Bei vielen Kindern in der Region der oberitalienischen Kleinstadt Seveso ist die Schilddrüsenfunktion gestört. 1976 waren aus einer Chemiefabrik dort große Mengen hochgiftiger Dioxine ausgetreten. Ein italienisch-amerikanisches Forscherteam um Andrea Baccarelli von der Universität Mailand hat jetzt die Spätfolgen des Unglücks untersucht. Dazu beobachteten die Wissenschaftler zwischen 1994 und 2005 insgesamt 3544 Frauen, die sie in drei Gruppen einteilten: Frauen, die wegen ihres Wohnorts beim Unfall sehr hohen Dioxin-Konzentrationen ausgesetzt waren, solche, die mäßig belastet waren, und schließlich die Referenzgruppe mit Frauen, die nicht mit Dioxin in Berührung gekommen waren. Die Probandinnen hatten im Untersuchungszeitraum 1014 Kinder zur Welt gebracht. Im Blut dieser Kinder bestimmten die Forscher den Wert des Hormons Thyreotropin (TSH), eines Steuerungshormons der Schilddrüse. Zu hohe Werte können Wachstumsstörungen auslösen oder die geistige Entwicklung bremsen.
Baccarelli stellte bei jedem sechsten Kind von einer Mutter aus der am stärksten kontaminierten Zone erhöhte TSH-Werte fest. In der zweiten Kategorie war es jedes 20. Kind, in der dritten nur jedes 36. Kind. Baccarelli fordert weitere Untersuchungen, um herauszufinden, ob und wie sich die erhöhten Werte auf das Wachstum und die geistige Entwicklung der Kinder ausgewirkt haben.