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Süßstoffe: Die Kombi macht’s

Gesundheit|Medizin

Süßstoffe: Die Kombi macht’s
Süßstoff
Wie ungesund sind Süßstoffe? (Bild: humonia/ istock)

Zu viel Zucker ist bekanntermaßen ungesund: Ein übermäßiger Konsum des süßen Stoffes erhöht nicht nur das Risiko für Karies und Übergewicht, sondern fördert auch Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aus diesem Grund greifen viele Verbraucher zu Zuckerersatzstoffen als Alternative. Doch auch diese künstlichen Süßstoffe sehen Mediziner kritisch. Womöglich entfalten Substanzen wie Sucralose ihre gesundheitsschädlichen Wirkungen aber nur unter bestimmten Bedingungen, wie eine Studie nun nahelegt. Demnach ist der Konsum von Süßstoffen allein nicht das Problem. Erst in Kombination mit Kohlenhydraten kommt es zu krankheitsfördernden Veränderungen, berichten Forscher.

Künstliche Süßstoffe galten ursprünglich als die gesunde Alternative zum kalorienhaltigen Zucker. Doch inzwischen geraten Zuckerersatzstoffe wie Aspartam, Saccharin oder Sucralose zunehmend ins Zwielicht. So gibt es Hinweise darauf, dass die kalorienarmen Süßstoffe den Appetit steigern und damit erst recht zu Übergewicht führen. Zudem scheinen sie schon nach kurzer Zeit die Darmflora und den Stoffwechsel verändern und beispielsweise Glucose-Intoleranz auslösen zu können – eine Vorstufe von Diabetes. Auch das Gehirn könnte durch den vermehrten Konsum solcher Stoffe in die Irre geführt werden: Womöglich reagiert es dadurch auf Dauer anders auf süßen Geschmack und bereitet den Körper nicht mehr adäquat auf die Verarbeitung von Glucose oder anderen Kohlenhydraten vor, wie Studien nahelegen. Wie schädlich die Süßstoffe allerdings wirklich sind, ist umstritten. Denn es gibt auch wissenschaftliche Untersuchungen, die keine negativen Effekte feststellen konnten. Wie lässt sich diese Diskrepanz erklären?

Auf der Suche nach einer Antwort haben Jelle Dalenberg von der Yale University in New Haven und seine Kollegen nun erneut den Test gemacht. Für ihre Studie verabreichten sie 45 gesunden Erwachsenen im Alter zwischen 20 und 45 Jahren im Laufe von zwei Wochen jeweils sieben Getränke à 355 Milliliter. Die Drinks mit Fruchtgeschmack enthielten entweder zugesetzte Sucralose oder normalen Haushaltszucker als Vergleich. Einer Kontrollgruppe wurde zusätzlich zu dem Süßstoff noch das geschmacksneutrale Maltodextrin untergemischt. Auf diese Weise wollten die Forscher das Getränk ähnlich kalorienreich machen wie die zuckerhaltige Variante, ohne jedoch noch mehr süßen Geschmack hinzuzufügen. Vor, während und nach der Testphase dokumentierten die Wissenschaftler die Glucose-Toleranz und die Geschmackswahrnehmung der Probanden. Außerdem überprüften sie mithilfe der Magnetresonanztomografie, wie deren Gehirn auf süße und andere Geschmacksrichtungen wie salzig und sauer reagierte.

Sucralose allein hat keinen Effekt

Alle Studienteilnehmer hatten bisher in ihrem Alltag wenig oder gar keine künstlichen Süßstoffe konsumiert. Wie würden sie auf die Getränke reagieren? Das überraschende Ergebnis: Anders als erwartet hatte die Sucralose allein keinen negativen Einfluss auf die gemessenen Paramater. Nur die Probanden, die diesen Süßstoff zusammen mit dem Kohlenhydrat Maltodextrin einnahmen, zeigten deutliche Veränderungen. Nicht nur ihr Gehirn reagierte nach Ablauf der Testphase weniger stark auf süßen Geschmack. Auch die Insulinsensitivität des Köpers sank und der Glucose-Metabolismus veränderte sich. Um den Ursachen dieses erstaunlichen Effekts auf die Spur zu kommen, führten Dalenberg und seine Kollegen anschließend noch ein Experiment durch, bei dem das Testgetränk nur mit Maltodextrin angereichert wurde. Doch es passierte: nichts.

Damit zeichnet sich ab: „Kalorienarme Süßstoffe lösen nur dann eine metabolische Störung aus, wenn sie gemeinsam mit einem Kohlenhydrat konsumiert werden“, konstatieren die Forscher. Es scheint demnach diese Kombination zu sein, die die Regulationsfähigkeit von Gehirn und Darm in Bezug auf den Glucose-Stoffwechsel schädigt. Bisher gingen Experten davon aus, dass dieser Effekt dadurch zustande kommt, dass der Konsum süßer, aber kalorienloser Nahrungsmittel die Wahrnehmung süßen Geschmacks von der Kalorienaufnahme entkoppelt. Kurzum: Der Geschmack passt nicht mehr zum Kaloriengehalt. Die neuen Ergebnisse legen nun jedoch nahe, dass diese Entkopplungshypothese falsch ist. Dies könnte auch die unterschiedlichen Studienergebnisse erklären – es kommt darauf an, ob die Probanden die Süßstoffe gemeinsam mit Kohlenhydraten aufgenommen haben oder nicht.

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Light-Limonade zu Pommes – lieber nicht

Wie genau die gemeinsame Aufnahme von Sucralose und Kohlenhydraten zu den beobachteten Veränderungen führt, ist noch unklar. „Wir verstehen den Mechanismus dahinter noch nicht ganz“, sagt Dalenbergs Kollegin Dana Small. Unabhängig davon lassen sich aus den neuen Erkenntnissen jedoch bereits Ratschläge für die Praxis ableiten. Denn wie die Wissenschaftler betonen, stellten sich die metabolischen Veränderungen bereits nach vergleichsweise geringer Zeit und Aufnahmemenge ein und sind damit auf gängige Alltagssituationen übertragbar. Was bedeutet dies nun konkret? „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass es in Ordnung ist, von Zeit zu Zeit eine Diät-Cola zu trinken“, erklärt Small. „Doch wer zum Beispiel Pommes isst, sollte sich dazu lieber eine normale Limonade genehmigen – wenn es kein Wasser sein soll.“

Weitere Untersuchungen sollen nun klären, warum genau die Kombination aus kalorienarmer Sucralose und kalorienhaltigem Kohlenhydrat so fatal ist. Dabei wollen die Forscher auch herausfinden, ob ein ähnlicher Zusammenhang für andere Zuckerersatzstoffe wie Stevia gilt. Bestätigt sich dieser Verdacht, hätte dies weitreichende Auswirkungen für die Bewertung von Süßstoffen, ihren Gesundheitsfolgen und gängigen Praktiken der Lebensmittelindustrie. „Es besteht die Möglichkeit, dass der Kombinationseffekt wesentlich zur Zunahme von Typ-2-Diabetes und Adipositas beiträgt. Stimmt dies, sollte die Süße kohlenhydrathaltiger Lebensmittel und Getränke nicht mehr mit kalorienarmen Süßstoffen verstärkt werden“, so das Fazit des Teams.

Quelle: Jelle Dalenberg (Yale University School of Medicine, New Haven) et al., Cell Metabolism, doi: 10.1016/j.cmet.2020.01.014

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