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Neuansteckung nach überstandenem Covid-19 möglich?

Gesundheit|Medizin

Neuansteckung nach überstandenem Covid-19 möglich?
Coronavirus
Das Coronavirus SARS-CoV-2 (Bild: creativeworks/ iStrock)

Bislang galten Menschen, die eine Covid-19-Erkrankung überstanden haben, als geschützt: Ihr Immunsystem bewahrt sie vor einer erneuten Ansteckung mit Sars-CoV-2 – so die gängige Annahme. Doch jetzt weckt ein Fall in Hongkong Zweifel daran. Denn ein junger Mann hat sich knapp fünf Monate nach seiner ersten Infektion erneut mit dem Coronavirus angesteckt. Genanalysen ergaben, dass die zweite Infektion mit einer anderen Variante von Sars-CoV-2 erfolgte – es kann sich demnach nicht um ein Wiederaufflammen der ersten Infektion handeln.

Bei vielen Infektionskrankheiten führt der Erstkontakt mit einem Erreger dazu, dass unser Immunsystem sich den „Feind“ merkt: Gedächtniszellen speichern Proteinsignaturen beispielsweise des Virus und schütten bei einem erneuten Kontakt mit dem Erreger große Mengen Antikörper aus. Diese docken im Idealfall zielgenau an entscheidenden Strukturen der Virenhülle an und verhindern so die Vermehrung des Virus. Als Folge wird die Zweitinfektion abgewehrt – wir sind immun. Dieses Immungedächtnis bildet die Grundlage für alle aktiven Impfungen – auch die zurzeit gegen Sars-CoV-2 entwickelten Kandidaten. Doch gerade bei diesem neuen Coronavirus ist bislang unklar, wie gut und andauernd der Immunschutz nach einer überstandenen Infektion ist. Theoretisch wäre es möglich, dass eine durchlaufene Covid-19-Erkrankung auf Monate oder sogar Jahre hinaus vor einer Neuansteckung schützt, es könnte aber auch sein, dass nur ein Teilschutz besteht, durch den man sich zwar erneut anstecken kann, aber dann nicht mehr schwer erkrankt.

Bislang gab es nur wenige Daten, die klare Beweise für einen anhaltenden Immunschutz nach Covid-19 liefern – aber auch keine klaren Gegenbeweise. So hatten schon im März 2020 Mediziner in China von einigen Fällen berichtet, bei denen Patienten nach Abklingen der Symptome mehrfach negativ auf Sars-CoV-2 getestet worden waren. Fünf bis 13 Tage später waren ihre Tests auf Sars-CoV-2 jedoch wieder positiv. Diese Fälle galten aber damals als kein ausreichender Beleg für eine Re-Infektion. Denn der geringe zeitliche Abstand von Erkrankung und erneutem Test legte nach Ansicht vieler Wissenschaftler eher nahe, dass die positiven Tests nicht mehr infektiöse Reste des Coronavirus nachgewiesen hatten oder aber dass die zwischenzeitlich negativen Tests falschnegativ waren. Dafür sprach auch die Tatsache, dass bei einigen dieser Fälle die Symptome wieder aufflammten – offenbar war ihre Covid-19-Erkrankung doch noch nicht ganz ausgeheilt.

Fünf Monate nach überstandenem Covid-19 erneut positiv

Anders sieht es bei dem aktuellen Fall aus Hongkong aus. Dabei handelt es sich um einen 33-jährigen Mann, der Mitte März 2020 mit Husten, Fieber, Kopfschmerzen und Halsschmerzen zum Arzt ging und am 26. März positiv auf Sars-CoV-2 getestet wurde. Am 14. April wurde er nach zwei negativen PCR-Tests als gesund aus dem Krankenhaus in Hongkong entlassen. Am 15. August 2020 jedoch kehrte der Mann von einer Reise nach Spanien nach Hongkong zurück und wurde am Flughafen einem Routine-Abstrich auf Sars-CoV-2 unterzogen. Der Test fiel positiv aus, obwohl der Betroffene keinerlei Symptome zeigte. Der Patient wurde dennoch vorsorglich ins Krankenhaus eingewiesen und gründlich untersucht und überwacht. Dort bestätigten Tests das Vorliegen einer akuten Coronavirus-Infektion: „Der Patient hatte erhöhtes reaktives C-Protein im Blut, eine relativ hohe Virenlast und entwickelte im Verlauf der Infektion IgG-Antikörper gegen Sars-CoV-2“, berichten Kelvin Kai-Wang To und seine Kollegen. Der Patient bekam aber weder Fieber noch zeigten sich krankheitstypische Veränderungen seiner Lunge.

Damit könnte sich dieser Mann knapp fünf Monate nach seiner überstandenen Covid-19-Erkrankung erneut mit Sars-CoV-2 angesteckt haben. Um ganz sicher zu gehen, dass es sich nicht doch um eine latente Infektion und damit eine Nachwirkung der ersten Infektion handelt, führten die Forscher vergleichende Genanalysen durch. Sie verglichen das Erbgut des aktuell aus diesem Patienten isolierten Virus mit dem der ihm im März entnommenen Proben. „Die Analysen zeigten, dass das erste virale Genom zu einem anderen Stamm von Sars-CoV-2 gehörte als das zweite“, berichten die Wissenschaftler. Demnach hatte sich der Mann bei seiner ersten Infektion im März mit einer Virenvariante angesteckt, die damals unter anderem in England und den USA verbreitet war. Die im August aus seinem Abstrich isolierten Coronaviren waren dagegen von einer Variante, die zu dieser Zeit unter anderem in der Schweiz und England kursierte.

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Klarer Beweis für eine Re-Infektion?

Nach Ansicht der Forscher belegen diese Daten, dass es sich bei ihrem Fall um eine echte Re-Infektion handelt. Ähnlich sehen dies auch andere Wissenschaftler, darunter Jeffrey Barrett vom Wellcome Sanger Institute in Großbritannien: „Dies ist sicher ein stärkerer Beweis für eine Re-Infektion als einige der früheren Berichte, weil hier die Gensequenz des Virus genutzt wird, um die beiden Infektionen voneinander abzugrenzen“, kommentiert er. Sollte sich dies bestätigen, dann könnte dies nach Meinung von To und seinen Kollegen Auswirkungen auf den weiteren Verlauf der Pandemie, aber auch die Impfungen haben: „Die Bestätigung der Re-Infektion hat mehrere bedeutende Implikationen: Zum einen ist es unwahrscheinlich, dass eine Herdenimmunität Sars-CoV-2 eliminieren kann“, schreiben sie. „Zum anderen werden Impfstoffe wahrscheinlich keinen lebenslangen Schutz vor Covid-19 geben können.“

Andere Forscher sehen diese Schlussfolgerungen jedoch kritisch: „Angesichts der Tatsache, dass wir bisher erst einen Fall kennen, halte ich ihre Schlüsse für viel zu weitgehend“, sagt Barrett. Ähnlich sieht es Paul Hunter von der University of East Anglia: „Die Bedeutung dieses Falls sollte nicht überbetont werden. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass Folgeinfektionen keine so schwere Erkrankung verursachen wie die erste, weil noch Teilimmunität besteht“, so der Mediziner. Daher könnte seiner Ansicht nach selbst ein nur teilweise wirksamer Impfstoff noch genügend schützen, um schwere Verläufe zu verhindern. „Wir brauchen mehr Information über diesen Fall und weitere Fälle der Re-Infektion, bevor wir die Bedeutung wirklich verstehen“, sagt Hunter. Der Fachartikel von To und Kollegen ist bislang nur in Auszügen verfügbar und auch noch nicht durch eine Peer-Review begutachtet. Teile des Papers sind in diesem Twitter-Thread einsehbar.

Quelle: To et al., South China Morning Post, Science Media Centre
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