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Bewusst und gewollt rauh

Hindenburgs Kindheit und militärische Sozialisation

Bewusst und gewollt rauh
„Soldat zu werden war für mich kein Entschluß, es war eine Selbstverständlichkeit“, schrieb Paul von Hindenburg in seiner Autobiographie. Tatsächlich durchlief der spätere Reichspräsident die üblichen Stationen der militärischen Karriere eines preußischen Landjunkers. Nichts wies darauf hin, dass er einmal eine bedeutende Position in der Armee oder im Staat besetzen würde.

Es gibt kein Schulbuch, kein Buch über das Kaiserreich, in dem nicht die erhalten gebliebene Friedrichsruher Fassung von Anton von Werners berühmtem Reichsgründungsgemälde abgebildet ist: in der Mitte des Spiegelsaals von Versailles, bewusst vom Maler hervorgehoben, Otto von Bismarck, der „Reichsgründer“, umgeben von Helmuth von Moltke, dem militärischen Architekten der „Reichsgründungskriege“ von 1864, 1866 und 1870/71, und dem preußischen Kriegsminister Albrecht von Roon, der in harten Auseinandersetzungen mit dem preußischen Landtag die Reorganisation der Armee durchgesetzt hatte, sowie – alle überragend – der preußische König Wilhelm I., den Großherzog Friedrich I. von Baden unter dem Jubel der umstehenden Offiziere zum Kaiser proklamiert.

Was keiner wusste, als Wilhelm I. dieses Bild malen ließ, um es Bismarck 1885 zu dessen 70. Geburtstag zu schenken, war, dass unter den anwesenden Offizieren der königlichen Garderegimenter ein Mann war, der später, in Krieg und Frieden, die Geschicke des Reichs lenken sollte: Paul von Beneckendorff und von Hindenburg, Leutnant im 3. Garderegiment zu Fuß. Wie Wilhelm I. sollte auch Hindenburg erst im hohen Alter zu historischer Bedeutung gelangen. Nach einer zwar erfolgreichen, gleichwohl aber unspektakulären militärischen Laufbahn wurde er mit über 60 Jahren erst zum „Retter Ostpreußens“, dann zum allseits bewunderten Chef der – fast – allmächtigen 3. Obersten Heeresleitung, um schließlich, nach erneutem Rückzug ins Private infolge der militärischen Niederlage 1918, als gewählter Reichspräsident 1925 nochmals zum Hoffnungsträger vieler Deutscher zu werden.

Paul Ludwig Hans Anton von Hindenburg, am 2. Oktober 1847 als Sohn des Leutnants und Regimentsadjutanten Robert von Beneckendorff und von Hindenburg und dessen Ehefrau Louise in Posen geboren, war ein typischer Repräsentant eines altpreußischen Adelsgeschlechts. Wie die Vorfahren vieler Adelsfamilien waren auch die der Beneckendorffs und der Hindenburgs erst im Mittelalter im Rahmen der Ostkolonisa-tion in die späteren preußischen Stammlande eingewandert. Von der Altmark zogen die Beneckendorffs weiter in die (heute polnische) Neumark, wo sie als Gutsbesitzer lebten, aber auch als Soldaten ihren jeweiligen Kurfürsten und Königen dienten und – wenn es denn sein musste – auch für diese starben. Die Hindenburgs stammten aus dem Harz und hatten sich, wie die Beneckendorffs, über Stationen in der Altmark schließlich ebenfalls im Osten Preußens angesiedelt. Ihnen gehörte das Gut Neudeck in Westpreußen, auf dem Hindenburg Teile seiner Kindheit, schließlich aber auch seinen Lebensabend verbrachte. Voraussetzung dafür war ein glückliches Erbe: 1772 hatte der kinderlose Oberst Otto Friedrich von Hindenburg dem Enkel seiner Schwester, Wilhelm Christoph von Beneckendorff, Neudeck und ein weiteres Gut unter der Bedingung vermacht, Namen und Wappen des aussterbenden Geschlechts miteinander zu vereinigen. Seit 1789 führten die Beneckendorffs daher den Namen „Hindenburg“.

Entgegen manchen klischeehaften Vorstellungen war das Leben vieler Landjunker eher hart; große Reichtümer waren selten. Zwar gab es prunkvolle Schlösser wie das der benachbarten Grafen Finkenstein, in denen große Feste gefeiert wurden, doch viele Gutshäuser waren – wie das Familienstammgut Neudeck – eher bescheiden. Um das Gut lebensfähig zu halten, konnte nur einer der Söhne dieses erben; die Übrigen, soweit sie das entsprechende Alter überhaupt erreichten, sollten alten Traditionen folgend auf den Dienst in der Armee oder in der Verwaltung vorbereitet werden…

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Prof. Dr. Michael Epkenhans

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