Es gibt wunderschöne Filme über Insekten und prächtige Farbbände, die den Betrachter in die bunte und skurrile Welt der Sechsbeiner einführen, die sie mal als Monster, mal als ätherische Schönheiten präsentieren. Nichts davon bietet dieses Buch – sondern viel mehr.
May Berenbaum hat es nicht nötig, das Auge mit Nahaufnahmen in perfekter Beleuchtung zu blenden. Im Alltag sehen Käfer, Wanze und Wespe dann doch für viele wieder schlicht aus wie Ungeziefer.
Berenbaum erzählt einfach. Sie berichtet über das Leben von Heupferd und Biene, von Schmetterling und Floh. Wie sie über Räuber, Diebe und Fallensteller, über Musikanten, Gaukler und Staatsgründer schreibt, das hinterläßt bleibendere Eindrücke als mancher bunte Bildband. Entsprechend hat eine Jury führender Wissenschaftsjournalisten ihr Buch zum “Wissenschaftsbuch des Jahres 1997” gewählt.
Die Forscherin und Autorin macht keinen Hehl daraus, wem in der gespannten Beziehung von Menschen und Insekten ihre Sympathie gilt. Am Ende ihres Buches begibt sie sich auf “Grasnarben-Niveau”: Sie schildert, wie die Expansion des Menschen die Lebensräume der Insekten verbaut, zerschneidet, vergiftet. Wo schon die anpassungsfähigste und zäheste Tiergruppe der Erde keine Chance mehr hat zu überleben, gibt Berenbaum zu bedenken, da könnte es auch für den Menschen allmählich ungemütlich werden.
May R. Berenbaum Blutsauger, Staatsgründer, Seidenfabrikanten Die zwiespältige Beziehung von Mensch und Insekt Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg 1997 528 S., DM 58,-
Jürgen Nakott