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Mikrobiom auch in Gebärmutter und Co

Gesundheit|Medizin

Mikrobiom auch in Gebärmutter und Co
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Bisher galten die inneren FOrtpfalnzungsorgane der Frauen als weitgehend steril. Doch das ist nicht der Fall, wie sich nun zeigt. (Grafik: Palmihelp/iStock)
Wir tragen ständig Milliarden von Mitbewohnern mit uns herum: Bakterien, die in unserem Verdauungstrakt, auf unserer Haut und auf anderen Organen leben. Jetzt haben Forscher erstmals auch das Mikrobiom in einem bisher eher als steril geltenden Lebensraum unseres Körpers untersucht: dem weiblichen Fortpflanzungstrakt. Dabei zeigte sich: Entgegen bisherigen Annahmen wimmelt es auch in Gebärmutter, Eileitern und in der Umgebung dieser Organe von Bakterien.

Der weibliche Fortpflanzungs-Apparat ist eine Eintrittspforte in den Körper – und damit potenziell durch eindringende Krankheitserreger gefährdet. Denn über die Vagina und den Gebärmutterhals könnten sie direkt in die Gebärmutter, die Eileiter und darüber bis zu den Eierstöcken und in den Bauchraum vordringen. Die Natur hat dagegen jedoch eine effektive Barriere entwickelt: In der Vagina leben Millionen Milchsäurebakterien, die das Scheidenmilieu sauer machen. „Die von ihnen produzierte Milchsäure trägt dazu bei, den pH-Wert auf 3,5 bis 4,5 abzusenken“, erklären Chen Chen von der Nationalen Genbank Chinas in Shenzhen und seine Kollegen. „Das begrenzt das Wachstum potenziell schädlicher Bakterien.“ Diese Säurebarriere hindert diese Mikroben daran, über den Muttermund weiter in den weiblichen Körper einzudringen. Die inneren Fortpflanzungsorgane sind daher weitgehend steril – so dachte man jedenfalls bisher. Ob das jedoch stimmt, war unbekannt, denn eine Probennahme ist ohne chirurgischen Eingriff kaum möglich.

Von wegen steril

Um zu klären, ob es auch in Gebärmutter, Eileitern und Co ein Mikrobiom gibt, haben nun Chen und seine Kollegen die Fortpflanzungsorgane von 95 Chinesinnen untersucht. Weil bei diesen Frauen ohnehin minimalinvasive Eingriffe durchgeführt wurden, nutzten die Forscher die Chance, dabei auch Gewebe- und Flüssigkeitsproben an sechs Stellen des Fortpflanzungstrakts zu entnehmen. Neben den durch Abstriche gewonnen Proben aus Vagina und Gebärmutterhals konnten sie so auch Proben aus der Gebärmutterschleimhaut, den beiden Eierstöcken und dem sogenannte Douglas-Raum gewinnen – einer taschenförmigen Aussackung des Bauchfells, das die inneren Fortpflanzungsorgane umschließt. Die Wissenschaftler analysierten die Mikrobenzusammensetzung der Proben mittels DNA-Sequenzierung.

Es zeigte sich: Entgegen bisherigen Annahme ist der weibliche Fortpflanzungstrakt alles andere als steril – im Gegenteil. In der Gebärmutter, den Eileitern und in der Bauchhöhle lebt eine reiche und vielfältige Gemeinschaft von Mikroben. Die Forscher fanden im Gebärmutterhals die DNA von rund 100 Millionen Bakterien pro Probe, in der Gebärmutterschleimhaut, den Eileitern und der umgebenden Bauchhöhle waren es immerhin noch etwa eine Million Kopien bakterieller DNA. Die Zusammensetzung dieser Mikrobengemeinschaften variierte dabei je nach Lebensraum: In Vagina und Gebärmutterhals dominierten klar die Milchsäurebakterien. Sie stellten zwischen 97 und 99 Prozent der Mikroben in diesen Bereichen, wie Chen und seine Kollegen ermittelten.

Wimmelndes Leben in Gebärmutter und Eileiter

Anders dagegen weiter innen: In Eileiter, Gebärmutter und Bauchhöhle fanden sie die DNA von Dutzenden verschiedenen Bakterienarten. „Der innere weibliche Fortpflanzungstrakt ist ein Habitat für sowohl aerobe als auch anaerobe Bakterien“, berichten die Forscher. Jeder Bereich des Fortpflanzungstrakts besaß dabei eine etwas andere Artenzusammensetzung. Diese war zudem bei jeder Frau individuell verschieden, wie die Forscher feststellten. Ergänzende Kulturversuche belegten, dass diese sensiblen Bereiche der weiblichen Anatomie tatsächlich von lebenden, vermehrungsfähigen Bakterien besiedelt sind: Aus den Proben ließen sich lebende Kulturen züchten, wie die Wissenschaftler feststellten.

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„Damit demonstrieren wir erstmals die Existenz von verschiedenen bakteriellen Gemeinschaften im weiblichen Fortpflanzungstrakt“, konstatieren Chen und seine Kollegen. „Diese bilden ein Kontinuum von Mikrobiota von der Vagina bis zu den Eierstöcken und widerlegen die traditionelle Sicht dieser Organe als steriler Umgebung.“ Das aber bedeutet: Auch das ungeborene Kind wächst keineswegs in einer sterilen Umgebung heran, sondern kommt von Anfang an mit den bakteriellen Mitbewohnern seiner Mutter in Kontakt.

Quelle:

© wissenschaft.de – Nadja Podbregar
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