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Das Jenseits als schöpferische Quelle

Architektur und Kunst der Etrusker

Das Jenseits als schöpferische Quelle
Bankettszenen, Wettkämpfe und Gauklerspiele schmücken das Totenreich der Etrusker und spiegeln so die Lebensfreude dieses Volkes im Diesseits. Mit zunehmendem Einfluß der griechischen Kunst rückte der Verstorbene dann jedoch in den Mittelpunkt einer ernsten und traurigen Darstellung.

Bereits in der Renaissance hatten Sammler und Forscher ein großes Interesse an den Etruskern. Vor allem die Nekropolen (Totenstädte) lösten eine bis heute anhaltende Faszination aus: zum einen wegen der architektonischen Gestaltung der monumentalen Tumuli (Grabhügel, siehe Abbildung Seite 31), in welche Grabkammern eingearbeitet sind, zum anderen wegen der Grabkammern selbst. Bemalt mit friesartig oder heraldisch angeordneten Tieren, bunten und farbenfrohen Bankettdarstellungen, Tanz- und Spiel- oder Jagd- und Fischszenen, sind sie heute noch in schillernder Farbenpracht in Tarquinia zu bewundern. Vor allem die außerordentliche Fülle an bemerkenswerten Exponaten zeichnet die Etrusker unter den italischen Völkern aus: Qualitätvoll gearbeiteter Schmuck aus Gold, hochwertige Keramikprodukte, Arbeiten aus Elfenbein oder Bronze, Statuen – all dies wurde in den Nekropolen und Grabkammern gefunden.

Für diese hohe Fertigkeit in Architektur und Kunst waren verschiedene Aspekte von Bedeutung. Die Lage am Tyrrhenischen Meer und die reichen Metallvorkommen führten zu frühen Handelsbeziehungen mit Phönikern und Griechen. Bereits im ausgehenden 8. Jahrhundert v. Chr. pflegten die Etrusker engen Kontakt mit den griechischen Kolonien Süditaliens. So ist es denn auch nicht verwunderlich, daß ihr Kunstschaffen vor allem von Griechen und Phönikern beeinflußt war. Die Kunstentwicklung verlief teilweise sogar parallel zur griechischen. Erst im ausgehenden 2. Jahrhundert ist die etruskische Kunst allmählich in der römischen aufgegangen.

Für die Anlage und Entwicklung der Städte, Häuser und Nekropolen spielen geologische Bedingungen eine Rolle. Im vulkanischen Südetrurien errichtete man die Städte auf von Schluchten und Flüssen umgebenen Hochplateaus, die von canyonartigen Schluchten umgeben waren und damit einen natürlichen Schutz boten. Diese Städte waren allerdings keine Neugründungen. Wie archäologische Ausgrabungen zeigen, reicht die Besiedlung zumeist bis in die Bronzezeit (2. Jahrtausend v. Chr.) zurück. In der Villanova-Zeit (9./8. Jahrhundert) waren die Plateaus lokker und relativ strukturlos besiedelt. Die längsoval in den (Fels-)Boden eingearbeiteten Häuser sind etwa zehn Meter lang. Im Inneren wurden Holzpfosten nachgewiesen, die wohl für die Wände und als Dachstützen Verwendung fanden. Da diese Häuser aus vergänglichem Material wie Holz, Lehm und Stroh errichtet wurden, ist eine Rekonstruktion nur durch den archäologischen Befund schwer möglich. Allerdings geben uns die damaligen Bestattungssitten Auskunft, denn die Asche der Verstorbenen wurde in Urnen beigesetzt, welche die Wohnstatt nachahmten: eine längsovale Hütte mit Walmdach, deren Eingang an der Schmalseite liegt.

Im 7./6. Jahrhundert änderte sich die Anlage der Siedlungen. Die Häuser wurden aus Tuffstein und mit rechteckigem Grundriß errichtet. Die bisher bekannten Gebäude sind nur in ihren Fundamenten erhalten, für den Aufbau und das Dach müssen wiederum die Gräber der Zeit zu Hilfe genommen werden. Anlagen Süd-etruriens lassen den Schluß zu, daß die Häuser mit einem Dachstuhl aus Holzbalken versehen und mit Ziegeln gedeckt waren, die Wände bestanden vermutlich aus Holz und /oder Lehm.

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Im Verlauf des 6. Jahrhunderts entwickelte sich ein neuer Haustyp: das Breithaus mit Eingang an der Längsseite. Es stellt den Übergang zu einem Hofhaus mit zentralem Platz und symmetrischer Raumanordnung dar – den wesentlichen Elementen des späteren Atriumhauses, des klassischen römischen Wohnhauses. Das Hofhaus ist vor allem aus der um 500 gegründeten nordetruskischen Koloniestadt Marzabotto bekannt. Die Häuser standen nicht mehr frei, sondern waren in ein rechtwinkliges Straßennetz eingebunden. Dies entspricht ganz den späteren römischen Stadtanlagen mit orthogonalem Straßensystem (cardo und decumanus) und der Einteilung der Häuser in insulae (Häuserblöcke).

Neben den Wohnhäusern findet sich in Etrurien ein weiterer Haustypus, der als Palast oder regia (königlicher Amtssitz) bezeichnet wird. Diese Gebäude waren quadratisch angelegt oder bestanden aus ein- bzw. zweiflügligen Bauten. Der Kernbau war dreizellig (ein Raum wird von zwei weiteren flankiert). Er öffnete sich zu einem Hof hin, der mit einer Säulenstellung umgeben war. Die Dachverkleidung bestand aus reichem, figürlich verziertem Terrakottaschmuck. Die regiae hatten sowohl öffentliche als auch sakrale Bedeutung: Nach literarischen Quellen fungierte das Gebäude in Rom als Amtssitz des Königs, es fanden darin aber auch Kulthandlungen statt.

Dreizellig war auch die Hauptform des etruskischen Tempels, dessen Bauform dem griechischen Tempel verwandt ist, im einzelnen jedoch eigene Wege geht. Er stand auf einem hohen Podium, eine zentrale Zugangstreppe führte zur zwei- bzw. dreifachen Säulenvorhalle der Frontseite, welche die Hälfte der Tempellänge einnahm. Dahinter befanden sich die dreizellig angeordneten Räume: der Kultraum (cella) für die Kultstatue, daneben zwei schmalere Räume, deren Funktion nicht eindeutig geklärt ist. Man nimmt an, daß hier Kultgerät oder der Tempelschatz aufbewahrt wurde. Das aus Holz bestehende Gebälk wurde zum Schutz mit aufgenagelten, reichverzierten Tonplatten verkleidet…

Martin Köder

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