Anzeige
1 Monat GRATIS testen, danach für nur 9,90€/Monat!
Startseite »

Kratzen ist keine Lösung

Gesundheit|Medizin

Kratzen ist keine Lösung

Ein juckender Wollpullover oder ein Mückenstich können empfindliche Zeitgenossen schier in den Wahnsinn treiben. Noch viel schlimmer von Juckreiz betroffen sind Menschen mit Hautkrankheiten wie Neurodermitis, Nesselsucht oder Schuppenflechte. Auch Dialyse-Patienten und Leberkranken macht der quälende Reiz oft schwer zu schaffen.

Jucken ist zwar ein alltägliches Phänomen, aber wissenschaftlich schwierig zu erforschen. Das musste Elke Weisshaar, Hautärztin am Uniklinikum Heidelberg, feststellen, die dazu im letzten Jahr einen Kongress organisierte: „Wie Juckreiz entsteht, wissen wir bis heute nicht genau. Aber inzwischen ist immerhin klar geworden, dass es sich nicht einfach um einen Schmerzreiz handelt.“ Wenn die Haut juckt, leiten eigene Juckreiz-Nerven Impulse an das Rückenmark, von wo diese weiter ins Gehirn gelangen. Schmerzleitende Bahnen sind daran nicht beteiligt.

Einige Auslöser sind bereits identifiziert. Der bekannteste ist Histamin: Die Juckreiz-Nerven verfügen über eigene Rezeptoren für dieses Gewebshormon. Es wird bei allergischen Reaktionen verstärkt ausgeschüttet. Daher juckt es Heuschnupfen-Geplagten an Augen und Nase. Auch bei Neurodermitis führt ein erhöhter Histamin-Spiegel zu dem ständigen Drang, sich zu kratzen. Und wenn ein Mückenstich juckt, ist dafür ebenfalls das im Gift-Cocktail der Insekten enthaltene Histamin verantwortlich.

Auch andere Boten- und Entzündungsmoleküle sowie Abfallstoffe des Stoffwechsels können die Juckreiz-Nerven stimulieren: • Nierenkranken müssen sich ebenfalls häufig am ganzen Körper kratzen, da sich bei ihnen Schadstoffe ansammeln. Auch bei Krebserkrankungen oder einer Leberzirrhose können Substanzen freigesetzt werden, die Juckreiz auslösen.

• Allerdings spielt nach einer norwegischen Studie die Psyche eine große Rolle: Wer ein enges soziales Netz und wenig belastende Probleme hat, bei dem juckt die Haut seltener.

Anzeige

Und was hilft gegen die Pein? Weisshaar: „Kratzen ist jedenfalls keine Lösung, weil das Hautinfektionen begünstigt.“ Sehr gut wirken kühlende Salben, die Menthol oder Kampher enthalten, ebenfalls spezielle Kühlgels oder -sprays. Hilfreich sind auch Gerbstoff-Präparate mit Capsaicin, dem Wirkstoff aus der Chili-Schote. Weniger hält die Hautärztin von den weit verbreiteten rezeptfreien Antihistaminika-Salben: „Bei einem Mückenstich sind diese vertretbar. Aber bei starkem chronischen Juckreiz ist ihre Wirksamkeit bisher nicht eindeutig belegt.“ Unklar ist beispielsweise, ob die äußerlich aufgetragenen Histamin-Hemmer überhaupt in tiefere Hautschichten vordringen können. Wenn diese Salben den Juckreiz trotzdem kurzfristig stillen, dürfte das eher an ihrer kühlenden Wirkung liegen. Auf dem Kongress in Heidelberg haben die Experten auch neue und bessere Therapie- Ansätze vorgestellt: Beispielsweise mildert UV-Bestrahlung das Jucken. Die Strahlen scheinen Entzündungsreaktionen in der Haut zu bremsen, und nach mehrmaliger Behandlung nimmt sogar die Zahl der Juckreiz-Nerven ab. Dr. Ulrich Fricke

COMMUNITY Lesen

Uwe Gieler

Die Sprache der Haut

Das Wechselspiel von Körper und Seele

Walter-Verlag 2005

€ 16,–

Kontakt

Dr. Elke Weisshaar

Uniklinikum Heidelberg

Abt. Klinische Sozialmedizin

Thibautstraße 3

69115 Heidelberg

www.aks.dermis.net

Anzeige

Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Dossiers
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

hoch|qua|li|fi|ziert  auch:  hoch qua|li|fi|ziert  〈Adj.〉 eine hohe Qualifikation aufweisend … mehr

Fel|sen|blüm|chen  〈n. 14; Bot.〉 Angehöriges einer artenreichen Gattung der Kreuzblütler mit weißen od. hellgelben Blüten: Draba

♦ Zy|klo|ly|se  〈f. 19〉 Auflösung einer Zyklone

♦ Die Buchstabenfolge zy|kl… kann in Fremdwörtern auch zyk|l… getrennt werden.
» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige