Im frühen und hohen Mittelalter nutzte man in der Führungsschicht wie auf niedrigeren Ebenen der Gesellschaft vor allem zwei Praktiken zur Stiftung von Ordnung: die mündlich-persönliche Beratung und die öffentliche Aufführung, das Ritual. Die Beratung des Herrschers, an der nur Mitglieder der Führungsschichten aktiv teilnahmen, diente der Herstellung von Konsens. Das öffentliche Ritual aber fungierte als grundlegender Akt, mit dem ein erzielter Konsens verpflichtende Realität wurde: Mittels Ritualen schloss man Beziehungen oder schrieb sie dauerhaft fort, man besetzte damit Ämter, vereinbarte Frieden und Freundschaft und fixierte nicht zuletzt die ungeheuer wichtige Rangordnung. Die Rituale bewirkten, was sie symbolisch verdichtet zeigten. Die Handlungen verpflichteten zum entsprechenden Verhalten in der Zukunft.
Die jeweils benutzte „Ritualsprache“ bestand vor allem aus symbolischen Handlungen. Dazu zählten der Fußfall, die Kniebeuge, der Kuss oder der Handschlag, deren Bedeutung allen Beteiligten bekannt war. Es ist nicht überraschend, dass sich regionale und nationale Varianten der vielen Rituale entwickelten, da über ihre konkrete Gestaltung nach Anforderung des Einzelfalls verhandelt wurde. Von einer starren Bindung an ein einziges Muster kann für das Mittelalter angesichts einer nachweislich großen Variationsbreite bezeugter Rituale jedenfalls nicht die Rede sein.
Diese Technik der Ordnungsstiftung mittels Ritualen und symbolischen Handlungen hatte Stärken und Schwächen…
Autor: Prof. Dr. Gerd Althoff
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