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Schnabeltiermilch – Quelle neuer Antibiotika?

Gesundheit|Medizin

Schnabeltiermilch – Quelle neuer Antibiotika?

Es sieht aus wie eine Fantasiegestalt, legt Eier, versorgt die Jungtiere dann aber mit Milch – ausgerechnet eines der skurrilsten Wesen der Erde könnte zu einem Lebensretter für die Menschheit avancieren, geht aus einer Studie hervor: Die Milch des Schnabeltiers enthält eine ungewöhnliche Substanz, die zur Entwicklung neuer Antibiotika führen könnte, berichten die Forscher.

Raffinierte Präparatoren können aus Teilen verschiedener Tiere kuriose Mischwesen basteln – man nennt sie Wolpertinger. Wie ein solches Fantasiewesen wirkt auch das Schnabeltier – doch es existiert wirklich. Es gehört zu den Kloakentieren, sehr ursprünglichen Verwandten der höheren Säugetiere. Mit einem Entenschnabel, Flossen, Biberschwanz und einem Giftstachel scheint es Merkmale ganz unterschiedlicher Tiergruppen in sich zu vereinigen. Doch das ist noch nicht alles: Auch die Vermehrungsweise des australischen Wassertiers ist bizarr: Schnabeltier-Babys schlüpfen aus Eiern, werden dann aber von der Mutter gesäugt. Wie sich nun zeigt, werden auch die Merkmale der Milch der Schnabeltiere der Skurrilität dieser Wesen gerecht.

Schnabeltiermilch hat’s in sich

Frühere Studien haben bereits belegt, dass Schnabeltiermilch starke antibakterielle Eigenschaften besitzt. Der Grund dafür ist die „unsterile“ Weise der Darreichung: Schnabeltier-Babys saugen die Milch nach dem Schlüpfen nicht direkt aus Zitzen wie andere Säugetiere. Drüsen im Brustbereich der Mutter geben die Milch stattdessen ins Fell ab, aus dem die Jungen sie dann auflecken. Bei diesem System besteht allerdings die Gefahr, dass sich auch Bakterien über das nährstoffreiche Sekret hermachen. Um das Vergammeln zu verhindern, ist die Milch deshalb mit einer antibakteriellen Substanz ausgerüstet.

Der Untersuchung dieses medizinisch interessanten Wirkstoffs haben sich nun die Forscher um Janet Newman von der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) in Canberra gewidmet. Es handelt sich um ein Eiweißmolekül, dessen Struktur sie mit modernen Mitteln der Proteinanalyse genau aufgeklärt haben. Offenbar passen seine Eigenschaften gut zum skurrilen Ruf des Schnabeltiers: Das antimikrobielle Protein besitzt Faltungen und Anordnungen, wie sie bisher nicht bekannt waren, zeigten die Analysen. Wie die Forscher berichten, zeichnen es ungewöhnliche geringelte Anordnungen aus. Die Forscher nannten sie deshalb „Shirley Temple“-Strukturen – in Anlehnung an den Kinderstar 1930er-Jahre mit den auffälligen Locken.

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„Gelocktes Protein“ mit großem Potenzial

„Die Ergebnisse erweitern unser Wissen über mögliche Proteinstrukturen nun generell“, betont Newman. Die ungewöhnlichen Merkmale des Schnabeltiermilch-Proteins scheinen mit der antibakteriellen Wirkung verknüpft zu sein. Dieser Spur lohnt es sich nun nachzugehen, sagen die Forscher. „Es besitzt das Potenzial, Leben zu retten“, ist die Wissenschaftlerin überzeugt. Sie und ihre Kollegen suchen momentan nach Forschungspartnern, um die vielversprechenden Untersuchungen an dem Schnabeltiermilch-Protein nun schnell voran zu bringen.

Klar ist: Es besteht enormer Bedarf an alternativen Wirkstoffen zu den bisherigen Antibiotika. Denn die einstigen Wunderwaffen gegen bakterielle Erreger verlieren zunehmend ihre Schlagkraft. Durch den teilweise verschwenderischen Einsatz dieser Arzneimittel haben sich bei einigen Mikroben Resistenzen ausgebildet. Das Resultat sind gefährliche Superbakterien, die teilweise gleich gegen mehrere Antibiotika immun sind. So können einst unproblematische Infektionen erneut zu tödlichen Bedrohungen werden. Deshalb sind neue Wirkstoffgruppen mit antibakterieller Wirkung dringend gefragt. For diesem Hintergrund darf man somit nun gespannt sein, was sich aus der Schnabeltiermilch-Geschichte entwickeln wird.

Quellen: Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO), Originalarbeit der Forscher: Structural Biology Communications, doi: 10.1107/S2053230X17017708

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