Viagra auf dem Mount Everest
„Mit jedem Schritt hinunter habe ich gespürt, wie die Kraft wiederkehrte. Im Tal fühlte ich mich dann extrem fit und frisch, das ist unbeschreiblich“, erinnert sich Ardeschir Ghofrani an den Abstieg aus 5500 Meter Höhe vom Basislager des Mount Everest, wo er im Jahr 2003 sechs Wochen verbracht hatte. Das Ziel des 38-jährigen Deutschen iranischer Abstammung war allerdings nicht der Gipfelsturm, sondern eine medizinische Studie. In der luftigen Höhe untersuchte der Arzt für Innere Medizin an der Universitätsklinik Gießen, ob der durchblutungsfördernde Wirkstoff Sildenafil – besser bekannt unter dem Produktnamen Viagra – als Therapie für Patienten mit Lungenhochdruck geeignet ist. Bei dieser lebensbedrohlichen Erkrankung sind die Blutgefäße in der Lunge so sehr verengt, dass der Gasaustausch dort stark beeinträchtigt wird.
Lungenhochdruck tritt bei gesunden Menschen als Folge von Sauerstoffmangel auf. Zum Test zog Ghofrani deshalb zusammen mit sechs weiteren Medizinern und sieben Profi-Bergsteigern in den Himalaja. Dort prüften sie Viagra wochenlang im Doppelblindversuch, auch an sich selbst. Begeisternde sexuelle Erlebnisse seien allerdings ausgeblieben, berichtet Ghofrani. „ Viagra wirkt ohne sexuelle Stimulation eben nur gefäßerweiternd. Wir konnten aber beweisen, dass dieser Effekt zu einer verbesserten Sauerstoffaufnahme führt.“
Nach weiteren ausgiebigen klinischen Tests wurde Viagra jetzt im Eilverfahren in den USA zur Behandlung von Lungenhochdruck zugelassen. Dieser Erfolg mache auch das wochenlange Kopfweh, die Schlaflosigkeit und das Heimweh nach der Familie am Mount Everest wett, resümiert Ghofrani.