Es ist ein trauriges Problem mit enormer Bedeutung: Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation nehmen sich jedes Jahr etwa 800.000 Menschen selbst das Leben, besonders häufig handelt es sich dabei um junge Personen. Präventionsmaßnahmen sind deshalb gefragt – doch dazu muss die Suizidneigung eines Menschen natürlich erst einmal bekannt sein. Sie zu erkennen, ist allerdings eine knifflige Herausforderung für die Psychiatrie, denn oft verheimlichen suizidgefährdete Menschen ihre Gedanken und Absichten. Methoden zur Erfassung des Risikos, die sich nicht auf Äußerungen der Betroffenen stützen, sind daher gefragt.
Zeichnet sich Suizid-Neigung im Gehirn ab?
Um die Möglichkeit der Sammlung von Hinweisen anhand der Gehirnmuster von Menschen auszuloten, haben die Forscher um David Brent von University of Pittsburgh School of Medicine Tests mit Personen durchgeführt, die sich freiwillig in psychologische Behandlung begeben haben und von denen bekannt war, dass sie suizidale Gedanken haben. Einige von ihnen hatten auch bereits Suizidversuche hinter sich. Als Kontrolle fungierte eine Gruppe von psychisch gesunden Menschen, die nicht von tödlichen Gedanken geplagt werden.
Alle Probanden sollten sich über bestimmte Begriffe Gedanken machen, die mit Tod oder Leben beziehungsweise mit positiven oder negativen Emotionen verknüpft sind. Währenddessen erfassten die Forscher die Hirnaktivität der Probanden mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT). Der Hintergrund: Es ist bekannt, dass suizidgefährdete Menschen oft in einer auffälligen, eventuell problematischen Weise über bestimmte geistige Konzepte nachdenken.
Es zeigte sich, dass die Vorstellungen zu sechs Begriffen besonders charakteristische Muster der Hirnaktivität auslösten, in denen sich die suizidgefährdeten Probanden von den psychisch gesunden unterschieden: Tod, Grausamkeit, Ärger, sorglos, gut und Lob. Die Forscher trainierten dann ein lernfähiges Computersystem, diese Muster automatisch zu erkennen. Anschließend stellten sie dieses Verfahren auf die Probe: Das System sollte unter Beweis stellen, inwieweit es anhand der Gehirnmuster Menschen mit Suizidneigungen von nicht betroffenen unterscheiden kann.
Vielversprechende Trefferquote
Ergebnis: Das Computersystem erreichte eine beeindruckende Trefferquote. Es identifizierte 15 von 17 Probanden korrekt als suizidgefährdet und 16 von 17 gesunden Teilnehmern als Mitglieder der Kontrollgruppe. Anschließend gingen die Forscher noch weiter ins Detail: Sie wendeten ihr Verfahren gezielt bei den suizidalen Patienten an, die sie in zwei Gruppen einteilten: Schwere Fälle – Probanden, die bereits Suizidversuche unternommen hatten – und Teilnehmer, die bisher nur von entsprechenden Gedanken betroffen gewesen waren. Auch dabei zeigte sich, dass das lernfähige Computersystem die Probanden mit hoher Genauigkeit diesen beiden Kategorien zuordnen konnte.
Wie die Forscher betonen, sind nun weitere Untersuchungen nötig, um die Effektivität des Verfahrens zu bestätigen: „Tests mit mehr Probanden sollen nun die Allgemeingültigkeit und Fähigkeit des Verfahrens genauer bestimmen, suizidale Tendenzen vorherzusagen. Es könnte in Zukunft aber tatsächlich eine Möglichkeit bieten, das veränderte und oft verzerrte Denken aufzudecken, das Menschen mit Suizidgedanken so oft charakterisiert“, sagt Brent. Letztlich verfolgen er und seine Kollegen somit ein ganz konkretes Ziel: Sie wollen Leben retten.