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Forscher züchten Mini-Plazenten

Gesundheit|Medizin

Forscher züchten Mini-Plazenten
Das Ungeborene wird über die Plazenta unter anderem mit wichtigen Nährstoffen versorgt. (Bild: 7activestudio/ istock)

Ohne die Plazenta ist der Embryo im Mutterleib nicht lebensfähig – doch Forschern gibt dieses wichtige Organ bis heute Rätsel auf. Nun ist es einem Team gelungen, vereinfachte und erstaunlich langlebige Plazenta-Nachbildungen im Labor zu züchten. Diese sogenannten Organoide könnten künftig als Modelle dienen, um die Entwicklung des Mutterkuchens genauer zu erforschen. Damit ergeben sich womöglich auch neue Hinweise auf die Ursachen früher Schwangerschaftskomplikationen.

Die Plazenta ist die wesentliche Schnittstelle zwischen Mutter und Ungeborenem: Sie versorgt das Kind während der Schwangerschaft mit Nährstoffen und Sauerstoff. Auch wichtige Antikörper zum Schutz vor Krankheiten werden über dieses Organ von der Schwangeren auf ihr Kind übertragen. Zudem produziert der Mutterkuchen unterschiedliche Schwangerschaftshormone – Botenstoffe, die dafür sorgen, dass der Embryo vom mütterlichen Immunsystem nicht angegriffen wird und ungehindert wachsen kann. Erfüllt die Plazenta all diese wichtigen Aufgaben nicht, ist der Embryo nicht lebensfähig. Es scheint daher nicht verwunderlich, dass viele Komplikationen während der Schwangerschaft durch Probleme mit dem Mutterkuchen entstehen. So gehen beispielsweise Totgeburten häufig auf ein abnormales Wachstum der Plazenta zurück.

Ein Modell für die Forschung

Wie genau solche Komplikationen zustande kommen, ist bisher jedoch erst in Teilen verstanden. „Wir wissen einfach viel zu wenig über dieses wichtige Organ, weil geeignete Funktionsmodelle für die Forschung fehlen“, sagt Margherita Turco von der University of Cambridge. Um dies zu ändern, versuchen Wissenschaftler seit Jahren sogenannte Organoide zu entwickeln – kleine und vereinfachte Nachbildungen der Plazenta. Turco und ihren Kollegen ist in diesem Zusammenhang nun ein entscheidender Erfolg gelungen: Sie haben es geschafft, erstaunlich langlebige Mini-Plazenten im Labor zu züchten. Zu diesem Zweck entnahmen die Forscher sogenannte Trophoblasten-Zellen aus menschlichem Plazentagewebe, die sie anschließend zu einer 3-D-Struktur heranwachsen ließen.

Wie sie berichten, differenzierten sich die Trophoblasten in speziellen Nährmedien über einen Zeitraum von zehn bis 14 Tagen in unterschiedliche Zelltypen und bildeten zottenähnliche Strukturen aus, wie sie auch im echten Mutterkuchen vorkommen. Demnach gleicht die Nachbildung einer menschlichen Plazenta im ersten Trimester der Schwangerschaft. Die Organoide kommen dem Original dabei aber nicht nur in struktureller Hinsicht bereits sehr nahe: Sie sondern auch Plazenta-typische Hormone ab. Die Sekretion dieser Botenstoffe ließ sich den Wissenschaftlern zufolge sogar über einen herkömmlichen Schwangerschaftstest nachweisen.

Vorteil Langlebigkeit

Ein besonderer Pluspunkt der Mini-Plazenten ist ihre Langlebigkeit. So konnten Turco und ihr Team nachweisen, dass die Organoid-Kulturen auch nach einem Jahr noch gesund waren und weiter wuchsen. „Diese Möglichkeit der Langzeitkultur ist ein entscheidender Vorteil gegenüber anderen Modellen der frühen Plazenta, die meist nur wenige Tage in Kultur gehalten werden können“, kommentiert der nicht an der Studie beteiligte Zellbiologe Berthold Huppertz von der Medizinischen Universität Graz. „Damit werden Plazenta-Organoide ihren festen Platz in der Plazentaforschung bekommen.“

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Diese Hoffnung haben auch die Studienautoren selbst: „Die Mini-Plazenten werden uns dabei helfen, die frühen Stadien der Schwangerschaft besser zu verstehen“, sagt Mitautor Graham Burton. Dadurch könnten sich vor allem neue Erkenntnisse über die Entwicklung der mütterlichen Plazenta und damit verbundene Erkrankungen ergeben. „Womöglich ergeben sich Hinweise auf die Entstehung von Schwangerschaftskomplikationen, von denen wir bisher nur erahnen, wie sie in der Frühschwangerschaft entstehen“, schließt Huppertz.

Quelle: Margherita Turco (University of Cambridge) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-018-0753-3

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