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HIV: Nur noch eine Pille pro Woche

Gesundheit|Medizin

HIV: Nur noch eine Pille pro Woche
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Bei der HIV-Therapie müssen Infizierte täglich einen ganzen Cocktail an Wirkstoffen schlucken (Foto: alexskopje/ iStock)
Bisher müssen HIV-Infizierte täglich Tabletten schlucken, um den Ausbruch von Aids zu verhindern. Dies ist eine Belastung, die zu vielen Problemen und Therapieabbrüchen führt. Jetzt jedoch ist Abhilfe in Sicht: Forscher haben eine HIV-Therapie entwickelt, bei der nur noch einmal in der Woche eine Kombi-Pille eingenommen werden muss. Sie gibt drei verschiedene Wirkstoffe in zeitlich gestaffelten Dosen frei. Erste Tests bei Schweinen waren bereits erfolgreich, jetzt sollen klinischen Studien mit Menschen folgen.

Auch wenn man bei uns nur noch wenig davon hört: Aids ist nicht passé. Noch immer leben weltweit Millionen Menschen mit HIV, allein im Jahr 2015 steckten sich 2,1 Millionen Menschen neu mit dem HI-Virus an. 1,2 Millionen Menschen starben im gleichen Jahr an der Krankheit – die meisten davon in Afrika. Der Grund: Dort fehlt es an Geld und an Zugang zu wirksamen Medikamenten gegen HIV. Denn inzwischen ist HIV längst nicht mehr automatisch ein Todesurteil, wie noch in den 1980er Jahren. Mit der Entwicklung wirksamer antiviraler Therapien lässt sich das Aids-Virus im Körper so weit unterdrücken, dass die betroffenen Patienten ein weitgehend normales Leben führen können und auch für andere nicht mehr ansteckend sind. Werden diese Mittel prophylaktisch genommen, könne sie auch bisher nicht HIV-Infizierte vor einer Ansteckung schützen.

Durchhalten ist das Problem

Doch die HIV-Therapie hat bisher einen großen Haken: Sie funktioniert nur dann, wenn HIV-Infizierte die Tabletten lebenslang und täglich einnehmen – und daran hapert es oft. „Eine der Hauptbarrieren für eine erfolgreiche Behandlung und Vorbeugung von HIV ist die mangelnde Einhaltung des Therapie-Regimes“, erklären Ameya Kirtane vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge und seine Kollegen. „Im Durchschnitt halten nur rund 70 Prozent der Patienten dies durch – und dies sowohl in reichen wie in armen Ländern.“ Zwar haben Mediziner die HIV-Therapie schon soweit vereinfacht, dass Infizierte teilweise nur noch eine Pille pro Tag statt einer ganzen Handvoll einnehmen müssen. Aber auch dies ist für einige Patienten offenbar schwierig durchzuhalten.

Abhilfe könnte nun eine neuartige Kombi-Pille schaffen, die Kirtane und seine Kollegen entwickelt haben. Sie kann bis zu sechs verschiedene Wirkstoffe enthalten und diese nach und nach zu bestimmten Zeiten abgeben. „Im Prinzip ist dies, als wenn man eine ganze Pillenbox in diese Kapsel packt“, erklärt Seniorautor Giovanni Traverso vom MIT. „Man hat Kammern für jeden Tag der Woche in einer einzigen Kapsel.“ Möglich wird dies durch ein raffiniertes Design der Kombi-Kapsel. Sie besteht aus einem sternförmigen Polymergerüst, dessen sechs Arme zu Wirkstoffcontainern umfunktioniert sind. Im Ausgangszustand sind alle Arme eingeklappt, so dass die Kapsel problemlos geschluckt werden kann. Im Magen faltet sich der Stern auf und verhindert so den Weitertransport der Kapsel durch den Darm. Im Verlauf von mehreren Tagen gibt diese Kapsel nun ihre Wirkstoffe ab, bevor sie selbst zerfällt und ausgeschieden wird.

Erste Tests positiv

Die Wissenschaftler haben diese Stern-Kapsel nun so weiterentwickelt, dass die sechs Arme unterschiedliche Arzneien enthalten und sie dank unterschiedlich schnell löslicher Polymerhüllen in bestimmter Reihenfolge abgeben. Im konkreten Fall befüllten sie sie mit den gängigen antiretroviralen Wirkstoffen Dolutegravir, Rilpivirin und Cabotegravier. In einem ersten Test verabreichten die Forscher diese Kombi-Kapseln Schweinen und untersuchten, wie gut die Freigabe der HIV-Mittel funktionierte und in welchen Zeitverläufen die Konzentrationen dieser Mittel im Blut der Tiere anstiegen. Das Ergebnis war positiv: Über eine Woche hinweg gab die Kapsel die Wirkstoffe verzögert ab. „Dieses Dosiersystem funktionierte in diesem Tiermodell genauso gut oder sogar besser als die bisherigen täglichen Dosen der HIV-Therapie“, berichtet Traverso.

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Noch hat sich die neue Kombi-Kapsel nur bei Schweinen bewährt – klinische Tests mit menschlichen Probanden müssen nun folgen. Doch die Forscher sind optimistisch, dass ihre Technik sich auch im klinischen Einsatz bewähren wird. „Wir sind angesichts unserer bisherigen Ergebnisse sehr zuversichtlich, sagt Koautor Robert Langer vom MIT. „Die klinische Anwendung dieser Strategie könnte einen Paradigmenwandel in der HIV-Therapie und Prävention bedeuten.“ In einem mathematischen Modell haben die Wissenschaftler ausgerechnet, dass allein die Umstellung auf eine nur noch wöchentliche vorbeugende Einnahme der HIV-Medikamente die Effizienz der Prävention um 20 Prozent erhöhen könnte. Allein in Südafrika könnten ihren Angaben nach dadurch in den nächsten 20 Jahren zwischen 200.000 und 800.000 Neuinfektionen vermieden werden.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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