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„… dat se bliven ewich  tosamende ungedelt“

Der Vertrag von Ripen 1460

„… dat se bliven ewich  tosamende ungedelt“
„Auf ewig“ sollten Schleswig und Holstein ungeteilt zusammenbleiben. Das bestimmte der Vertrag von Ripen, den am 5. März 1460 Vertreter des schleswig-holsteinischen Adels und König Christian I. von Dänemark schlossen. Die bis heute spürbaren Folgen dieser Übereinkunft sind das Thema einer aktuellen Ausstellung des Landesarchivs Schleswig-Holstein.

Die Unterzeichnung der Urkunde von Ripen am 5. März 1460 zählt zu den Wendepunkten der schleswig-holsteinischen Landesgeschichte. Das Dokument, das heute im Landesarchiv Schleswig-Holstein aufbewahrt wird, war grundlegend für das Zusammenwachsen Schleswigs und Holsteins zu einer Einheit. Zugleich schuf die Urkunde von Ripen einen staatlichen Verbund von Schleswig und Holstein mit Dänemark, der bis 1864 Bestand haben sollte.

Durch einen Vertrag zwischen Kaiser Karl dem Großen und dem Dänenkönig Hemming war im Jahr 811 erstmals die Eider als Grenzlinie zwischen dem fränkischen und dem dänischen Reich verbindlich festgeschrieben worden. Das Gebiet, aus dem später das Herzogtum Schleswig entstehen sollte, gehörte damit zu Dänemark, während Holstein später ein Teil des deutschen Reichs wurde.

Im Jahr 1111 belehnte Lothar von Supplinburg, seit 1106 Herzog von Sachsen, seinen Gefolgsmann Adolf von Schauenburg mit den Grafschaften Holstein und Stormarn. Damit begann die Ära der Schauenburger, die fast 350 Jahre lang die Geschicke Holsteins und später auch Schleswigs nachhaltig prägen sollten. Etwa um die gleiche Zeit begann mit der Einsetzung von Knud Laward als Grenzjarl bzw. dux Jucie auch die allmähliche Ausbildung des Herzogtums Schleswig.

Im Lauf der Zeit gelang es den Nachfolgern Graf Adolfs, ihren Einfluss nördlich der Eider auszubauen, denn das Herzogtum Schleswig war für sie ein willkommener Puffer zwischen ihren holsteinischen Territorien und Dänemark, dem mächtigen Nachbarn im Norden. Dies führte zu jahrhundertelangen Auseinandersetzungen zwischen den dänischen Königen und den Grafen von Holstein um das Herzogtum Schleswig, in dem sich Letztere schließlich durchsetzen konnten. 1440 übertrug König Christoph III. von Dänemark das Herzogtum Schleswig als erbliches und dienstfreies Lehen an Graf Adolf VIII. von Schauenburg, der damit Schleswig und Holstein endgültig unter einer Herrschaft vereinte.

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Im Jahr 1448 starb König Christoph III., ohne einen Erben zu hinterlassen. Die besten Ansprüche auf den Thron besaß aufgrund seiner entfernten Verwandtschaft mit dem dänischen Königshaus ironischerweise Adolf VIII. von Schauenburg, der langjährige Gegner Dänemarks im Konflikt um Schleswig. Doch weil man damals noch nicht in nationalen, sondern in dynastischen Kategorien dachte, bot der dänische Reichsrat gleichwohl Herzog Adolf VIII. die Krone an. Aber der Herzog lehnte die Be‧rufung mit dem Hinweis auf sein vorgerücktes Alter ab. Stattdessen schlug er seinen Neffen Christian von Oldenburg als Thronkandidaten vor. Nach langen Verhandlungen wählten die dänischen und norwegischen Reichsräte Chris‧tian schließlich im August 1448 zum König. Damit wurde er zum Begründer des bis heute herrschenden dänischen Königshauses.

Am 4. Dezember 1459 starb Adolf VIII. von Schauenburg, Herzog von Schleswig und Graf von Holstein, ohne leibliche Erben. Sowohl sein Neffe, König Christian I. von Dänemark, als auch Otto von Schauenburg aus der Pinneberger Nebenlinie des Grafenhauses erhoben nun Anspruch auf Schleswig bzw. Holstein. Der landsässige Adel war in dieser Situation vor allem an der Beibehaltung der engen Verbindung zwischen Schleswig und Holstein interessiert. Um ein erneutes Auseinanderfallen der beiden Lande zu verhindern, schlossen sich die Adligen zusammen und gelobten, nur einen einzigen Herrn über Schleswig und Holstein zu wählen. Streng genommen stellte dieses Vorgehen des Adels einen revolutionären Akt dar. Während in Schleswig nach skandinavischem Verfassungsrecht eine Wahl des Landesherrn durchaus zulässig war, wurde in Holstein der Graf nach deutschem Lehnsrecht nicht gewählt, sondern durch den Lehnsherrn ernannt.

Letztlich konnte sich mit dem dänischen König der mächtigste Kandidat durchsetzen. Die Wahl Ottos von Schauenburg hätte unweigerlich die Trennung der beiden Lande zur Folge gehabt, da sich der Erbanspruch Graf Ottos allein auf Holstein beschränkte. Überdies wussten die schleswig-holsteinischen Adligen, dass sie in diesem Fall mit einem Angriff Christians I. zur Durchsetzung seiner Ansprüche rechnen mussten. So blieb allein die Möglichkeit, Christian I. unter Übergehung der Erbrechte des Pinne‧bergers zum Herrn über beide Landesteile anzunehmen.

Nach erfolglosen Verhandlungen in Neumünster und Rendsburg trafen sich Vertreter des schleswig-holsteinischen Adels am 2. März 1460 mit König Christian I. in der dänischen Stadt Ripen (Ribe), wo dieser noch am selben Tag zum neuen Landesherrn von Schleswig und Holstein ausgerufen wurde. Die Namen der schleswig-holsteinischen Adligen, die König Christian I. in Ripen zum neuen Landesherrn wählten, sind nicht überliefert. Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich bei ihnen um den Bischof von Schleswig sowie um Angehörige der führenden schleswig-holsteinischen Adelsgeschlechter. Vermutlich hatten viele von ihnen zuvor dem Rat Adolfs VIII. angehört oder hohe Ämter in der Landesverwaltung bekleidet.

Als Gegenleistung für die Wahl stellte Chris‧tian I. den schleswig-holsteinischen Adligen am 5. März 1460 die Urkunde von Ripen aus, in der er zusagte, dass Schleswig und Holstein in Zukunft unter einer gemeinsamen Herrschaft stehen sollten. Zugleich sicherte er ihnen die faktische und rechtliche Selbständigkeit Schleswigs und Holsteins gegenüber dem Königreich Dänemark sowie die Unteilbarkeit und Zusammengehörigkeit der beiden Lande zu. Dies fand Ausdruck in der berühmt gewordenen Formulierung der Ripener Urkunde „dat se bliven ewich tosamende ungedelt“ – „dass sie ewig ungeteilt zusammenbleiben“.

Die Deutung des Vertrags von Ripen ist in der historischen Forschung umstritten. Die von den meisten Landeshistorikern vertretene Interpretation der Urkunde als ein die dauerhafte Zusammengehörigkeit und Unteilbarkeit Schleswig-Holsteins begründendes Privileg wurde wiederholt in Frage gestellt. Manche Historiker sehen in dem Dokument lediglich eine Wahlhandfeste nach skandinavischem Vorbild, also eine vor der Wahl getroffene Vereinbarung, die mit dem Tod König Christians I. ihre Gültigkeit verloren habe. Die Klärung dieser Streitfrage steht noch aus…

Ripen und die Folgen. 1460–2010 Ausstellung im Landesarchiv Schleswig-Holstein (Prinzenpalais Schleswig) noch bis zum 3. Dezember 2010

Die Ausstellung stellt neben der Vor- und Entstehungsgeschichte des Ripener Vertrags auch dessen Wirkungsgeschichte in verschiedenen Facetten dar. Im Mittelpunkt stehen vor allem die Gemeinsamkeiten und Kontinuitäten, aber auch die Gegensätzlichkeiten und Diskontinuitäten der schleswig-holsteinischen und der dänischen Geschichte. Als Ausstellungsobjekte wurden in erster Linie Archivalien aus dem Bestand des Landesarchivs, wie die Urkunde von Ripen und die Kieler „Tapfere Verbesserung“, ausgewählt. Hinzu kommen Leihgaben aus dem Bestand der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek, der Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig in Flensburg und anderer Institutionen.

Dr. Jann M. Witt

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