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Erste Ansätze gegen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit

Gesundheit|Medizin

Erste Ansätze gegen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit
Antikörper
Antikörper sollen den Hirnabbau bei Creutzfeldt-Jakob bremsen. © Gilnature/ iStock

Gegen die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK), bei der fehlgefaltete Eiweiße das Gehirn zerstören, gibt es bislang keine Therapie. Forscher haben nun einen monoklonalen Antikörper entwickelt, der die Schäden im Gehirn begrenzen soll. Im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung haben sie diese Therapie an sechs CJK-Patienten getestet – mit vielversprechenden Ergebnisse. Zwar erlagen alle Patienten ihrer Krankheit, die Antikörper erreichten aber zuvor das Gehirn und könnten bei drei Testpersonen die Verschlechterung der Symptome verlangsamt haben. Zudem blieben Nebenwirkungen aus. Klinische Studien mit mehr Patienten sollen nun folgen.

Bei der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) bilden sich im Gehirn fehlgefaltete Proteine, sogenannte Prionen. Diese lagern sich an andere Proteine an, sodass diese ebenfalls fehlgefaltet werden und sich die Krankheit im Gehirn ausbreitet. Hirnscans Betroffener zeigen, dass sich das Gehirn schwammartig zersetzt – ähnlich wie bei Rindern, die unter der ebenfalls von Prionen verursachten Bovinen Spongiformen Enzepahalopathie (BSE) leiden. Zu den Symptomen zählen eine schnell voranschreitende Demenz, unkontrollierbare Muskelbewegungen und psychische Auffälligkeiten.

Übertragen werden kann die Krankheit unter anderem durch den Verzehr von Rindfleisch, das mit BSE-Erregern verseucht ist, sowie durch Bluttransfusionen oder Transplantationen von einem Spender, der an einer unentdeckten CJK litt. Bei der familiären CJK erhöhen Mutationen im Erbgut das Risiko für fehlgefaltete Proteine. Zudem tritt die Krankheit in seltenen Fällen spontan ohne erkennbare Ursache auf, insbesondere bei Menschen über 60 Jahren. Eine Therapie gibt es bislang nicht. Die meisten Betroffenen sterben innerhalb weniger Monate nach der Diagnose.

Antikörper gegen Prionen

Ein Team um Simon Mead vom University College London hat nun einen möglichen Behandlungsansatz entwickelt und an sechs Patienten erprobt. Dazu entwickelten die Forscher einen monoklonalen Antikörper namens PRN100, der in der Lage ist, an eben jene Eiweiße im Gehirn zu binden, die fehlgefaltet die krankhaften Prionen bilden. Vorangehende Studien in Zellkulturen und Mäusen hatten ergeben, dass der Antikörper gesunde Proteine davor schützen kann, sich ebenfalls fehlzufalten. Auf diese Weise, so die Hoffnung der Forscher, könnte sich die Ausbreitung der Krankheit im Gehirn eindämmen lassen.

„Zwischen Oktober 2018 und Juli 2019 behandelten wir sechs Patienten, zwei Männer und vier Frauen, mit PRN100“, berichten Mead und seine Kollegen. Da es sich um die erste Erprobung am Menschen handelte, steigerten sie die Dosis langsam und überwachten genau, ob Nebenwirkungen auftraten. Beginnend bei einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht erhöhten die Forscher die Dosis nach und nach auf bis zu 120 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. „Unsere vorsichtige Dosissteigerung bedeutete, dass es sehr lange dauerte, bis die Zielkonzentration des Medikaments im Liquor erreicht war“, erklären die Forscher. Zwei Patienten starben an ihrer Krankheit, bevor die Zielkonzentration erreicht war, einer davon nach sieben Tagen, einer nach 30 Tagen. Die anderen Patienten wurden zwischen 50 und 260 Tage lang behandelt, bevor sie ihrer Erkrankung erlagen. Bei keinem von ihnen traten Nebenwirkungen auf.

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Symptome stabilisiert

Bei allen Patienten bewerteten Mead und seine Kollegen regelmäßig, wie weit die Krankheit fortgeschritten war. Dazu nutzten sie die sogenannte Prion Disease Rating Scale, eine standardisierte Untersuchungsmethode, um die motorischen und kognitiven Fähigkeiten zu erfassen. Die Ergebnisse verglichen sie mit historischen Kontrollen: Für eine frühere Studie zum Verlauf der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit waren zwischen 2008 und 2018 die gleichen Tests mit unbehandelten Patienten durchgeführt worden. Mead und sein Team suchten als Vergleichspersonen jeweils solche Patienten heraus, die den behandelten in Bezug auf Alter, Geschlecht, Krankheitsstadium und weitere Merkmale ähnelten.

„Obwohl das Fortschreiten der Krankheit bei keinem Patienten aufgehalten oder rückgängig gemacht werden konnte, schienen sich die Werte auf der Prion Disease Rating Scale bei drei Patienten in den Zeiträumen zu stabilisieren, in denen die Liquorkonzentrationen des Medikaments die Zielkonzentration erreichten“, berichten die Forscher. Aufgrund der geringen Anzahl an Probanden waren statistische Analysen allerdings nicht sinnvoll möglich. Überdies wurde das Medikament nicht im Rahmen einer klinischen Studie verabreicht, sondern mit einer Ausnahmegenehmigung, die die Verwendung eines nicht zugelassenen Medikaments bei Patienten erlaubte, für die keine andere Therapieoption zur Verfügung steht.

Grundlage für klinische Studien

„Wir haben noch einen langen Weg vor uns, aber wir haben viel gelernt, und diese Ergebnisse rechtfertigen nun die Durchführung einer formellen klinischen Studie mit einer größeren Anzahl von Patienten“, sagt Meads Kollege John Collinge. Er hofft, dass das Medikament tatsächlich gegen die Krankheit hilft und womöglich auch vorbeugend bei Personen eingesetzt werden kann, die durch genetische Mutationen oder Kontakt mit Prionen ein hohes Erkrankungsrisiko haben. Zudem könnte die Forschung für andere neurodegenerative Krankheiten relevant sein, an denen ebenfalls fehlgefaltete Proteine im Gehirn beteiligt sind, darunter die Alzheimer-Demenz.

Quelle: Simon Mead (University College London, UK) et al., Lancet Neurology, doi: 10.1016/PIIS1474-4422

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