Eine Begegnung unter Wasser hat Tim Noack zum Aktivisten gemacht. Nachdem er beim Tauchen vor Indonesien Rochen neben Plastikmüll beobachtete, begann er sich von Deutschland aus für ihren Schutz einzusetzen – mit Hilfe von Basecaps.
Dass er sich einmal unter Wasser verlieben würde, hätte Tim Noack nicht gedacht. Doch genau das ist passiert. Mit Spannweiten von bis zu sieben Metern schweben seine Angebeteten durch die Ozeane: Mantarochen. 2014 lernt der gebürtige Münchner tauchen und begegnet auch erstmals den Meeresriesen. „Es gibt nur wenige, an denen es einfach so vorbeigeht, wenn sie das erste Mal einen Mantarochen sehen. Das ist einfach ein krasses Erlebnis“, sagt der 28-Jährige. Im indonesischen Komodo Nationalpark macht er während eines Auslandssemesters 2017 seine Ausbildung zum Dive Guide, einer Art Tauchlehrer und Unterwasserführer, und beschäftigt sich immer intensiver mit den Rochen: Sie fressen Plankton, haben – entgegen aller Gerüchte – keinen Giftstachel und sind laut Noack „die friedlichsten Geschöpfe überhaupt“.
Eigentlich studiert er zu der Zeit Wirtschaftswissenschaften in München und spielt im Profibereich Beachvolleyball. Doch dann entdeckt er in einer entlegenen Ecke des Nationalparks etwas, das ihn aufrüttelt: Der Ozean ist voller Plastikmüll! Und der landet in den Mägen der mehr als 1200 Mantarochen, die es in dem Schutzgebiet gibt. Die Tiere gleiten mit offenem Mund durchs Wasser, um Plankton zu fressen. Laut Studien nehmen die Rochen in der Regenzeit pro Stunde bis zu 63 Plastikstücke auf, oft kleiner als fünf Millimeter. „Da wurde mir klar, ich muss etwas tun!“
Basecaps für die Meere
Zurück in Deutschland kommt Noack aber nicht sofort dazu, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Erst eine schlimme Sportverletzung bringt ihn tatsächlich zum Handeln. Er ist gezwungen stillzusitzen und hat endlich Zeit für sein Projekt. „Schon aus dem Krankenhaus habe ich mit Freunden in Komodo geskypt und ihnen von meiner Idee erzählt.“ Sein Plan: Er will Basecaps aus Garn, das aus recycelten PET-Flaschen gewonnen wird, verkaufen, um Geld für den Schutz der Rochen zu sammeln. Schon ein halbes Jahr später, im März 2018, eröffnet er seinen Onlineshop Mantahari Oceancare. Der Name Mantahari bedeutet „Rochentag“ auf indonesisch. Pro verkaufter Kappe gehen zehn Euro an die indonesische Meeresschutzorganisation „Marine Megafauna Foundation“ (MMF). „Ich habe schnell gemerkt, dass sich die ersten 50 Caps super schnell verkaufen, und habe nachgelegt mit der Produktion.“
Heute gibt es bei Mantahari Oceancare auch Sportkleidung aus recycelten Fasern; 10.000 Euro gingen schon an die MMF. Diese nutzt das Geld für die Ausbildung von Jugendlichen, die sich in wissenschaftlichen Praktika mit dem Plastikproblem beschäftigen. „Ich finde es wichtig, dass dort keine Fremden stehen und sagen, was zu tun ist. Deswegen ist es in meinen Augen das Nachhaltigste, Aufklärungsarbeit durch die lokale Bevölkerung zu betreiben“, sagt der Gründer.
Bildung in Deutschland und vor Ort
Außerdem geht die MMF in Schulen, so wie auch Tim Noack hier in Deutschland. Von der Grundschule bis in die Oberstufe besucht er den Unterricht, erzählt von den Rochen und der Plastikflut. Die Schüler und Schülerinnen seien danach oft euphorisch, wollen kein Plastik mehr nutzen. „Vor allem in der Grundschule haben sie immer viele Fragen. Etwa, ob den Rochen ihr Essen nicht zu salzig wäre, weil es ja im Salzwasser schwimmt“, erzählt Noack lachend. „Wenn einem Kind Nachhaltigkeit wichtig ist, ist das wirkungsvoller, als wenn das Thema von den Eltern kommt.“
Damit er künftig auch Spendengelder von Privatpersonen nach Indonesien schicken kann, will Noack noch dieses Jahr einen Verein für die Mantarochen gründen. Vom erhobenen Zeigefinger und Verboten hält er nichts. „Ich kann jeden verstehen, der das Thema Mikroplastik nicht oben auf seiner Prioritätenliste hat. Aber es geht darum, einfach mal anzufangen.“ Denn er ist der Meinung: Jede noch so kleine Tat kann Großes bewirken. Wie die 50 Caps, mit denen sein Projekt zur Rettung der Rochen begonnen hat.
Der Beitrag stammt aus der Ausgabe 10/2020 von natur, die Sie hier bestellen können. In Zukunft stellen wir in jeder natur-Ausgabe und auf unserer Website junge Menschen vor, die sich aktiv für Natur, Umwelt und Klima engagieren. Vorschläge gern an redaktion-natur@konradin.de.