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Allhier zu Wittenberg

Lutherhaus Wittenberg

Allhier zu Wittenberg
„War ziemlich cool hier“, steht, von Kinderhand geschrieben, im Besucherbuch des Luther-Museums in Wittenberg. In der Tat befriedigt das Haus, das weltweit eine der größten reformationsgeschichtlichen Sammlungen birgt, ganz unterschiedliche Interessen.

Ich hab’ einmal des Papstes Dekret allhier zu Wittenberg / Verbrannt und ich wollt’s wol noch einmal verbrennen“, lesen wir beim Eintreten in das Lutherhaus an einem Deckenbalken. Anfang des 16. Jahrhunderts war hier mit Unterstützung des sächsischen Kurfürsten ein Kloster für Augustiner-Eremiten errichtet worden. Hierher wurde Martin Luther 1508 erstmals berufen, hier blieb er nach der Auflösung des Konvents wohnen. Als er 1525 Katharina von Bora heiratete, die Tochter eines verarmten sächsischen Adligen, bewohnte er mit seiner wachsenden Familie das Haus, das ihm der Kurfürst 1532 schenkte. Nach Luthers Tod verkauften die Erben das Haus an die Universität; diese nutzte es bis 1816, gefolgt vom evangelischen Priester?seminar. Nach umfassenden Neugestaltungen im 19. Jahrhundert wurde 1883 das erste Museum eröffnet. Breite Wendeltreppen aus Holz führen vom Erdgeschoß, das der Baugeschichte gewidmet ist, in die Luther- und ein Stockwerk höher in die Bibel-Ausstellung. Auch nach der grundlegenden Neugestaltung der Lutherhalle im Jahr 2003 kann aber nur ein Bruchteil der bedeutenden reformationsgeschichtlichen Sammlung gezeigt werden.

Beginnen wir im ersten Stock. Die Besucher gehen über knarrende Dielenböden – man befindet sich schließlich in einem Weltkulturerbe, und so muß der ursprüngliche Zustand bewahrt werden. Im (aus konservatorischen Gründen) dämmrigen Licht werden kostbare Originalschriftstücke präsentiert, so ein kolorierter Holzstich von 1557: die Leipziger Disputation. An Objekten ist etwa die Kutte des späteren Reformators zu sehen. Anrührend eine holzgeschnitzte Doppelpieta aus dem 16. Jahrhundert, die ähnlich zu Luthers Zeit in der Kirche gestanden haben soll – ein Hinweis darauf, daß Luther bei aller Ablehnung der Heiligenverehrung die Gottesmutter zeit seines Lebens sehr verehrte.

In der Lutherstube scheint man dann den privaten Luther kennenzulernen. Zehn Jahre nach Luthers Hochzeit wurde sie ausgemalt und mit der heute noch vorhandenen prächtigen Kassettendecke versehen. Hier fanden die berühmten Tischgespräche Luthers und seiner Freunde statt. Seit 1655 wird die Lutherstube Besuchern gezeigt, als einziger Raum blieb sie vor Veränderungen bewahrt.

Seit 1877 wurden im Lutherhaus reformationsgeschichtliche Zeugnisse und Werke zur Rezeption und Wirkungsgeschichte gesammelt. So kam auch die große Sammlung von Luther-Kitsch, Karikaturen und Kunst zusammen, die Plakatsammlung (Lutherfestspiele August/September 1933!) oder die Zeichnungen, welche die Reformationsfeiern zwischen 1800 und 1871 dokumentieren. Bei der Betrachtung wird deutlich, wie sehr mit der Politisierung des Reformators und seiner Umdeutung zum deutschen Patrioten Fragen der theologischen Neuorientierung zurücktreten.

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Zum Abschluß empfiehlt sich ein Besuch im Untergeschoß, vor allem, wenn man sich in Kinderbegleitung befindet. Aus erzgebirgischem Lindenholz schön geschnitzte Figuren skizzieren Szenen aus Luthers Leben: das Brauen von Dünnbier zum Beispiel (Katharinas Domäne, durch die sie das Budget der Familie aufbesserte) oder die große Tischrunde im Haus des „Doktors“ – neben den eigenen sechs Kindern lebten zeit?weise die seiner verstorbenen Schwester bei ihm sowie Studenten, junge Mädchen, Witwen… Nicht nur das Lutherhaus und die weltberühmte Tür der Schloßkirche ziehen die Besucher nach Wittenberg. Sehenswert sind auch die Cranachhöfe sowie das Haus Philipp Melanchthons. Der bedeutende Humanist (1497–1560) lehrte hier an der Universität. Sein Haus in der Collegienstraße 60 ist heute eines der schönsten erhalten gebliebenen Bürgerhäuser Wittenbergs. Zu besichtigen sind sein Studier- und das Sterbezimmer sowie ein im damaligen Stil gepflegter Nutzgarten mit jahrhundertealten Bäumen. Keineswegs versäumen sollte man den Besuch der Cranachhöfe, die vor rund zehn Jahren in letzter Minute vor dem Verfall gerettet wurden. Am Markt 4 befindet sich ein repräsentatives, 1530 bis 1540 erbautes Markthaus, in dem die Cranach-Stiftung Wechselausstellungen und Informationen zum Leben und Wirken Cranachs in Wittenberg anbietet. Die ausgedehnte Hofanlage in der Schloßstraße 1 war seit 1513 im Besitz Lucas Cranachs d. Ä., der hier seine Werkstatt als kursächsischer Hofmaler sowie die Apotheke und einen Süßweinausschank betrieb. Heute finden wir hier eine historische Druckerwerkstatt und eine Werkstatt für historische Musikinstrumente.

Dr. Marlene P. Hiller

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