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Wie der Bauch den Durst kontrolliert

Gesundheit|Medizin

Wie der Bauch den Durst kontrolliert
Trinken
Unser Durstgefühl wird auch durch Signale aus dem Bauch beeinflusst. (Bild: kieferpix/ istock)

Das Durstgefühl sorgt dafür, dass wir regelmäßig trinken und unseren Körper mit ausreichend Flüssigkeit versorgen. Doch wie erkennt das Gehirn eigentlich, ob wir zur Wasserflasche greifen sollten oder nicht? Forscher haben nun herausgefunden, dass dafür auch Signale aus dem Bauch entscheidend sind. Bestimmte Sensoren im Magen-Darm-Trakt analysieren demnach den Salzgehalt aufgenommener Flüssigkeit. Ihre Ergebnisse leiten sie an das Durstzentrum im Gehirn weiter – und signalisieren ihm so, ob ein Getränk den Körper ausreichend hydratisieren kann.

Droht unser Flüssigkeitshaushalt aus dem Gleichgewicht zu geraten, erhalten wir ein unmissverständliches Signal: Durst. Dieses Gefühl motiviert uns zu trinken und stellt damit sicher, dass unser wasserliebender Körper funktionsfähig bleibt. Ausgelöst wird diese Reaktion durch spezielle Neuronen im Durstzentrum unseres Gehirns. Sie werten kontinuierlich eingehende Signale aus und schlagen bei drohendem Wassermangel Alarm. Doch woher erhalten diese neuronalen Messfühler ihre Informationen? Bekannt ist inzwischen, dass das Gehirn Daten über die Stoffkonzentration im Blut erhält – ist der Lebenssaft zu “dick”, werden wir durstig. Gleichzeitig reagieren die Durstmesser aber auch auf Signale aus dem Mund- und Rachenraum. Sobald Flüssigkeit unsere Kehle benetzt, scheint unser Durst daher zumindest für den Moment gelöscht.

“Dieses schnelle Signal aus dem Mund zeigt offenbar an, wie viel wir trinken”, sagt Christopher Zimmerman von der University of California in San Francisco. “Doch es muss weitere Faktoren geben, die das Durstgefühl beeinflussen.” So stellten er und seine Kollegen fest: Trinken Mäuse eine salzige Lösung, geht die Aktivität im Durstzentrum ihres Gehirns zunächst zurück – es scheint auf das Mundgefühl zu reagieren. Schon nach einer Minute zeigt das Durstzentrum jedoch wieder Wassermangel an. Es hat demnach erkannt, dass das Getränk zu salzig war – und das obwohl sich die Flüssigkeit zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf die Zusammensetzung des Blutes ausgewirkt haben kann.

Magen-Darm-Trakt im Visier

Woher also stammt dieses Signal? Die Forscher hatten den Magen-Darm-Trakt in Verdacht: die Zwischenstation auf dem Weg des Wassers vom Mund in den Blutkreislauf. Um diese Vermutung zu überprüfen, leiteten sie in den Magen von durstigen Mäusen Flüssigkeit ein und beobachteten, was dadurch im Gehirn der Nager passierte. Mithilfe implantierter optischer Fasern machte das Team die Aktivität von Neuronen im Hypothalamus sichtbar, dem Sitz des Durstzentrums. Es zeigte sich: Wurde der Magen mit Trinkwasser gefüllt, ging die Aktivität der neuronalen Messfühler daraufhin zurück. Bei Salzwasser jedoch blieben die Neuronen aktiv. Je salziger die Flüssigkeit, desto stärker war die Aktivität dabei. “Es scheint, dass der Bauch die Salzkonzentration sehr präzise messen kann”, berichtet Zimmermans Kollege Zachary Knight.

Dies offenbarte sich auch, als die Wissenschaftler eine hoch konzentrierte Salzlösung in den Magen einleiteten und die Nager anschließend selbständig trinken ließen: Durch das Trinken ging die Aktivität des Durstzentrums zunächst zurück, schnellte dann aber bald wieder in die Höhe. Dies legt nach Ansicht des Teams nahe, dass Sensoren in Mund und Rachen das Durstgefühl kurzfristig stillen, um die Tiere fürs Trinken zu belohnen. Auf einer zweiten Ebene kommen dann allerdings die Sensoren im Magen-Darm-Trakt ins Spiel. Sie prognostizieren, wie gut die aufgenommene Flüssigkeit den Körper rehydrieren wird und ob weiterer Wassernachschub nötig ist.

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Kommunikation über den Vagusnerv

Den Sitz dieser Durstsensoren vermuten Zimmerman und seine Kollegen am Anfang des Dünndarms, in der Nähe des Magenpförtners. Dort eingegangene Informationen werden über den sogenannten Vagusnerv vom Bauchraum zum Gehirn geleitet, wie weitere Untersuchungen zeigten. Diese große Nervenbahn wird oft als Darm-Hirn-Achse bezeichnet, weil über sie zahlreiche Informationen vom Bauch an den Kopf und vom Kopf an den Bauch übermittelt werden. Die über den Vagusnerv kommunizierten Signale werden von den Neuronen im Hypothalamus gemeinsam mit Informationen aus Mund und Blut ausgewertet, wie die Forscher berichten. “In Zukunft wollen wir untersuchen, wie all diese Signale im Detail miteinander interagieren – und wie sich zum Beispiel Stress oder die Körpertemperatur auf den Durst auswirken”, schließen sie.

Quelle: Christopher Zimmerman (University of California, San Francisco) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1066-x

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