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Das Würfelbrett nicht kalt werden lassen

Spiele bei Griechen und Römern

Das Würfelbrett nicht kalt werden lassen
Die Griechen und mehr noch die Römer waren leidenschaft‧liche Spieler. Besonderer Popularität erfreuten sich Würfel- und Brettspiele. Ihrer Faszination konnten sich weder einfache Soldaten noch Kaiser entziehen.

Der Wachdienst, den römische Soldaten am Limes zu versehen hatten, gehörte nicht zu den aufregendsten Tätigkeiten in ihrer militärischen Laufbahn. Im Gegenteil: Der Dienst an der vorgeschobenen Grenze zwischen Rhein und Donau war meistens eine langweilige Angelegenheit. Viele Tage und Nächte verbrachten sie in kleinen Gruppen in einem der zahlreichen Wachttürme mit dem Auftrag, bei etwaigen Übergriffen der Germanen Alarm zu schlagen. Doch in den Glanzzeiten des Imperium Romanum kam dies nur äußerst selten vor. Also galt es, sich die Zeit zu vertreiben, und so gehörte zur Standardausrüstung der römischen Grenzsoldaten ein Set mit Würfeln oder anderen Spielsteinen. Auf diese Weise brachten die Soldaten ein wenig Abwechslung in das triste und öde Dasein an der germanischen Grenze. Dass es sich dabei um ein reales Szenario handelt, beweisen archäologische Funde. Immer wieder sind bei Ausgrabungen Gegenstände zum Vorschein gekommen, die von der Spielfreudigkeit der römischen Soldaten Zeugnis ablegen.

Mit ihrem Faible fürs Spielen befanden sich die Limes-Soldaten in bester antiker Gesellschaft. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass es bei Griechen und Römern eine regelrechte Spielkultur gegeben hat. Anders als bei den Soldaten in den Wäldern Germaniens stand dahinter im Allge‧meinen nicht der Wunsch, der Langeweile entgegenzuwirken. Vielmehr wurde das aktive, gemeinschaftlich ausgeübte Spiel zu einem Wert an sich, zu einem festen Bestandteil des alltäglichen Lebens. Die Leidenschaft für Spiele ging quer durch alle Altersstufen und alle gesellschaftlichen Schichten – mit dem einzigen Unterschied, dass die Reichen und Vornehmen sich ein gepflegteres Ambiente, etwa im Rahmen von Symposien (Gastmählern), leisten konnten, während die Normalbevölkerung zu Hause, auf der Straße oder in Wirtshäusern spielte.

Wer als Grieche ein schlechtes Gewissen hatte, weil er sich gern dem Würfeln oder einem anderen Glücks- und Gesellschaftsspiel hingab, konnte sich seit der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Chr. auf die Autorität des Aristoteles berufen. Der große Philosoph und Gelehrte erteilte allen Spielern einen Freibrief, indem er betonte, dass das Spielen eine gute Erholung von der Arbeit sei. Andere antike Meinungsführer wie Cicero hoben den entspannenden und ablenkenden Charakter des Spielens hervor und beruhigten damit die Gemüter derjenigen, die sich dem Vorwurf der Sitten- und Disziplinlosigkeit ausgesetzt sahen.

Wenn etwas „schon bei Homer“ steht, kann man getrost davon ausgehen, dass es sich um eines der ältesten Phänomene der griechischen Kulturgeschichte handelt. Die Erwartung, bereits in den homerischen Epen Referenzen auf die antike Spielleidenschaft zu entdecken, wird nicht enttäuscht: In der „Ilias“ ist von einem tödlichen Streit beim „Spiel mit den Knöcheln“ die Rede, in der „Odyssee“ sind die um Penelope werbenden Freier im Haus des Odysseus meist mit Spielen beschäftigt.

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Eine klassische Stelle in der griechischen Literatur, welche die Bedeutung des Spielens unterstreicht, findet sich bei dem im 5. Jahrhundert v. Chr. schreibenden Historiker Herodot. An einer Stelle seines Werks liefert er eine gleichermaßen originelle wie merkwürdige Information über die angebliche Erfindung von später allgemein beliebten Spielen bei den Lydern in Kleinasien. Einmal, so berichtet der gewöhnlich gut informierte Historiker, herrschte bei den Lydern eine Hungersnot. Bei dem Versuch, dieses Problem in den Griff zu bekommen, verfielen sie auf eine außergewöhnliche Idee. „Damals“, sagt Herodot, „wurden das Würfel-, das Knöchel-, das Ballspiel und alle anderen Arten von Spielen erfunden, mit Ausnahme des Brettspiels, dessen Erfindung die Lyder nicht für sich in Anspruch nehmen.“ Den Zusammenhang zwischen der Hungersnot und den Spielen zeigt Herodot gleich im Anschluss auf: „Durch diese Kurzweil vertrieben sie den Hunger, indem sie einen ganzen Tag hindurch spielten, um keine Esslust aufkommen zu lassen. Am nächsten Tag aßen sie wieder und spielten nicht. So lebten sie 18 Jahre lang.“ Dann war es mit dem Wechselspiel vorbei. Laut Herodot verließ eine per Los bestimmte Gruppe die Heimat und siedelte sich in der heutigen Toskana an…

Literatur: Karl-Wilhelm Weeber, Baden, spielen, lachen. Wie die Römer ihre Freizeit verbrachten. Darmstadt 2007.

Prof. Dr. Holger Sonnabend

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