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Dem Glauben nach bin ich Christ, dem Volke nach Armenier

Das Kloster Noravankh und die Fürsten Orbelian

Dem Glauben nach bin ich Christ, dem Volke nach Armenier
Im Schutz der hohen Berge, die das Land umgeben, konnte sich im Süden Armeniens während des Mittelalters eine eigenständige reiche Kultur erhalten. Zu den größten Sehenswürdigkeiten gehört das Kloster Noravankh, das zugleich Zeugnis vom politischen Geschick der Fürstenfamilie Orbelian ablegt. Armenien ist das Ziel einer DAMALS-Leserreise im September 2011.

Die Landschaft im Süden Armeniens ist zerklüftet; zwischen den oft in Schnee getauchten Berggipfeln verlaufen entlang klaren Bächen Straßen, die zum Teil schon seit Jahrtausenden als Hauptverkehrswege vom Nordkaukasus in Richtung Iran gedient haben. Die scheinbar unbewohnte Bergregion Südarmeniens, die die beiden Provinzen Vajots‘ Dzor und Sjunikh umfasst, birgt jedoch in ihren tiefen Schluchten, auf uneinsehbaren Hochebenen und in verwinkelten Höhlensystemen unzählige Zeugnisse einer großen Vergangenheit.

Folgt man nun einer dieser sich durch eine enge Schlucht schlängelnden Straßen, wird der durch die bizarre Landschaft erstaunte Blick beinahe erst am Ende des Weges auf eine in friedlicher Einsamkeit thronende Gruppe von Kirchen gelenkt: Das Kloster Noravankh ist das geistliche und weltliche Zentrum des südarmenischen Hochmittelalters. In erhabener Ruhe, majestätisch beinahe in der Schönheit seiner wie mit Bleistift gezeichneten, fein geschnitzten Reliefs ist Noravankh Sinnbild mittelalterlicher Weltsicht und Gottesnähe, ein einzigartiges Zeugnis der Macht einer Fürstenfamilie, die diese südliche Region Armeniens fast drei Jahrhunderte lang beherrscht hat: die Orbelian.

Zu der Zeit, als die Aufmerksamkeit des mittelalterlichen Europa auf die Kreuzzüge und sagenumwobene Reichtümer im Fernen Osten gerichtet war, gelangte im Schutz der zerklüfteten Berge Südarmeniens die armenische Kultur und Kunst unter dieser armenisch-georgischen Adelsfamilie zu ungeahnter Größe. Keines der im Bergland verborgenen Klöster und keine der Kirchen, keine von meisterlicher Hand bearbeiteten Steinblöcke oder kunstvoll verzierten Handschriften, die nicht ihren Namen tragen; kein mittelalterlicher Geschichtsschreiber der Region, der nicht über die Ruhmestaten der Fürsten, nicht über ihre freundschaftlichen Beziehungen zu den mongolischen Khanen berichtet hätte.

Armenien und der Kaukasus wurden im 11. Jahrhundert von Turkvölkern aus Zentralasien überrannt. Besonders der Einfall der Seldschuken riss tiefe Wunden in die armenische Kultur; eine regelrechte Migrationswelle wurde dadurch ausgelöst. Ein Teil der armenischen Fürsten floh damals in den Südosten der heutigen Türkei; um 1080 wurde hier das armenische Königreich in Kilikien gegründet, das sich 300 Jahre lang als unabhängiger Staat behaupten konnte. Andere wichen vor den Seldschuken nach Norden, nach Georgien aus. Der christliche Nachbar Armeniens wurde während der Regierungszeit König Davids IV. (1089 –1125) ein beliebter Zufluchtsort für armenische Adlige. Im Gegenzug für die freund‧liche Aufnahme unterstützten die wehrkräftigen armenischen Truppen die Georgier bei ihren Zügen gegen die seldschukischen Eindringlinge.

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Der aus einer Seitenlinie der armenischen Königsdynastie der Bagratuni stammende georgische König David bevorzugte die Angehörigen des armenischen Adels für die wichtigsten militärischen Posten und die Verwaltung der zurückgewonnenen Gebiete. Noch intensiver um den armenischen Adel bemühte sich die georgische Königin Tamar (1184–1213), die Enkelin Davids. Sie beauftragte zwei armenischstämmige Generäle, Ivane und Zakare Zakarian mit dem Kampf gegen die Seldschuken und stärkte die Allianz mit armenischen Fürsten durch geschickte Heiratspolitik. Dem Brüderpaar gelang es nach kurzer Zeit, die zentralen Gebiete Armeniens, vom Norden bis an die heutige iranisch-armenische Grenze, einschließlich der Regionen Vajots‘ Dzor, Sjunikh und sogar Karabach zurückzugewinnen. Auf der Suche nach geeigneten Verwaltern für die wiedergewonnenen Provinzen entsann sich Zakare der Orbelian, die sich 1130 bei einem Adelsaufstand gegen den georgischen König Demetre als loyal erwiesen hatten. 1211 wurde Liparit Orbelian offiziell als Verwalter von Vajots‘ Dzor eingesetzt.

Liparit folgte zunächst sein ältester Sohn Elikum, doch nachdem dieser während eines Feldzugs erkrankte und plötzlich verstarb, gelangte sein Bruder Smbat an die Macht. Smbat Orbelian wurde zu einer der schillerndsten Figuren der armenischen Geschichte. Sein Neffe, der spätere Metropolit von Sjunikh, Erzbischof Stepannos, beschrieb ihn in seiner „Geschichte des Hauses von Sjunikh“ als einen ruhmreichen, unvergleichlich klugen, mit vielen Talenten ausgestatteten und höchst beredten Mann. Tatsächlich sprach Smbat fünf Sprachen: Armenisch, Georgisch, Uighurisch, Farsi und Mongolisch. Smbat fügte seinem Reich weitere Dörfer hinzu und erweiterte das in Familienbesitz befindliche Kloster Noravankh um eine Vorhalle vor der Täuferkirche. Diese Kirche hatte sein Vater Liparit zwischen 1216 und 1227 erbauen lassen.

Unterlagen zur DAMALS-Leserreise nach Armenien vom 4. bis zum 16. September 2011 können Sie anfordern bei:

carsten.felker@konradin.de

Univ.Doz. Dr. Dr. Jasmine Dum-Tragut

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