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Auf der Suche nach dem wahren Benedikt

Benediktinische Reformen im Mittelalter

Auf der Suche nach dem wahren Benedikt
Die Geschichte des Mönchtums ist eine Geschichte immer neuer Reformen. Das bezieht sich nicht allein auf die Gründung neuer Ordensgemeinschaften. Auch innerhalb des benediktinischen Mönchtums war man über den rechten Weg in der Nachfolge des Ordensvaters nicht immer einig.

Mystisch erhabene Klosterkirchen, der feierliche Gesang psalmodierender Mönche, stille, der Welt entrückte Kreuzgänge, prächtig illuminierte Handschriften: Die Bilder, die der Gedanke an die Lebenswelt mittelalterlicher Klöster bis heute hervorruft, knüpfen sich fast automatisch an das benediktinische Mönchtum, das uns in unserer Vorstellung als festgefügtes, einheitliches Phänomen entgegentritt. In der Tat: Nachdem die BenediktRegel durch Kaiser Ludwig den Frommen und seinen Vertrauten Benedikt von Aniane 816/17 als allein gültige Mönchsregel in allen Klöstern des Frankenreichs eingeführt worden war, folgte alles Leben hinter Klostermauern bis ins frühe 13. Jahrhundert den Vorschriften der „Regula Benedicti“. Doch die Wege, auf denen man dem überragenden Mönchsvater Benedikt und zugleich Christus nachzufolgen trachtete, waren mannigfaltig. Die Geschichte des benediktinischen Mönchtums im Mittelalter ist denn auch eine Geschichte der Suche nach dem wahren Weg zum Seelenheil. In Reaktion auf die Anforderungen ihrer Zeit hinterfragten Mönche und Nonnen stets aufs Neue Ideal und Wirklichkeit ihres Lebensmodells und bemühten sich, durch Rückbesinnung auf ihre Wurzeln Fehler auszumerzen und zu besseren Dienern Christi zu werden. Das benediktinische Mönchtum brachte so eine Vielzahl von Zweigen, sogenannte Observanzen hervor, die sich zwar alle auf Benedikt beriefen, in ihrer Lebensweise und Spiritualität aber bewusst voneinander abwichen und nicht selten auch in starker Konkurrenz zueinander standen.

Eine der bekanntesten und wirkmächtigsten Reformbewegungen des Mittelalters ging vom burgundischen Kloster Cluny aus. Es wurde im Jahr 911 von Herzog Wilhelm III. von Aquitanien gegründet und direkt dem Schutz des Papstes unterstellt. Nicht nur der Klostergründer selbst verzichtete auf alle traditionellen Rechte eines Eigenkirchenherrn, indem er den Mönchen unter anderem das Recht der freien Abtwahl zugestand. Das Kloster wurde auch der Kontrollgewalt des Diözesanbischofs entzogen.

Das Rechtsmodell Clunys war ganz und gar ungewöhnlich und wandte sich dezidiert gegen das etablierte Eigenkirchenwesen, das den weltlichen und geistlichen Klosterherren umfangreiche Rechte an ihren Abteien zubilligte. Unter seinem zweiten Abt Odo (927–942) erwarb Cluny das Recht, nicht nur eigene Tochterklöster zu gründen, sondern auch andere Klöster zu reformieren und in seinen eigenen Verband einzugliedern. Bald schon war Odo nicht nur Abt der Mutterabtei Cluny, sondern auch zahlreicher ihr untergeordneter Tochterklöster (Priorate).

Zum wachsenden Reformnetz zählten auch Konvente mit einem eigenen Abt, der dem Großabt von Cluny ein Treuegelöbnis ablegte. Zur Zeit seiner größten Ausdehnung am Ende des 11. Jahrhunderts zählten allein im heutigen Frankreich über 1200 Klöster mit über 20000 Mönchen zum cluniazensischen Klosterverband. Allein im Mutterkloster lebten etwa 400 Vollmönche, dazu kamen Laienbrüder und Bedienstete. Nach ihrer zweiten baulichen Erweiterung um 1100 erhob sich dort die größte Kirche des Abendlands. Cluny war ein Imperium.

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Das verwirklichte Modell einer von allen laikalen Einflüssen befreiten Kirche zog die Menschen in Scharen an und veranlasste weltliche wie geistliche Große zu zahlreichen Schenkungen und Seelheilstiftungen. Mehr als anderswo legte man in Cluny Wert auf eine reiche, feierliche Liturgie. Im absoluten Rückzug aus der Welt und in strenger Befolgung der Benedikt-Regel suchten die Mönche die Hinwendung zu Gott durch das Gebet. Über 200 Psalmen beteten die Brüder täglich, dazu kamen Messfeiern und Gebete für das Seelenheil unzähliger frommer Stifter und Gönner der Abtei. Die Handarbeit hingegen erledigten Laienbrüder (Konversen). Während Kritiker bald bemängelten, Cluny sei nichts anderes als eine „Gebetsfabrik“, in der die Toten über die Lebenden herrschen würden, waren viele Menschen von dem frommen Ort, an dem das Gebet niemals verstummte, zutiefst beeindruckt. In einer Zeit, in der das Ende der Welt eine ständige Bedrohung schien, gaben die Mönche von Cluny Orientierung und Sicherheit…

Dr. Sabine Buttinger

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Hy|per|fein|struk|tur  〈f. 20; Kernphys.〉 zusätzliche Aufspaltung der Spektrallinien aufgrund der Wechselwirkung der Elektronen mit dem Kern des Atoms

Mi|ne|ral  〈n. 11; Pl. a.: –li|en〉 1 anorganischer Bestandteil der Erdrinde (auch der Meteoriten u. a. Himmelskörper), Element od. chemische Verbindung, häufig als Rohstoff wirtschaftlich genutzt 2 = Mineralsalz ( … mehr

♦ Ma|gne|to|che|mie  〈[–çe–] f.; –; unz.〉 Teilgebiet der anorganischen Chemie, das das Verhalten der Stoffe im inhomogenen Magnetfeld untersucht

♦ Die Buchstabenfolge ma|gn… kann in Fremdwörtern auch mag|n… getrennt werden.
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