte, die auf die westlichen Hörer erregend wirkten, führten auch bei den Pygmäen zu einer Erhöhung des subjektiven Erregungsgrades, berichten die Forscher. „Dementsprechend war die körperliche Reaktion beider Versuchsgruppen: Je stimulierender die Probanden die Musik empfanden, desto höher waren bei allen Herz- und Atemrate sowie Hautleitwert“, so Egermann.
Sowohl universelle als auch kulturgeprägte Effekte
Der Forscher kommt abschließend zu dem Fazit: „Musik besitzt Eigenschaften, die unabhängig von der kulturellen Prägung wirken, sodass wir sagen würden, ja, die Musik verfügt über universelle Aspekte.“ In der Studie waren dies die Klangfarbe, die Tonhöhe sowie das Tempo, welche eine ähnliche Wirkung bei den Hörern beider Gruppen erzeugten. Die subjektive emotionale Wirkung der Musik ist hingegen eher kulturspezifisch geprägt, sagt der Forscher: Sie ist davon beeinflusst, welche kulturelle Bedeutung die Musik hat, mit der man aufgewachsen ist.
Quelle: Mitteilung der Technischen Universität Berlin